>Bilder ganz unten!
…gefangen in der Provinz
Rechtzeitig waren wir in der östlichen Provinz von Andalusien eingetroffen, bevor sich die Tore schlossen und die Bewegungsfreiheit zusätzlich einschränkte. Wir hatten bald keine Lust mehr, täglich die neusten Corona-Nachrichten zu lesen; für das Wohl des Menschen werden immer mehr Einschränkungen erlassen. Verrückt!
Die Provinz konnten wir momentan nicht verlassen und irgendwo auf einem Campingplatz rumzusitzen war ebenfalls nicht gerade unsere Sache. In der Provinz selbst waren noch keine zusätzlichen Einschränkungen erlassen worden, und die Menschen durften sich frei bewegen. So studierten wir unsere Karte und fanden bald etwas fürs Herz und Seele: Wunderbare Trails im Hinterland der Provinz Almería, wo wahrscheinlich weder Corona noch Polizei unterwegs sein würde.
Wir folgten der Küste in Richtung Cabo de Gata und waren nicht nur von der wunderbaren und wilden Landschaft überrascht. Halb Mitteleuropa musste wohl auch die gleichen Nachrichten entsprechend interpretiert haben und war fast überall anzutreffen; ob auf der Strasse oder den lauschigen Stellplätzen für die Nacht. Später kraxelten wir die steilen Wege hinauf auf die Sierra de los Filabres und überquerten den Calar Alto mit seinen 2168 Meter über Meer, wo spanische und deutsche Astronomen durch dicke Fernrohre den Sternenhimmel erforschen. Die Wege stellten wieder einmal die Leistungsfähigkeit des Jeeps vor gewisse Herausforderungen und die Nerven von Chantal: Die Wege hatten oft nur eine Breite von zwei Meter und der Abgrund war entsprechend tief. Auch führten verschlossene Wege, die mit dicken Ketten gesperrt waren, immer wieder zu weiten Umwegen und aufwändiger Umplanung der Route. Nicht alle Landbesitzer wollen ein Befahren ihres Grundstücks, oder der Weg wurde vor langer Zeit einmal verschlossen und niemand weiss mehr Bescheid. So knackten wir an einem schönen Nachmittag, mitten in der Wildnis ein Schloss und setzten unsere Fahrt wie zwei kleine Lausebengel fort. Ob es schlussendlich wirklich illegal war oder nicht – wir wissen es nicht – doch die anschliessende Strecke war wunderbar und ein Fahrgenuss.
Wetterbedingt mussten wir unsere weitere Bergtour zurück stellen; dicke Wolken hingen tief und in der Ferne machten wir auf freien Bergflanken die ersten Schneefelder aus. So steuerten wir zurück zum Mittelmeer, wo hoffentlich noch keine Schneeflocken fallen würden. Durch Oliven- und Orangenplantagen suchten wir einen Weg hinunter nach Adra und ans Meer. Schon im Tal nach Adra machten die immer zahlreichen Treibhäusern auf sehr intensiven Gemüseanbau aufmerksam. Zwischen der weiten Fläche von der Bergflanke bis zum Meer fanden wir bald abertausende solcher, mit Plastikfolie bespannten Treibhäusern, wo emsige Arbeiter für uns Nordeuropäer Gemüse und andere gesunde Sachen produzieren. Und zu unserer Überraschung: Überall stand „Bio“ auf den Lagerhäusern, aber nebenan standen Traktoren mit ihren Spritzanhängern und im Markt für Gemüsebauern lagerten andere Stoffe als nur für den Bio-Landbau.
Wir hatten genug von den vielen „verpackten“ Gemüsegärten und steuerten wieder hinauf in die Berge des küstennahen Gebirges. Wir fuhren durch unzählige kleine Dörfer, wo heute vermutlich die Chefs der Gemüsegärten in ihren Villen wohnen und von oben einen Überblick haben, bevor es erneut hinunter nach dem Provinzhauptort Almería ging. Das Zentrum der Provinzhauptstadt war wirklich herausgeputzt und sehr sehenswert. Das Umfeld mit seinen herunter gekommenen Viertel war genau das Gegenteil des Zentrums, bevor wieder die in Plastik gehüllten Gewächshäuser allgegenwärtig waren.
Uns zog es wieder hinaus in die weite Landschaft und dem Cabo de Gata des gleichnamigen Nationalparks. Zwar hingen überall noch die Überreste der zerfetzten Treibhäuser des letzten Wintersturms am Schilf, doch es wurde ruhiger auf der Strasse und wir waren wieder zurück in der wilden Küstenlandschaft. Die Meeresbrandung brachte uns wieder etwas Entdeckerlaune zurück und die Lust auf weitere Abenteuer auf irgendwelchen Backroads.
Die Fotos von Cabo de Gata waren bald im Kasten (…Fotoapparat) und schon standen wir vor einem grossen Fahrverbot; die Strasse der Küste entlang ist den Radfahrern vorbehalten und für uns hiess es ein Aber Mal umdrehen. Chantal bemühte sich um eine baldige Rückkehr an die Küste und so holperten wir schlussendlich durch ein Bachbett dem blauen Meer entgegen.
Im ehemaligen Bergbauort Rodalquilar kam auch in uns Goldgräberstimmung auf und schon fuhren wir über die steilen Werkstrassen hinauf in die Berge, wo bis vor kurzer Zeit ganze Berge für das edle Metall abgetragen wurden. Gold fanden wir zwar keines, dafür einen wunderbaren Übernachtungsort gleich neben einem Stolleneingang.
Hinter der aufgegebenen Mine durchquerten wir eine weite Prärie, wo das ehemalige Franziskaner Kloster „Cortijo del Fraile“ lag und schon mehrere Western gedreht wurden. In uns entbrannte das erhabene Gefühl eines Rittes durch den wilden Westen und mit viel aufgewirbeltem Staub setzten wir unsere Fahrt fort.
Nach diesem kurzen Trip über viele Höhen, den Goldrausch und Rauch aus dem Colt legten wir auf einem ruhigen Campingplatz eine Pause ein; Wäschewaschen war angesagt. Bei so viel Entspanntheit entstanden immer wieder Gespräche mit anderen Campern und wir waren überrascht, dass viele von ihnen hier überwintern wollen und andere bereits eine längere Zeit auf diesem Platz lebten. Auch wir blieben einige Tage und erledigten verschiedene Sachen. Nebst den fast obligaten Bankgeschäften, schlussendlich muss unsere Kreditkarte jederzeit zahlungsfähig sein, geniessten wir die Sonne und das Meer am naheliegenden Strand.
Doch eines Morgens kam der Schock! Chantal meinte nur, dass ich mich hinsetzen soll und las dann eine Mitteilung der regionalen Behörde von Andalusien. Nach den umliegenden Regionen und Provinzen wurde auch hier eine zweiwöchige Quarantäne verhängt, die evtl. auch verlängert werden könnte. Die Massnahme soll ab Mitternacht des gleichen Tages beginnen, und nur noch für wichtige Anliegen oder Arbeit ist ein Herumfahren erlaubt. Touristische Bewegungen waren in dieser Massnahme eingeschlossen und wir zum „Rumhängen“ verurteilt.
Schock! Was sollen wir tun? Aussitzen oder flüchten?