>Bilder ganz unten!
…oder war es eher Schottland?
Nach einer sehr unruhigen Nacht standen wir bald einmal draussen auf der Reling. Doch mehr als Nebel und Nieselwetter gab es nicht zu bestaunen. Also, verzogen wir uns erneut ins innere des Schiffes und genossen den frischen Milchkaffee und – speziell für Chantal – ein „Croissant“.
Erneut war unser „RuGa-li“ als Kleinwagen im Schiffsrumpf untergebracht und somit konnten wir uns beim Verlassen des Schiffes eher etwas Zeit lassen als die gestressten Engländer mit ihren Wohnmobilen. Endlich war es soweit und wir schlüpften aus dem Schiffsbauch hinaus in die grau verhangene englische Welt. Draussen wurden wir nach strengen Blicken der Beamten in verschiedene Kolonnen geleitet. Unsere Herzen klopften spürbar und die Spannung stand uns im Gesicht geschrieben. Schon wurden wir durch eine Gesundheitsassistentin vor dem eigentlichen Zoll befragt. Dank der Voranmeldung beim Gesundheitsamt war alles eine schnelle und sehr ruhige Angelegenheit. Doch unser Auto war für die Zollbehörden, gleich wie schon in Holland, etwas suspekt und bedurfte einer genaueren Untersuchung. Zu unserer Erleichterungen: Auch hier waren die Beamten eher interessiert an unserer Ausrüstung als sie diese kontrolliert hätten. Doch beim Erblicken des Beils wollten sie sofort wissen, für was wir diese Streitaxt gebrauchen würden. Bei normalem Camping braucht man so was doch nicht!
Ende Gut alles Gut; mit den besten Wünschen wurden wir in den englischen Linksverkehr entlassen. Uff, ging eigentlich sehr schnell und um Himmels Willen, wieso hatten wir dermassen Angst vor dieser Einreise.
(Anmerkung zur Corona-Situation: 2 Tage später schlossen die Grenzen zum Königreich Grossbritannien erneut, resp. man musste sich bei der Einreise umgehend in eine kontrollierte zweiwöchige Quarantäne begehen! Wir hatten wieder einmal viel Glück. Wo hätten wir diese Zeit verbringen sollen?)
Zwischenzeitlich teilte uns unser Sohn, der inzwischen in Shrewsbury zu Hause ist, mit, dass wir vielleicht unseren Besuch etwa zwei Wochen hinaus zögern sollten, da er eine wichtige Arbeit beenden müsse und wir Eltern zwar erwünscht sind, doch wertvolle Zeit in Anspruch nehmen würden. Kein Problem; dann fahren wir zuerst nach Schottland und geniessen den Norden der britischen Insel vor dem englischen Kernland.
Anstatt nach links ging es rechts in Richtung Edinburgh und, nicht vergessen, immer schön links fahren. Eigentlich für mich (Tom) kein Problem, doch bei Kreuzungen und Einmündungen ist ein linksgesteuertes Fahrzeug oft mit einem grossen Handicap belegt; man sieht oft wirklich nichts! In diesen Momenten war meine Navigations-Frau (Chantal) zur rechten Seite immer wieder gefordert, was manchmal nicht immer einfach war und auf Anhieb gelang.
Bisher waren wir uns sehr zurückhaltend in Bezug auf Stadt-, Museumsbesuchen und anderen Highlights und beschränkten uns mehrheitlich auf die Natur, wo weniger Menschenmassen unterwegs waren. So reisten wir auch in Grossbritannien weiter und vermieden grössere Menschenmassen soweit dies möglich war. Punkto Corona-Massnahmen; die Schotten waren in dieser Angelegenheit sehr diszipliniert und hielten sich immer an einem angemessenen Abstand, soweit dies möglich war. Gesichtsmasken waren auch ein Teil dieser Schutzmassnahmen und Geschäfte durfte man ohne nicht betreten.
Nach der kurzen Durchreise von Edinburgh standen wir bald weit draussen in den Highlands und waren von der wunderbaren Landschaft sehr überrascht. Chantal verliebte sich gleich in Schottland und in die Bilderbuchlandschaften. Aber; die Abermillionen schottischen Midges waren uns nicht wohlwollend gesinnt und stellenweise war es der reinste Horror. Als Wunderwaffe entdeckten wir die rauchenden Spiralen aus Nordamerika und den im Farmershop gekaufte Spray; diese machten die Abende doch noch etwas gemütlicher.
Unser nächstes Highlight war der Besuch bei Nessie. Wir umfuhren Loch Ness in der Hoffnung, dass sich dieses scheue Fabelwesen doch kurz erblicken liess. Nessie zeigte sich weder uns noch den anderen Reisenden, dafür war an den verschiedenen touristischen Hotspots einiges los und die Menschenmassen drängten sich im Gänsemarsch durch die Nessie-Ausstellung, Kleinstädten und Souvenirshops. Somit verzichteten wir sogar aufs „Nessiemuseum“, dass Chantal unbedingt besuchen wollte.
Nach den Highlands und Nessie erreichten wir den nördlichsten Punkt des britischen Festlandes und setzten unsere Weiterfahrt im Gegenuhrzeigersinn der Küste entlang fort. Ein Übersetzen auf die nördlich vorgelagerten Inseln liessen wir aus zeitlichen und finanziellen Gründen aus. Auch versprachen die Wetteraussichten für die nächsten Tage nicht allzu viel Sonnenschein. So folgten wir weiter der Küstenstrasse, bogen immer wieder ab und erforschten das Hinterland, bevor uns ein Verbotsschild oder ein verschlossenes Tor zur Rückfahrt zwang.
Nach den vielen Abstechern im Kernland der „Midges“, setzten wir auf die vorgelagerte Skye-Insel über, um an der schottischen Inselluft schnuppern zu können. Diesmal fuhren wir im Uhrzeigersinn um die Insel und waren erstaunt, dass noch sehr viele Touristen unterwegs waren, und all mögliche Abenteuer zu Land und Wasser angeboten wurden. Auch die touristischen Hotspots zogen massenweise Leute an und je näher der Parkplatz war, desto mehr Leute knipsten in der Gegend herum.
Zwischenzeitlich schloss sich unsere Runde durch Schottland langsam, die ersten Regenerfahrungen lagen bereits hinter uns als sich erneut ein Sturmtief über die Insel legte. Bei der Fahrt nach Glasgow – unser Auto verlangte per Bordcomputer einen Ölwechsel – schüttete es dermassen vom Himmel, dass ganze Strassenzüge in Minuten unter Wasser lagen. Zu unserer Überraschung; auch dies stecken die Schotten mit einem Lächeln weg und spazieren im T-Shirt den Strassen entlang.
Auf unser Drängen hin wurde der Service an unserem Jeep anderntags ausgeführt und auf die restlichen Kontrollarbeiten verzichteten wir, da allfällige Verschleissteile nicht sofort verfügbar wären und uns zu einem längeren Aufenthalt in Glasgow gezwungen hätte, was wir zum vornherein ausschlossen. Wir waren nicht in Grossstadtstimmung und Städte ticken auch in Corona-Zeiten komplett anders als ländliche Gegenden.
In Southern Upland und der südwestlichen Ecke lachte die Sonne wieder öfters hinter den Wolken hervor und machte unsere Fahrt wieder zu einer Genusstour durch die weiten Ländereien, wo Schaf- und Rinderzucht das Landschaftsbild mehrheitlich prägen.
Die Grenze zu England rückte immer näher und mit etwas Wehmut blickten wir auf die vergangenen zwei Wochen zurück; dieses Schottland begeisterte uns total, Regen hin oder her. Nach Gretna schlüpften wir fast unbemerkt über die innerbritische Grenze ins englische Kernland. Der Weiterweg nach Mittelengland, wo wir bereits erwartet wurden, war noch ein paar Meilen entfernt und vieles lag noch vor uns.
Und, Chantal wollte schon ihr Leben lang einmal Schottland besuchen, sei es wegen Nessie, Harry Potter oder den schönen Landschaften. Ihre Begeisterung war ungebrochen und schlussendlich sagte sie: Norwegen ist wunderschön – Schottland ist einmalig. Ich werde sicher wieder einmal zurückkommen!