>Bilder ganz unten!
…in den Weiten von Yukon und Alaska
Auf die Minute genau, typisch schweizerisch, standen wir in der Bar des „Best Western Hotels“, das mitten in Whitehorse liegt, wo wir uns mit Christine und Daniel Scholer verabredet hatten. Das Hallo war nach über einem Jahr entsprechend gross und herzlich. Was wir vor über einem Jahr so unverbindlich abmachten, klappte und wir fühlten uns über den Besuch aus der Schweiz sehr geehrt. Gemeinsam wollen wir die nächsten Wochen in die Weiten des Nordens umher ziehen. Für uns eine neue Erfahrung; bis jetzt klappte es mit der Zweisamkeit ausgezeichnet und die Pläne waren schnell geschmiedet. Zu viert bedurfte es einer noch besseren Planung und Kommunikation, so dass alle Wünsche irgendwie erfüllt werden konnten. Für uns war auch klar, dass „unser Besuch“ den Takt vorgeben durfte, da wir das eventuell Verpasste später nachholen können. Die Wünsche und die Routen waren bei einem Bier jedoch schnell festgelegt und dem gemeinsamen Abenteuer stand nichts mehr im Wege.
Kaum hatten die Beiden ihr Mietfahrzeug – ein Ford F350 Super Duty mit einer Campingkabine auf der Ladefläche, was unseren Jeep gleich noch einmal etwas kleiner erscheinen liess – wurden in Whitehorse die Vorräte für die nächsten Tage aufgestockt; wir wollten möglichst schnell über den Polarkreis nach Tuktoyaktuk ans Polarmeer fahren.
Der Weg führte uns weiter über den geschichtsträchtigen Klondike-Highway, wo vor rund 120 Jahren tausende von Menschen nach Dawson zogen, um dort ihr schnelles Glück und Geld zu finden. Der Goldrausch am Klondike-River löste zu jener Zeit eine der grössten Menschenbewegungen aus und liess Dawson in kurzer Zeit zu einer prosperierenden Stadt anwachsen, wo es für Dollars fast alles gab. Im Gegensatz zu den Goldsuchern konnten wir den bequemen Landweg in den Norden nehmen; weder Stromschnellen im Yukon-River noch andere böse Überraschungen legten sich uns in die Quere. Schon viele Kilometer vor Dawson-City kündigte sich die damalige Goldgräberstimmung landschaftlich an. Ganze Flussläufe wurden am Ende des Goldrausches mit riesigen Maschinerien umgepflügt und hinterher als Gesteinsraupen wieder abgelagert.
Noch heute wird im Bonanza- und Hunker-Creek, zwei Seitentäler zum Klondike-River, aktiv Gold gewaschen und nach dem Maschinenparks muss die Goldsuche auch heute noch ein lohnenswertes Geschäft sein.
Die Lockrufe des Goldes konnten uns nicht länger in Dawson halten. Das Fernweh des weiten Nordens war für uns viel stärker! Nach weiteren Lebensmitteleinkäufen und letzten Infos über den Zustand des Dempster-Highway wurden die Fahrzeuge vollgetankt, eh wir auf den Dempster-Highway abbogen. Für die nächsten 750 Kilometer soll es nordwärts durch fast menschenleere Gebiete von Yukon und dem Nordwest Territorien ans Polarmeer gehen. Viele Vorgeschichten und Erzählungen über diese Schotterstrasse waren etwas vorbelastend, und für Hilfe reicht hier ein mobiles Telefon bei weiten nicht mehr aus. Insgeheim hofften wir, dass die Reifen halten was sie werbemässig versprechen, denn über schwierigen Strassenverhältnisse wurden wir von allerlei Personen gewarnt.
Doch gleich vorweg: Auf diesen 1‘500 Kilometer hatten wir nur einen Plattfuss, den wir selbst fachmännisch reparieren konnten. Die Schwierigkeit der Strasse lag darin, dass von entgegenkommenden Fahrzeugen Steine hoch gewirbelt wurden. Der alltägliche Staub gehörte einfach dazu und war ein lästiges Reisesouvenir, der noch lange im Auto herum wirbelte. Keine Ahnung, wie im Juli und August die Schotterstrasse befahrbar sein wird, wenn täglich die Regenschauer auf diese nieder gehen.
Nach dem Tombstone Territorialpark, der in einem Gebirgszug von Ost nach West liegt und das Wasser vom Beringmeer und dem Polarmeer teilt, folgten weite Ausläufer, wo die Strasse direkt auf dem Hügelkamm verlief. Auch wich das Nadelgehölz immer mehr der Tundra, und nur noch an geschützten Orten standen grosse Bäume. Beim Überschreiten des Polarkreises änderte sich die Landschaft noch viel drastischer in weite Ebenen und endlose Tage.
Die Fähren über den Peel- und Mackenzie-River waren erst seit wenigen Tagen in Betrieb; von der Eisschmelze bis zur eisfreien Zeit gibt es hier oben kein Durchkommen! Für die wenigen Menschen hier im Norden ist dies eine alljährliche Angelegenheit, dass sie zweimalig im Jahr ihr Heimatdorf nur über die Luft verlassen, oder erreichen können.
Mit dem Erreichen der Nordwest Territorien kündigte sich ebenfalls das Ende des langen Weges ans Polarmeer an. Inuvik machte auf uns einen sehr „herausgeputzten“ Eindruck, während Tuktoyaktuk am Beaufort-Meer gleich aus der schneefreien Zeit erwachte. Draussen auf dem Meer schwammen noch riesige Eisblöcke umher, und selbst im Ort war es ungemütlich kalt. Für uns ein Grund, in das etwas wärmere Inuvik zurück zu kehren; schliesslich scheint hier täglich für ganze 24 Stunden die Sonne!
Die 1‘500 Kilometer vergingen – rückblickend betrachtet – eigentlich wie in einem Film und am Schluss war es eine unheimliche Hülle von wunderbaren landschaftlichen Eindrücken, die man von der Menge her fast nicht mehr geniessen konnte. Seitens Tierwelt war es etwas ruhiger und die grossen Karibuherden kamen uns leider nicht vor die Linse.
Ohne Karibus und anderen Wildtieren erreichten wir wieder Dawson City und verfielen für einmal dem abendlichen „Ramba-Zamba“, das den Besuchern die einmalige alte Zeit etwas näher bringen soll. Glückspiele und Shows hielten die vielen Goldwäscher bei Laune und für einen Dollar durfte man seinerzeit der Tänzerin das Bein kurz streicheln. Vermutlich für ein paar Dollars mehr konnte man sich dann in irgendein Gemach zurückziehen und für kurze Zeit ein warmes Bett geniessen, eh es wieder ausgebrannt zurück ins Lager der Zeltstadt ging. Das Leben in Dawson muss wohl sehr schnelllebig gewesen sein und das schwer verdiente Geld verschwand schneller aus der Tasche als dieses verdient wurde!
Der Name „Top of the World Highway“ war unser nächstes Ziel, und die Strasse wurde seiner Bezeichnung mehr als nur gerecht. Ab Dawson stieg diese immer weiter auf die Hügelzüge hinauf, bis man das Gefühl hatte, die ganze Landschaft aus der Vogelperspektive beobachten zu können. Hinter jeder Geländekuppe warteten neue Überraschungen. Bis zur Grenze von Alaska folgte die Strasse von einem Highlight zum nächsten, selbst die Einreise nach Alaska (USA) ging überraschenderweise schneller und unbürokratischer vorbei als wir dies je hätten erträumen können.
Bis nach Chicken ging es weiter wie auf der kanadischen Seite: Eine Sehenswürdigkeit folgte der Nächsten. Das Nest Chicken katapultierte uns wieder zurück in die Gegenwart und der kleine Ort mit seinen drei Häusern als Downtown, rüstete sich fürs bevorstehende Musikfestival auf. Mitten in dieser Idylle herrschte ein Verkehrschaos mit Wohnmobilen und riesigen Wohnwagen, halbe Hausrate wurden für das verlängerte Wochenende hier hinauf in die Berge transportiert. Verrückt, diese Amerikaner! 😉
Über Tok, eine Ortschaft am Alaska-Highway, das für die Touristen ein paar Einkaufsmöglichkeiten bietet, kraxelten wir in ein weit abgeschiedenes Tal nach McCarthy hinein, das sich im Wrangell-St. Elias Nationalpark und mitten in einer Gletscherwelt befindet. Hier hinten, in dieser abgeschiedenen Bergwelt befand sich lange Zeit das grösste Kupferabbaugebiet der USA und die einzige Verbindung zur Aussenwelt war eine Eisenbahnlinie ans Meer. Die Eisenbahnlinie wurde nach der Stilllegung der Minen eingestellt und auf der ehemaligen Trasse fahren heute erlebnissuchende Touristen in diese wunderbare Bergwelt hinein. An diesem Wochenende begann die Rotlachsfangsaison und alle, die irgendeine Niederlassung in Alaska haben, standen an irgendeinem Fluss, oder mit grossen Fangnetzen gleich im Wasser drin. Einheimische dürfen bis zu 16 Lachse pro Saison fangen.
Bis Valdez war es noch ein kurzer Katzensprung über den Thompson-Pass. Das Warten auf die Fähre nach Whittier brachte uns eine kurze „Fahrpause“ und zu einer getrennten Wanderungen, d.h. Daniel mit Tom und Christine mit Chantal. Während sich die Männer durchs Unterholz der Valdez-Bucht schlängelten, genossen die Damen etwas gemächlichere Ausflüge ins umliegende Hinterland von Valdez.
Die Überfahrt nach Whittier ist quasi eine Kleinausgabe des maritimen Highways, der sich vor der Küste und den vielen Fjorden in den Gewässern vor Alaska befindet. Buchten, wo Eisfelder und Gletscher zum Greifen nahe sind und Meerestiere aller Art, die sich ums Schiff herum tummelten. Selbst das kalte und stürmische Wetter hielt uns nicht ab, diese mehrstündige Fahrt hauptsächlich auf dem Deck zu geniessen.
Christine und Daniel wünschten sich noch den höchsten Nordamerikaner zu Gesicht zu bekommen, und so folgten wir auf sehr direktem Weg dem Sewart-Highway in Richtung Anchorage. Während Christine und Daniel mit ihrem schweren Gefährt den direkten Weg einschlugen, überquerten wir noch zusätzlich den Hatcher-Pass, das uns erneut von den grossen Touristenwegen abbrachte. Während Wanderer die einmalige Gebirgslandschaft genossen, glitten in Rinnen und Couloirs die letzten Skifahrer in die Tiefe. Und so ganz nebenbei wird in diesem Gebiet noch heute aktiv Gold abgebaut.
Nach Trapper-Creek, das sich auf der Höhe von Talkeeatna befindet, offenbarte sich der höchste Amerikaner dank besten Wetterbedingungen seiner ganzen Majestät. Und er ist wirklich majestätisch; dieser Denali, der lange Zeit und zu Ehren eines amerikanischen Präsidenten Mount McKinley hiess. Der Heimatstaat Ohio von McKinley blockierte lange Zeit die offizielle Rückgängigmachung des Namens in seine ursprüngliche Namensgebung Denali, was in der lokalen indigen Sprache „der Hohe / der Majestätische“ heissen soll.
Vom ganzen Touristenrummel entlang des Park-Highways hatten wir bald einmal genug und bogen erneut auf die Schotterpiste des Denali-Highways ab, wo wir den südlichen Abhängen der Alaska-Range nach Osten folgten. Auf dem Richardson-Highway, der vermutlich für die Alaska-Pipeline entsprechend ausgebaut wurde, überquerten wir den obgenannten Gebirgszug nach Norden. Leider war das Wetter für diese Gebirgslandschaft mit seinen ungezähmten Flussläufen nicht besonders klar und der allgegenwärtige Dunst beeinträchtigte die Fernsicht.
In Donnelly State Park, kurz vor Delta Junction, war unsere letzte gemeinsam Nacht angebrochen. Für Christine und Daniel neigte sich der Aufenthalt in Nordamerika dem Ende entgegen und sie wollten über Haines und Skagway nach Whitehorse zurück reisen. Wir wiederum entschieden uns noch einmal vom der weiten Nordluft zu schnuppern. Somit wäre ein gemeinsamer Weg nach Whitehorse, um danach wieder nach Fairbanks zu fahren, für uns doch ein zu grosser Umweg gewesen.
Nach drei Wochen war es nicht ganz leicht, das gemeinsame Erkunden und Erleben hinter sich zu lassen und erneut in die „Zweisamkeit“ abzutauchen. Es war eine wunderbare gemeinsame Zeit, die wir nicht missen möchten; ein ganz herzliches Dankeschön an Christine und Daniel: „Es war wirklich super!“
Während des ersten Abends in Fairbanks waren wir etwas unbeholfen und die Gesprächspartner fehlten uns für dies und jenes.
Doch alles hat irgendeinmal ein Ende, und wir möchten noch einmal über den Polarkreis hinaus, und dies noch vor dem grossen Ansturm der Touristen. 😉