>Bilder ganz unten!
…und viel Regen, Wind und kalten Temperaturen
Unsere erneute Reise nach Schottland haben wir unserem ältesten Sohn zu verdanken, der auf Isle of Skye in freier Natur seine Hochzeit plante. Doch wie sagte einst Goethe: Der Weg ist das Ziel! Wir folgten genau diesem Leitgedanken und erkundeten vorerst die nordöstlichen Grafschaften des englischen Reiches, wo es bereits einiges zu entdecken gab.
Dass das Wetter nicht gerade Ferienstimmung vermittelte, erfuhren wir gleich beim Verlassen der Fähre in Hull (England). Wir schauten sehr skeptisch gegen den Himmel: Dicke Wolken verdeckten sämtliches Sonnenlicht und kurz später klatschten die ersten fetten Regentropfen auf unser Auto. Den Rummel um die ganzen Ferienorte entlang der Nordseeküste liessen wir gleich hinter uns, York war unser erstes Ziel. Dort soll sich eines der besten Eisenbahnmuseen befinden, wo ich (Tom) schon immer gerne hin wollte. Zu meiner (Tom) Enttäuschung war auch in York Ferienstimmung und vor den Toren des Museums befanden sich grössere Warteschlangen und entsprechendes Gedränge. So wurde der Museumsbesuch gleich auf später verschoben.
Inzwischen war es einigermassen trocken und mit viel Geschick lenkte mich Chantal aus dem Yorker Verkehrschaos hinaus auf ruhigere Nebenstrassen durch das von viel Landwirtschaft geprägte Hinterland. Nebst dieser Sonnenperiode war der Regen unser ständiger Begleiter bis zum Hadrian’s Wall, wo einst die Römer ihre Schutzmauer gegen die nördlich davon lebenden Barbaren errichteten. Die Römer hielten es hier mehrere Jahrhunderte aus, während wir nach einer Nacht an der Mauer weiter in Richtung Norden fuhren; den Barbaren entgegen. 😉
Bis zur Grenze zu Schottland und den Grossraum Edinburgh war es nicht mehr weit. Den Stopp auf dem Campingplatz von Edinburgh liessen wir aus, da uns der verlangte Preis für einen einfachen Stellplatz viel zu hoch erschien, was vermutlich andere Gäste gerne bezahlten. Grossveranstaltungen wie z.B. das Tattoo liessen vermutlich die Preise in unerschwingliche Höhen steigen und auch bei einfacheren Unterkünften waren die Preise in astronomischer Höhe, welcher unser Reisebudget komplett gesprengt hätte. 🙁
Dafür bewunderten wir bei Queensferry die Zeitzeugen früherer Ingenieurskunst, wo einst mit viel Aufwand die Meeresbucht (Firth of Forth) zum schottischen Nordteil überspannt wurde. Über die Eisenbahnbrücke donnern noch heute die unzähligen Personenzüge hoch über dem Meer, während die alte Strassenbrücke für den privaten Verkehr gesperrt wurde und wir den Umweg über die neue Autobahnbrücke nehmen mussten. Wir folgten noch kurz der Meeresbucht Firth of Forth und hatten in Kinghorn die Gelegenheit, Delphine zu beobachten, die uns noch lange an der hoch gelegenen Strandpromenade gefesselt hielten; welch schönes Erlebnis.
Zwischenzeitlich hatten wir mit einem Paar von der Panamericana-Reisegruppe ein Treffen an der schottischen Nordwestküste abgemacht, wo wir gemeinsam die Highland-Games besuchen wollten. So hatten wir, nebst der Hochzeitfeier auf Isle of Skye in Lochinver unser zweites Highlight und unserseits war die Vorfreude riesig; Bekannte unterwegs treffen und etwas von der einheimischen Kultur zu erleben ist viel Wert.
Nebst dem weiten Weg hatten wir noch genügend Zeit gewisse Extras einzuplanen. Wieso nicht noch einmal zum Loch Ness? Vielleicht entdecken wir dieses Mal das geheimnisvolle Nessie, das irgendwo in diesem Gewässer leben sollte. Zur näheren Einführung um die Legende von Nessie wollten wir das Museum besuchen, wo allerhand Artefakten und Wissenswertes vermittelt wird, doch diesmal schockte uns nicht das Ungeheuer aus dem Loch Ness, sondern der horrende Eintrittspreis. Irgendwie haben sie den Anstand verloren oder die Touristen werden als bezahlfreudige „Milchkühe“ komplett ausgenutzt!
Statt Nessie gab es bald eine andere schottische Attraktion: Midges! Lateinisch heissen die kaum 2mm grossen Tierchen „Culicoides impunctatus“, übersetzt in Englisch „2mm of pure TERROR“! Abends bei Wind und Regen waren diese Untiere noch in ihren schützenden Verstecken, doch morgens, bei Windstille war es vorbei an der friedlichen und lauschigen Waldecke. Fluchtartig verliessen wir unseren Uebernachtungsplatz und fanden im nächsten Dorf bei der Gemeindehalle einen ruhigeren Ort, wo wir unsere knurrenden Mägen mit dem Frühstück endlich stillen konnten.
Kaum hatten wir unsere Sachen erneut im Auto verstaut, schon fielen die ersten Tropfen vom Himmel. Im schützenden Jeep kraxelten wir wieder hinauf auf die nächste Anhöhe der Highlands und in zwei Tagen erreichten wir über unzählige Nebenstrassen Lochinver am stürmischen Atlantik. Für einen fairen Preis durften wir bei der Gemeindehalle unseren Jeep auf den Parkplatz stellen und waren froh, dass dieser einen gewissen Schutz gegen das stürmische Wetter bot. Bald gesellten sich unsere Freunde dazu und die gemeinsame Zeit verstrich in Windeseile.
Gemeinsam genossen wir die schottischen Highlands-Games auf dem lokalen Sportplatz und, so unsere Vermutung, waren nur sehr wenige auswärtige Besucher anwesend. Hier waren die Einheimischen quasi unter sich und ihnen machte weder der dauernde Wind noch die Regenschauer etwas aus; sie sind hart im nehmen – die Schotten. 🙂
Die Games zeichnen sich aus einer alt her gebrachter Traditionen und modernen Elementen aus. Eindrücklich waren für uns das Werfen mit diversen Gewichten, das Baumstamm tragen und das Hochwerfen eines 25Kg-Gewichtes. Selbstverständlich alles in Schottenröcken und schottischer Musik untermalt. Die Volkstänze wurden kurzerhand in die Turnhalle verlegt, da die Tanzfläche eher einer rutschigen Eisbahn glich und keine Tänzerinnen am Boden erwünscht waren.
Nach den vielen Erlebnissen rund um die Highlands-Games zogen wir erneut getrennte Wege. Entlang der Küste als auch im rückliegenden Küstengebirge steuerten wir die Isle of Skye an, welche wir bei Regen und stürmischen Windböen erreichten. Wir suchten den Übernachtungsort auf, wo wir bereits vor 4 Jahren bei wunderbaren herbstlichen Bedingungen am Strand standen. Diesmal war alles etwas anders, nebst dem Wind und dem Regen mussten wir mit viel Improvisation unser Jeep entsprechend waagrecht für die kommende Nacht hinstellen. Abends waren wir froh um unsere Heizung, die für angenehme Wärme im Inneren unseres Campers sorgte. Dass wir in wenigen Tagen mit der Hochzeitsgesellschaft erneut am selben Ort stehen würden, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt nicht.
Bei Regen trafen wir bei der Unterkunft auf den engeren Kreis der Hochzeitsgruppe und waren gespannt, was in den nächsten Tagen hier draussen bei Regen und Wind auf uns zukommen wird. Nebst dem Bräutigam war es auch ein Anlass, wo wir unsere beiden Söhne als auch den Bruder der Braut samt Familie aus Kanada trafen. Beim abendlichen Whisky wurde über den Geschmack des edlen Getränkes diskutiert, schlussendlich spielte das Wetter draussen eine untergeordnete Rolle. Diesen Optimismus der Engländer möchte ich haben.
Jedenfalls war die Verbindung zu Petrus gut und am Trauungstag war es sonnig. Nur der Wind war ein kleiner Spielverderber, so dass wir von der Traubeamtin kaum etwas verstanden. Trotzdem war die ganze Trauung draussen bei frischer Meeresbrise und anschliessendem Fotoshooting ein besonderes Erlebnis. Im Nachhinein gestand unser Sohn, dass sie unbedingt draussen in der Wildnis und in Bergschuhen heiraten wollten. Ein besonderer Wunsch, der in Erfüllung ging.
Da bei der Trauung Bergschuhe Bedingung waren, mussten diese anderntags bei einer gemeinsamen Wanderung zu Old Man of Storr entsprechend genutzt werden, bevor es erneut zum abendlichen Whisky überging.
Nach dem letzten gemeinsamen Abend liessen wir das Brautpaar für ihren „Honey Moon“ ziehen. Wir setzten unsere Fahrt der Küste entlang in südlicher Richtung fort. Trotz Regen und stürmischen Wetter folgten wir den Weg hinaus zum westlichsten Punkt des britischen Mainlands, wo wir pro Wegstrecke 25 Meilen über Schafweiden und Nebelbänke zurücklegten. Vielleicht war es auch nur, damit wir dort waren; draussen gab es wirklich nichts Besonderes. Ein Kaffee mit Souvenirshop, ein Leuchtturm mit riesigem Nebelhorn, Regen und Nebel. Von der Landschaft erspähten wir hinter den dauernd surrenden Scheibenwischer nur wenig und wir waren froh, wieder etwas weiter von der Küste entfernt zu sein, wo der Wind nicht dauernd an unserer RuGa schüttelte und der Regen etwas weniger intensiv war.
Durch den „Loch Lomond and The Trosschs N.P.“, wo selbst bei Regen dick eingekleidete Wandergruppen unterwegs waren, überquerten wir unzählige Gebirgsübergänge und in einem Zick-Zack-Kurs erreichten wir Oban. Hier trafen wir erneut aufs Hochzeitspaar und genossen einen Tag mit Geburtstagsfeier in diesem touristischen Hotspot; natürlich bei Regen und Wind. Anderntags meinte selbst der Campingplatzbesitzer, dass dieses Jahr alles anders sei und die Midges unbarmherzig zubeissen würden. Tolle Aussichten!
Da unsererseits das Inselhüpfen an den westlich vorgelagerten schottischen Inseln zu kurz kam, entschlossen wir uns vom Campbeltown-Finger, einer langen Landzunge, die sich weit in die irische See hinauszieht, auf die Isle of Arran zu wechseln. Die Überfahrt auf der kleinen Fähre verzögerte sich infolge der Wetterverhältnisse. Trotzdem waren wir zuversichtlich, dass wir am Folgetag zurück aufs englische Festland übersetzen können und buchten unsere Fähre am frühen Abend.
So hatten wir noch genügend Zeit, die Insel halbwegs zu umrunden und genossen die wenigen Sonnenstrahlen, die an diesem Montag doch öfters hinter den dicken Wolken zum Vorschein kamen. Abends auf der Fähre nach Ardrossan war es nicht mehr sonderlich gemütlich und erst nach dem zweiten Whisky war die Schaukelfahrt einigermassen aushaltbar. Nach der Ankunft richteten wir unser Übernachtungsplatz gleich auf dem Hafengelände ein. Nebst dem doppelten Whisky möchte ich (Tom) nicht bei Nacht auf unbekannten Strassen und Landschaft hinaus fahren.
Nachts kam immer mehr Wind auf und der einsetzende Regen war mehr als nur stark. Die Regentropfen klatschten unaufhörlich aufs Aufstelldach und der Wind schaukelte unser Auto; beides raubte uns zeitweise den Schlaf. Am folgenden Morgen war es mit der Gemütlichkeit vorbei. Der Regen kam inzwischen nicht mehr von oben nach unten, sondern von rechts nach links und über die Hafenmauer spritzten immer wieder Wellen das Wasser auf die meerabweisende Seite. Das Frühstück verschoben wir in den nächsten Laden, wo es hoffentlich etwas windstiller sein würde. Beim Zahlen des Hafenparkplatzes wurden wir noch verständigt, dass für diesen Tag die Fähren wetterbedingt ausfallen. Chantal erhielt auf ihrem Mobiltelefon sogar Regenalarm für Südschottland! Ja, manchmal muss man etwas Glück oder eine gewisse Vorahnung haben, oder man sitzt einfach irgendwo fest.
Nun drängte plötzlich die Zeit; Ende August war das zweite Hochzeitsfest mit Freunden und weiterem Familienkreis in Shrewsbury geplant. So mussten wir in den Lowlands von Schottland und angrenzenden Grafschaften Englands einen Gang höher schalten und unsere Genussfahrten leicht beschleunigen. Erfreulicherweise liess der Regen etwas nach und die klatschnassen Strassen wichen trockenen Abschnitten. Strassenabschnitte, die ganz unter Wasser standen, gehörten definitiv der Vergangenheit an.
In Shrewsbury wurde die Hochzeit noch einmal ausgiebig gefeiert; nebst guter Stimmung im Garten war auch Petrus in bester Laune und bereicherte die Partystimmung mit Sonnenschein und angenehmer Wärme. Wir – Chantal und Tom – genossen die Lockerheit der Tage um die abschliessende Party. Nun wissen wir auch was „Ceilidh“ genau heisst oder ist: Es ist ein gälisches Wort und bedeutet Zusammenkunft oder Party, wo Jung und Alt gemeinsam feiern und tanzen. Eigentlich ein treffender Abschluss zur Hochzeit draussen in der schottischen Wildnis.
Ein weiteres Novum erlebten wir zwei Tage später: Als Grosseltern durften wir das erste Mal unser Grosskind für einen ganzen Tag beaufsichtigen. Ob wir erfolgreich waren oder nicht; keine Ahnung, doch unser Grosskind fragt seither dauernd nach uns. 🙂
In der Zwischenzeit hat der Regen uns in Mittelengland eingeholt und beim Abschied bei der jungen Familie war es nicht nur vom Himmel her feucht. Eine wunderbare Zeit war zu Ende und der weite Weg zurück in die heimatliche Schweiz stand für uns auf dem Programm. Doch auch für diese Strecke planten wir bereits weitere Abstecher: Ein Besuch in Antwerpen (Belgien) und im süddeutschen Bad Dürrheim möchten wir noch an einem Treffen bei verschiedenen Reisevorträgen beiwohnen.
Quer durch England fuhren wir bei Regenwetter der englischen Südküste entgegen und dieser entlang bis nach Dover. Der Campingbesitzer bei Little Switzerland, wo der Platz an der steilen Kreideküste hängt, schmunzelte noch und meinte, dass es momentan in Schottland warm und schön sei.
Am letzten Tag auf der Insel lachte uns am Morgen die aufgehende Sonne entgegen als wäre nie ein Regentropfen vom Himmel gefallen.
Beim Fährhafen von Dover lag leichter Nebel über dem Meer und eine gewisse Melancholie schlich beim Abschied von der Insel durch unsere Stimmung.
Vielleicht braucht es jetzt einen Whisky – einen doppelten bitte!
Chantal u. Tom / August/Sept. 2024