>Bilder ganz unten!
…oder; ab in den Süden, der Sonne hinterher!
Gegen Ende November schwappte die Corona-Variante Omikron vom südlichen Afrika nach Europa über und die Regierungen wurden, angesichts der bevorstehenden Festtage Ende Dezember, immer nervöser. Es wurden unterschiedlich harte Einschränkungen verhängt und Österreich ging gleich für eine Woche in den Kriechgang (Lockdown). Aus dem südwestlichen Europa waren diesbezüglich keine negativen Schlagzeilen zu vernehmen und nebst einer hohen Durchimpfung waren die aktuellen Fallzahlen sehr tief.
So war für uns bald klar; so schnell wie nur möglich nach Spanien und dies noch bevor die Schweiz auf die rote Liste gesetzt wird. So wählten wir auch einen direkteren Weg als dies bei uns üblich ist, und bereits wenige Stunden später schlichen wir uns nordwestlich von Genf über eine Nebenstrasse nach Frankreich in die grosse Freiheit davon. Die grossen Zollstellen umfuhren wir grosszügig um möglichen Kontrollen oder Nachfragen unseres Tuns zu entgehen.
Unser eigentliches Ziel für diesen Winter war das südliche Spanien oder Portugal. Da die Option Marokko immer noch nichts für Individualtouristen war und im Land selbst starke Einschränkungen zu befolgen sind, stand bei uns eine Verschiffung zu den kanarischen Inseln zuoberst auf dem weihnächtlichen Wunschzettel. Zwar hatte ich beim Betrachten der Landkarte meine Bedenken, ob ich weit draussen im atlantischen Ozean auf diesen kleinen Inseln glücklich werde. Faulenzen und am Strand liegen sind für mich, nein, für uns keine Option.
Im Grossraum Lyon drosselten wir unsere Fahrt, und wir liessen uns nicht mehr von irgendwelchen Einschüchterungen in Bezug der Corona-Pandemie treiben. Bald wechselten wir wieder auf die ruhigeren Landstrassen und genossen das Rurale der französischen Landschaft. Das Rhone-Tal lag bereits weit hinter uns, die Schneeberge im Rückspiegel entschwunden und durch leichte Anhöhen kletterten wir hinauf in östlichen Ausläufer des Zentralmassivs. Es war zwar nicht der direkteste Weg um nach Spanien zu gelangen, doch grosse Eile hatten wir nicht mehr. Es wäre eine Schande gewesen, diese wunderbare Gegend in seinen besonderen winterlichen Farben im Eiltempo zu durchstreifen und, trotz den winterlichen Temperaturen – wir hatten jetzt ja eine mobile Heizung!
Bevor es wieder hinunter in die weiten Ebenen vor dem Mittelmeer ging, kurvten wir über die unzähligen Anhöhen entlang der Ardéche und genossen die fast menschenleeren Landschaften. Viele Dörfer waren zu dieser Jahreszeit buchstäblich ausgestorben, die Fensterläden und Türen verschlossen und keine Menschenseele auszumachen.
Bis zu den Pyrenäen waren es nur noch wenige Kilometer und wir suchten gleich einen Weg fernab der grossen Verkehrsachsen. Die zweite Nacht genossen wir auch weit oben auf irgendeinem Pass und entdeckten erst anderntags die umliegenden schneebedeckten Berggipfel bei strahlend blauem Himmel. Wir waren jedenfalls sehr froh über unsere Heizung und das Tolle an dieser neuen Errungenschaft: Wir können sie vom Bett aus ein- und ausschalten und bei angenehmer Wärme aus den Federn schlüpfen. Wow!
Über einen weiteren Pass erreichten wir das Hinterland von Katalonien; weit und breit war kein Ordnungs- oder Grenzbeamte an dieser Strasse anzutreffen. Eigentlich wollten wir noch etwas westlicher über Andorra reisen, doch infolge der aktuellen Schnee- und Wetterberichte liessen wir diese Reisevariante gleich fallen. Wir waren auch in den östlich liegenden Ausläufern der Pyrenäen bei den gewählten Wegvarianten manchmal mehr als nur gefordert.
Ja, wir waren wieder in Spanien angekommen und, sobald man nicht in irgendeinem Naturpark unterwegs ist, darf man fast überall fahren, wo es einen befahrbaren Weg gibt. Diesen Umstand genossen wir sehr und versuchten in einer möglichst direkten Linie zum Ebro-Delta zu gelangen. Ob die Strecke schlussendlich der direkteste Weg unserer virtuellen Linie auf der Karte war, möchten wir hier nicht zur Diskussion stellen, doch die befahrenen Strecken waren allesamt Leckerbissen und Erlebnisse für sich.
Nach Island sind wir fast wahre Vulkanexperten und so mussten wir fast zwingend einen Abstecher nach Olot einplanen, wo angeblich unzählige erloschene Vulkankegel in den Himmel ragen. Hätten wir dies nicht vorgängig im Reiseführer in Erfahrung gebracht, so hätten wir diese Kegel eher als schön geformte Erosionshügel betrachtet als ehemalige Vulkankrater.
Den Wohnmobilparkplatz weit draussen beim Natur-Reservat des Ebro-Deltas suchten wir schon öfters auf. Doch diesmal waren wir von den vielen Wohnmobilen überrascht und mussten auf dem angrenzenden Parkplatz vorlieb nehmen. Viele Spanier nutzten das verlängerte Wochenende um den „Santi Chlaus“ und die warmen Tage für einen Ausflug ans Meer.
Noch vor Valencia zogen wir erneut eine gerade Linie quer durch Spanien nach Granada. Kaum von der Hauptstrasse abgebogen, schon standen wir auf einem holprigen Feldweg, der uns bald in einen dichten Wald führte. Oft waren wir unsicher, dass wir irgendwo in eine Sackgasse fahren würden, oder vor einem Eisentor zur Umkehr gezwungen würden. Doch weit gefehlt, wir konnten wirklich nahe unsere Linie in südwestlicher Richtung folgen. Ob wir auf offiziellen Wegen oder privaten Verbindungen unterwegs waren, wussten wir eigentlich nie so richtig, doch niemand sagte irgendetwas und meist wurde von den wenigen Menschen am Wegrand oder auf den Feldern mit einem freundlichen Handgruss gegrüsst.
Doch weiter südlich, ich glaube, wir waren bereits in der andalusischen Region, war es vorbei mit dem freien Fahren auf den geplanten Wegen. Zusehends waren die Wege durch dicke Ketten gesperrt und zwang uns immer wieder zu weiten Umwegen. Ärgerlich war es meist, beim Erreichen einer solchen Sperren von der „Innenseite“ her und wir keine Alternative als die weite Rückfahrt hatten.
Dieses Erlebnis gipfelte kurz vor Granada, als wir über wunderbare Trails in die Höhe kletterten und am Folgetag von einem verschlossenen Tor zum nächsten fahren mussten. Wir waren buchstäblich im „Parque Natural“ eingesperrt! Dank unserem kleinen und sehr geländegängigen Camper schafften wir es am späteren Nachmittag uns doch noch aus dieser misslichen Situation zu manövrieren und auf legalem Weg weiter zu fahren.
Für den Besuche der Alhambra in Granada verpassten wir die Vorausbuchung der Eintrittskarten im Internet, und für das wunderbare Wochenende standen an den Kassen keine freien Eintrittskarten mehr zu Verfügung. Schade; ich hätte dieses Vermächtnis der islamischen Zeit auf der iberischen Halbinsel sehr gerne besucht. Stattdessen verliessen wir bald das Hochplateau im Granada und steuerten hinunter ans Mittelmeer. Oben soll es – gemäss den Wetterberichten – nachts empfindlich kühl werden und am Meer sollte es noch etwas erträglicher sein. Zumal wir einen Campingplatz mit Waschmaschine benötigten, die es zur winterlichen Zeit im Inland nicht gibt. Entlang des Mittelmeers mit seinen touristischen Infrastrukturen, die ganzjährig geöffnet sind, sollte für uns ein Waschtag kein Problem sein.
Nun folgten wir weiter dem Mittelmeer und den vielen touristischen Hotspots der spanischen Riviera bis nach Málaga. Wir waren über die überwältigenden Angebote sehr überrascht. Jeder Ort möchte besser sein als der andere und es wird viel getan, um dieser Sache gerecht zu werden. Dafür glänzen die küstennahen Strassen und Quartiere und auch beiden Menschen gilt: „Sehen und gesehen werden“.
Nach so viel Prunk und Pracht drehten wir in Málaga wieder ab und steuerten das Landesinnere an, wo vermutlich alle Bauern nur Oliven anbauen. Bis in den letzten Winkel oder allerletzte Anhöhe konnten wir nur die Olivenbäume sehen.
Weiter westlich war es mit den Oliven vorbei und ein „Parque Natural“ folgte dem nächsten. Nördlich, zwischen Marbella und Tarifa, sind weite Gebiete unter Schutz gestellt und ein wahres Eldorado für Wanderer, Mountainbiker und Kletterer. Durch diese wilde Gebirgslandschaft schlängelten wir uns durch und wir waren bei unserer Wahl des Weges nicht immer ganz sicher, ob wir noch legal oder schon illegal unterwegs waren.
Beim Camp in der Nähe von Ubrique machte uns abends – es war das erste Mal auf unserer Reise – ein Wanderer darauf aufmerksam, dass wir uns hier in einem Park befänden und dass campieren und ein offenes Feuer hier strengstens verboten sei. So verlegten wir unser Übernachtungsort ein paar Meter ausserhalb der Parkgrenze und hofften, dass die Polizei freitagabends anderen Aufgaben nachgehen müsse als ein paar Touristen im Busch aufzuspüren.
Bald verliessen wir diesen Gebirgsriegel und erreichten die weiten Flächen nordöstlich von Cádiz, wo nebst viel Solarstrom immense Flächen intensiver Gemüseanbau betrieben wird. Das nahe gelegene Naturschutzgebiet entlang des Río Guadalete ist fast ein kleiner Hohn; im Hinterland wird alles daran gesetzt, möglichst viel Ertrag aus der Erde zu holen und weiter unten wird der Flusslauf unter Schutz gestellt. Auch der herumliegende Plastikmüll übertrumpft beinahe die artenreiche Vogelwelt.
Bereits vor Wochen versuchten wir eine Fährverbindung auf die kanarischen Inseln zu buchen und waren etwas enttäuscht, dass wir erst am 11. Januar 2022 einen freien Platz für unsern Jeep erhielten. Doch oh Wunder; in Cádiz suchte Chantal weiter und – wär hätte gedacht – in zwei Tagen gab es noch eine Verbindung mit genügend Stauraum. Schnellstens reservierten wir diese Überfahrt und stornierten die bereits gebuchte.
Nach ein paar Kleinreparaturen am Jeep – die selbst eingebaute Elektrik im Campabteil streikte zeitweise – steuerten wir in zügiger Fahrt den Fährhafen von Huelva an, der wenige Kilometer vor der portugiesischen Grenze liegt. Grosse Umwege fuhren wir keine mehr und legten uns in der Nähe des Hafens bald zur Ruhe. Das abendliche Gewitter und der Starkregen brachte in uns bald die innerliche Überzeugung, dass das Übersetzen nach Gran Canaria wohl der richtige Entscheid war. Morgens soll es losgehen und in 36 Stunden sollten wir auf der Insel sein; bei Wärme und Sonnenschein. Hoffentlich!