Alle guten Dinge sind 3!

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Tan-Tan – Agadir – quer durch Anti-Atlas – Iriqui-N.P. – Zagora – Ouarzazate – Zagora
Wir hatten bei der Ksar Tafnidilt (Tan-Tan) ein „Déjà-Vu“; erneut starker Wind aus östlicher Richtung und nicht gerade die besten Wetteraussichten. Weiter nordöstlich, d.h. in Richtung Agadir sollte das Wetter als auch die Temperaturen einiges angenehmer sein und unsere Lebensmittelreserven als auch der Getränkevorräte waren zwischenzeitlich aufgebraucht. Noch weiter nördlich, d.h. über Agadir hinaus wurden fast winterliche Verhältnisse vorausgesagt.

Erneut stellten wir den Kompass in Richtung Agadir und folgten den Ratschlägen vom Betreiber der Ksar Tafnidilt. Doch bereits bei der Zufahrt zum Oued Aoreora, der tief in der hochgelegenen Küstenfläche in einem Zick-Zack dem Meer entgegen fliesst, sank unser Jeep im feinen Treibsand ein. Wenn wir jetzt schon scheiterten, wie wird es wohl weiter unten am 0ued sein? Chantal’s Meinung war klar, dass wir jetzt umkehren sollten, während ich (Tom) immer noch in der Hoffnung war, dass es doch noch gehen könnte. Schlussendlich drehten wir um und wühlten uns mit aller Kunst des Sandfahrens wieder hoch auf die Fläche (…u.a. alle Luft aus den Reifen lassen!)

Später durchquerten wir den Oued Aoreora, wo kein Sand unser vorwärts kommen behinderte, doch der Wind stellte uns im Taleinschnitt vor ein anderes Problem, da er von allen Seiten durch diesem blies. So kraxelten wir erneut auf die nächste Fläche und richteten uns in einer topfebenen Fläche neben einem Brunnen für die kommende Nacht ein. Da blies der Wind mindestens nur aus einer Richtung.

Um nicht die gleiche Strecke noch einmal zu befahren, entschlossen wir uns, bis nach Sidi Ifni von der Küste weg ins Hinterland zu fahren. In Sidi Ifni wollten wir uns diesmal in der Nähe des Zentrums auf einem Campingplatz niederlassen, so dass der Fussweg ins Stadtzentrum etwas näher wäre. Doch diese Plätze waren alle sehr gut belegt und die Wohnmobile standen in Reih und Glied und es ähnelte mehr einer Parkfläche als einem Camp. Nein, so eng wollten wir definitiv nicht stehen. Zusätzlich wünschte ich mir (Tom) noch einen gewissen Platz für Wartungsarbeiten am Auto, da die rückliegenden Wüstenkilometer erneut an unserem fahrbaren Untersatz gewisse Spuren hinterliessen. Im Nachbardorf fanden wir den Wunschplatz und bessere räumliche Möglichkeit für unser Vorhaben.

Erneut verliessen wir den Küstenstreifen und durchstreiften das Hinterland in Richtung Tiznit. Selbstverständlich durfte dort eine kleine Stadtbesichtigung nicht fehlen, da dieser Ort in der marokkanischen Geschichte doch eine gewisse Rolle einnahm. Nach der städtischen Hektik steuerten wir erneut den Atlantik an, wo wir unser Lager direkt oberhalb dem Meer einrichteten. Diesmal hatte das Militär keinen Einwand auf unsere Anwesenheit und als sie unsere Pässe abfotografiert hatten, wünschten sie uns eine erholsame Nacht mit Meeresrauschen.

Die Besorgungen in Agadir waren relativ schnell erledigt und schon planten wir an unserer Weiterreise. Da im nördlichen Marokko immer noch winterliche Verhältnisse angekündigt waren, planten wir einen dritten Abstecher in die Wüste. Das Erg Chegaga und der Iriqui-Nationalpark aber auch Zagora standen weit oben auf der Wunschliste. Die Route in östlicher Richtung war bald auf unserem Tablet einprogrammiert und in Foum Zguid würden wir definitiv entscheiden, ob es in Richtung Wüste oder weiter durch die Berge nach Zagora gehen soll. Diesmal versuchten wir wirklich von West nach Osten auf einer Linie zu fahren und waren gespannt, welche Überraschungen diese Route uns bescheren wird.

Zwar war die Routenwahl nicht immer einfach, da die Flusstäler nicht gerade in unserer Wunschrichtung lagen und gewisse Bergübergänge eher für Esel als Autos geeignet waren. Trotzdem; wir kamen an manche Orte, wo vermutlich nicht allzu oft Touristen auftauchten. Immer öfters konnten wir blühende Mandelbäume entdecken, in den Talböden leuchteten die Felder in einem saftigen Grün; herrliche Farbtupfer in dieser grau-braunen Landschaft.

Irgendeinmal erreichten wir einen Übergang, wo es nach etlichen Kilometer durch ein Flussbett und dem eigentlichen Aufstieg fast kein Zurück mehr gab. Unser Jeep passte irgendwie noch überall durch und bei den Auswaschungen konnten wir oft in den Talgrund blicken, der tief unter uns lag. Auf der anderen Seite ging es beinahe so herunter, wie wir hochgefahren waren. Beim ersten Dorf war die Durchfahrt ebenfalls sehr eng und ein grösseres Fahrzeug hätte definitiv die Rückreise antreten müssen. Wir waren beide heilfroh, dass diese Gebirgspassage ohne Zwischenfälle ablief und unser Jeep seine Arbeit mit Bravour erledigte.

In Foum Zguid war der Entscheid bald gefallen: Chantal wollte unter keinen Umständen eine ähnliche Gebirgsüberquerung wie die bereits gefahrene und so blieb nur die Wüste als Alternative offen. Nach den schwierigen Bergstrecken würde uns der Sand wohl wieder richtig viel Spass machen. Leider wählten wir ab Foum Zguid eine falsche Piste und holperten einen halben Tag über Stock und Stein. Vom weichen Sand war weit und breit nichts zu sehen. Aus lauter Frust steuerten wir schlussendlich querfeldein zu einer uns bekannten Piste und suchten nördlich vom Pass du Cobra den Schlafplatz auf, wo wir schon öfters standen und den funkelnden Sternenhimmel betrachten konnten.

Da wir den Cobra-Pass vom Norden her noch nie befahren haben, passte es wunderbar und auch die südlichen Pisten reizten uns erneut. Die letzten Sandstürme hatte die uns bekannte Piste stark verändert, und erneut musste mit viel Geschick um die neu entstandenen Sanddünen gefahren werden. Der Iriqui-See, der im gleichnamigen Nationalpark liegt, verlor in den letzten Wochen viel seines Wassers und tiefe Furchen im Schlick offenbarten uns, dass schon viele vor uns den direkten Weg durch den See wagen wollten. Wir wählten den weiten Umweg nördlich um den See um später an die Westseite des Erg Chegaga zu gelangen.

Nebst den vielen und grossen Dromedar-Herden waren wir fast alleine in diesem weiten Gebiet unterwegs. Nachts war es erneut absolut still und am Sternenhimmel konnten wir uns kaum satt sehen. Auf unserer Weiterfahrt erkundeten wir südlich des Erg Chegaga noch alte Ksour, die direkt am trockenen Drâa-Fluss liegen, eh wir in Richtung M’Hamid weiter fuhren. Diese Weiterfahrt war auch sehr anstrengend, da viele Stellen mit tiefen pulverartigen Sand durchquert werden musste und unser Auto schlussendlich mit einem braunen Staubkleid überzog.

Kurz vor M’Hamid richteten wir unser nächstes Nachtlager ein und freuten uns für eine weitere erholsame Nacht, fernab von jedem Lärm und Hektik. Doch es kam anders: In M’Hamid fand in dieser Woche eine Rally statt, wo sich die Teilnehmer an unterschiedlichen Prüfungen stellen mussten und so gab es keine ungestörten Nacht. Mit ohrenbetäubenden Lärm heulten die Motoren weit über Mitternacht hinaus durch die weite Wüstenlandschaft und am nächsten Morgen setzte der Motorenlärm noch vor unserem ersten Kaffee wieder ein. Wow, es lebe die Freiheit mit viel Lärm und Krach!

Durch die alten Ksour von M’Hamid umfuhren wir das neue Zentrum südlich und südöstlich und waren glücklich, dass wir wenigstens hier unsere Ruhe haben könnten. Doch weit gefehlt; die Rally hatte auch in diesen verschlafenen Winkeln der Oasen ihre Spur hinterlassen und hinter allmöglichen Ecken standen die bettelnden Hände. Alle hielten uns für Teilnehmer der Rally und streckten ihre Hände entgegen. Wir waren jedenfalls froh, in Zagora auf einen wunderschönen Campingplatz unsere Ruhe gefunden zu haben. Nebst unseren total verstaubten Kleidern musste auch der Luftfilter des Jeeps vom Sand und Staub befreit werden, so dass dieser wieder reine Luft schnuppern kann.

Die erneuten Wetteraussichten machten uns wieder einen Strich durch unsere Vorhaben; ergiebiger Schneefall war für den Hohen Atlas angesagt und hier in Zagora als auch im Drâa-Tal sollte es heftig stürmen. Keine Ahnung, ob wir von hier aus jemals nach Marrakech kommen werden. Ein französischer Camper empfahl uns eine Route abseits der Normrouten, wo man zwingend ein 4×4-Fahrzeug benötigt. Bald war diese Alternative geplant und mit vollem Tank brachen wir erneut auf in die Berge und das neue Abenteuer.

Die Gebirgskette des Jbel Saghro hatte es in sich und ganze drei Tage benötigten wir für die Durchfahrt durch diese wilde Gebirgslandschaft. In diesem Gebirgszug lagern auch bedeutende Nickel-Kobaltvorkommen, die in einfachsten Abbaumethoden gewonnen werden. Ist eine Mine ausgebeutet, zieht man zur nächsten weiter und lässt alles zurück wie es war; stellenweise sieht es wirklich schrecklich aus! Nebst den Minen ist dieses Gebiet auch stark zersiedelt, d.h. überall trifft man auf Menschen, die in diesen Hochebenen ihre Schaf- und Ziegenherden über die kargen Berghänge treiben. Und zu unserem Verdruss; bettelnde Kinder gab es mehr als genug. Um uns zuzuwinken und etwas zu erfragen, liefen sie oft mehrere hundert Meter an den Pistenrand. Leider war ein vernünftiges Gespräch nicht möglich, da wir ihre Sprach nicht sprechen und sie nur „donne moi…“ über ihre Lippen brachten. Schade!

Trotzdem, uns gefiel diese Gebirgswelt mit seinen steilen Felstürmen und Abhängen sehr. Die Piste stellte auch nicht allzu grosse Anforderungen ans Vorwärtskommen und wenn man den Weg nicht verfehlt, bestand auch keine Absturzgefahr. Nach zwei Tagen erreichten wir über den Tizi-N’Tazazert (Pass) N’kob, wo wir unseren Dieseltank auffüllten, bevor es in die nächste Gebirgsdurchquerung ging. Diese zweite Piste war eine Tagestour und eigentlich mit fast jedem Fahrzeug zu meisten. Wir fragten uns, wieso das französische Paar hier mit ihrem Renault umdrehten und dieses Erlebnis ausliessen.

Am späteren Nachmittag erreichten wir das Dades-Tal und folgten diesem zum Mansour-Ed-Dahbi-Stausee, wo wir direkt am See einen wunderbaren Platz fanden. Leider setzte abends ein starker Fallwind aus dem Hohen Atlas ein und uns war klar, dass nördlich des Atlas erneut viel Feuchtigkeit anstand. So war auch am Folgetag der Passübergang nach Marrakech wegen grossem Schneefall gesperrt.

Die Sperrungen werden in der Regel nur bei Schneefall oder schneedeckter Fahrbahn angeordnet und werden meist kurze Zeit später wieder aufgehoben. Doch wir wollten nicht in Ouarzazate ausharren und setzten unsere Fahrt in südlicher Richtung fort. Wieso nicht den vielen Ksour und Kasbahs nach Zagora folgen. Gemäss unserem Reiseführer sollte es ein wunderbarer Streckenabschnitt entlang des Oued-Drâas sein, wo nebst den altertümlichen Gebäuden eine Oase auf die nächste folgt.

Leider waren wir vom Gesehenen leicht enttäuscht. Vielleicht lag es daran, dass wir der neuen Strassenverbindung folgten. Vieles ist am zerfallen; nebst den vielen alten Gebäuden werden auch zunehmend die Gärten und Felder ihrem Schicksal überlassen. An Wasser konnte es zu diesem Zeitpunkt nicht mangeln, da die Septemberregenfälle als auch die Schneeschmelze im Atlas genügend Wasser lieferten.

Südlich von Agdz besuchten wir in Tinsouline in einem Seitental Felsgravuren, die vor rund 4‘000-6‘000 Jahren angefertigt wurden. Zu jener Zeit soll, gemäss einer aktuellen Forschung, die Sahara grün gewesen sein, was die dargestellten Zeichnungen an den Felsklötzen eigentlich so belegen. Der anwesende Sicherheitswachmann versuchte uns die Darstellungen soweit zu erklären, was angesichts der Sprachbarriere etwas misslang.

Bis nach Zagora waren es nur noch wenige Kilometer, wo wir zum 3. Mal beim lachenden Platzwart vorfuhren. Vielleicht schaffen wir es wirklich nicht mehr aus dem südlichen Marokko! 😉

Erklärungen:
Ksar / Ksur: War in ländlichen Gegenden eine Art Fluchtburg für die Bevölkerung und diente zusätzlich noch als Speicherort von Lebensmittel und Saatgut vor verfeindeten Angriffen.
Kasbah / Kasbahs: Festungsähnliche Burg in städtischen Gebieten, wo die Bewohner innerhalb der Mauern lebten.