>Bilder ganz unten!
Unsere erste grosse Runde beginnt sich langsam zu schliessen. Nach der Route 66 und Chicago verbrachten wir eine schöne, aber sehr kalte Nacht am Ufer des Michigansees. Das Feuer wärmte uns weit in die Nacht hinein und wir waren dermassen in ein Gespräch vertieft, dass wir nicht einmal den Waschbären bemerkten, der sich im 5 Meter entfernten Jeep über unsere Lebensmittelvorräte hermachte. Den anschliessend anschleichenden Opossum bemerkten wir frühzeitig und so musste das hungrige Tier, ohne irgendeinen Bissen zu ergattern, das Weite im dunklen Wald suchen.
Morgens lachte uns die Sonne bereits früh entgegen und die Atemluft dampfte durch die morgendliche Frische. Dank unserem Feuer war es trotzdem einigermassen angenehm und der Kaffee schmeckte am brutzelnden Feuer einfach super. Am See, seit wenigen Tagen soll er eisfrei sein, bewegten sich schon viele Leute und genossen die frühlingshafte Stimmung, obwohl der eisige Nordwind alles andere als einladend war. Ich genoss noch eine kurze Wanderung in der geschützten Dünenlandschaft und die Weitblicke bis hin nach Chicago.
Bereits beim Frühstück machten wir erneut eine Zeitrechnung und was alles noch möglich sein würde oder nicht mehr. So steuerten wir gleich in östlicher Richtung und folgten der Südgrenze des Bundesstaat Michigan. Nach der Fläche der Great Plains führte unsere Strasse durch eine sanfte Hügellandschaft entlang von vielen Farmen, die noch von den Familien bewirtschaften werden. Obst- und Weinbau prägen nebst der Milchwirtschaft die Gegend stark. Uns reizten immer wieder die vielen Weinkeller, doch die Zeit, aber auch die vielen Polizeipatrouillen hielten uns vor einem tieferen Eintauchen in ein Kellergewölbe ab.
In Hudson, einer verschlafenen Kleinstadt mitten in der Lower Peninsula von Michigan sprach mich ein junger Mann mit meinem Vornamen an. Vermutlich musste ich sehr unbeholfen aus der Wäsche geguckt haben; auf einer solchen Reise trifft man sehr viele Leute an, doch an ihn konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern und auf die Frage, wo Chantal wäre, war es mir recht peinlich. Doch ich konnte ihn gar nicht kennen; er entdeckte uns per Zufall im Internet, war von unserer Reise total begeistert und verfolgt unsere Abenteuer seit dieser Zeit regelmässig. So klein kann die Welt sein! 🙂
Er wünschte uns noch alles Gute auf der Weiterfahrt und freute sich bereits auf die weiteren Geschichten.
In Toledo erreichten wir das Montagewerk von Chrysler, wo einst unser Jeep das Montageband vor etwas mehr als 12 Jahren verliess und nach Europa verschifft wurde.
Autos haben eigentlich keine Gefühle, dafür war es für uns etwas rührend, und nachdenklich machten wir ein paar Erinnerungsfotos vor den Symbolen der Freiheit auf 4 Rädern. Auch möchten wir behaupten, dass nicht mancher Wrangler, der einmal nach Europa gebracht wurde, je wieder vor den Toren seiner Geburtsstätte steht! Doch wir quälten unseren fahrbaren Untersatz über Stock und Stein, Schlamm und Sandpisten, Asphalt und Schnee und musste dafür ganze 225‘000 Kilometer hinter sich bringen. Nachdenklich schauten wir uns – Chantal und ich – in die Augen und hoffen insgeheim, dass unser Jeepli noch einmal so weit halten wird – schlussendlich ist unsere Weltumrundung noch lange nicht zu Ende!
Im südlichen Teil des Eriesees war der Frühling definitiv eingezogen und hinter der Scheibe wärmte sie wunderbar. Nach dem langen Winter mit Schnee und Eis begann die Natur zu leben und in unserem Innern machte sich eine ungeheuerliche Energie breit. In diesem Moment hätten wir Bäume ausreissen und gleich nach Alaska durchstarten können.
Die Landschaft huschte an uns vorbei und war im morgendlichen Licht besonders eindrucksvoll. Die vielen Industriekomplexe, die überall an bester Lage dem Seeufer entlang stehen, fanden wir eher als Störobjekte als sehenswert. Vermutlich war es einst der gute Seezugang, die Arbeitskräfte und lokalen Bedingungen für deren Ansiedelung ideal. Aber nicht nur die Industrie kann manchmal störend sein, auch die immensen touristischen Angebote können der schönsten Landschaft viel wegnehmen und die Erholung zum Stress werden lassen.
Nach Cleveland folgte Pennsylvania und wir kehrten in den eisigen Winter zurück! Keine 200 Kilometer gefahren und schon standen wir auf Eisschollen im Eriesee; im Südwesten erlebten wir den Frühling mit all seinen Farben und Düften, hier noch tiefster Winter, und ein kalter Nordwind huschte uns um die Ohren.
In den unzähligen Hafenanlagen standen die Jachten immer noch draussen auf den Trockendocks, während die Pick-ups mit ihren riesigen Auspuffröhren wie Ozeandampfer um diese herum dröhnten; für die Einen ein Genuss und Musik, für die anderen eher viel Lärm um nichts.
Nach ein paar Kilometern war wieder einmal eine Pause angesagt und zwischen stillgelegten Grossindustrien fanden wir ein entsprechendes Plätzchen in einer neugenutzten Freizeitanlage. Während wir auf den Hafenmauern uns schlotternd hin und her bewegten, spazierten viele Leute über die Eisfläche, als wäre dort irgendein Wanderweg. Andere wiederum vergnügten sich in der frischen Brise mit Eisfischen.
Obwohl Chantal nur noch fangfrischen Fisch verzerren darf, wäre dieser Kühlkasten nichts für mich und mein schlotternder Körper.
Während den Sommermonaten zwängen sich vermutlich tausende Menschen an die Abschrankungen der Niagarafälle. An diesem Nachmittag wagten sich jedoch nur wenige asiatische Touristen hierher. Gemeinsam bestaunten wir das Naturschauspiel und froren uns die Füsse ab. Bevor es anderntags weiter ging, mussten wir noch einmal die Niagarafälle aufsuchen, um diese und das gegenüberliegende Kanada, von Sonnenlicht, Eis und Schnee verziert, zu geniessen. Von der USA-Seite sieht es wirklich anders aus und die Blicke in die hufeisenförmigen Fälle als auch den darunter folgenden Whirlpool empfanden wir aus kanadischen Sicht eindrücklicher.
Beim Ontariosee folgten wir erneut dem südlichen Ufer entlang nach Osten. Für die Schneemobile war auch hier Saisonende und trostlos stand sie irgendwo vor den Häusern in einer Wasserpfütze. Die vielen Schilder in den Feldern und Wäldern erinnerten an den motorisierten Winterspass und brachten uns immer wieder zum Schmunzeln: Verkehrsschilder mitten auf der grünen Weise.
Das nördliche Gebiet des Bundesstaat New York mit den familiengeführten Farmen und gestalteter Landschaft bewegten meine heimatlichen Gefühle stark. Die vielen Milchfarmen, aber auch Obstanlagen als auch Weinanbau waren für mich fast wie ein „zu Hause“. In den vielen Kleinstätten, wo die Landwirtschaft noch heute im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit steht, kamen oft und zu Chantals’s Ärger immer wieder diese Worte aus meinem Munde; „ach sieh da, das ist für dies und jenes“. Und natürlich musste alles immer wieder fotografiert werden!
In den Obstplantagen und Reben wurde bereits intensiv gearbeitet und dem Gehölz die entsprechenden Schnitte verpasst, als wir uns vom Ontariosee erneut entfernten und in eine gebirgigere Landschaft hinein fuhren, um dem Winter endgültig auf Wiedersehen zu sagen.
Die höher gelegenen Ortschaften wie Indian-, Saranac- oder Tupper Lake zogen uns in ihren Bann und schon standen wir in den Wäldern der Adirondack Mountains, wo sich während der Sommerzeit viele Menschen in der Natur bewegen und, gemäss den vielen Werbeplakaten am Strassenrand, unzähligen Freizeitmöglichkeiten nachgehen können, doch für diese waren wir definitiv zu früh unterwegs. 😉
Wir hatten gedacht, dass der Winter für uns definitiv vorüber wäre. Doch weit gefehlt; Der kalte Geselle hatte uns wieder fest im Griff und campen war momentan endgültig vorbei. Zum Einten konnten wir die möglichen Plätze schneebedingt nicht erreichen, zum anderen war es uns abends und nachts definitiv zu kalt! Das Thermometer sank immer wieder unter -10°C und da wären wir wahrscheinlich definitiv erfroren.
Wir kosteten unsere (Visa-) Zeit in den USA praktisch bis zum letzten Tag aus. Während die Bauern die Ahornbäume anzapften, um den kostbaren Saft für den Ahornsirup zu gewinnen, bewegten wir uns der kanadischen Grenze entgegen. Ein sonderbares Gefühl machte sich in uns breit; es war wie ein „nach Hause gehen“, aber dort – in Kanada – ist ja nicht unser zu Hause! Oder war es die Spannung vor dem Grenzübertritt, schlussendlich lasen und hörten wir schon unterschiedliche Geschichten. Das Gefühl blieb, obwohl das Passieren der Grenze eine Angelegenheit von 10 Minuten war, ohne irgendwelche Schikanen. Freundlich wurden wir von den amerikanischen Grenzbeamten verabschiedet und danach von den kanadischen willkommen geheissen.
In Québec war es weder Winter noch Frühling: Während auf einigen Feldern noch viel Schnee lag, waren andere schon frei und in den Wäldern wurden die Ahornbäume mit Schläuchen zu Labyrinthen zusammen gebunden. Zuerst wussten wir nicht, was diese Schläuchen zu bedeuten habe und dachten an irgendwelche Abschrankungen oder Tiergehege. Doch weit gefehlt – hier werden intensiv die Ahornbäume für den zuckerhaltigen Saft angezapft und über Schläuche gleich in die „Ahornsirup-Küche“ geleitet. Gemäss unserer Information bewegt sich die südliche Grenze der Nutzung der Ahornbäume immer mehr in nördlicher Richtung. Ob dies etwas mit der Erderwärmung zu tun hat, konnte uns jedoch niemand sagen, aber, dass sich die schlechte oder falsche Waldpflege sehr schnell auf die Wälder und den Ahornbestand auswirkt. Auch Petrus soll bei der Ahornsaftgewinnung eine entscheidende Rolle spielen; ideal sind Temperaturen von -7°C nachts und +7°C tagsüber. Die Erntezeit ist für den Farmer eine sehr kurze intensive Zeit und die Hektik entsprechend gross. Sobald die Bäume Knospen bilden ist es vorbei.
Gleich nach der Grenze Québec-Ontario liegt auf der Seite von Ontario die Farm von Cousin Philipp, wo der erste Stopp eingelegt wurde und wir das erste Hallo vernahmen. Es gab viel zu erzählen und zu dieser Zeit, wo auf den Farmen noch fast alles ruht, hatte man auch entsprechend viel Zeit für ausgedehnte Plauderstunden.
Eisregen und Schneefall begleiteten uns auf der nächsten und momentan letzten Etappe entlang des Ottawa-River hinauf zu unserm nächsten Domizil, wo wir uns für den nächsten grossen Sprung vorbereiten werden.
Auch hier; ein herzliches Willkommen, macht es euch einmal bequem und erzählt was ihr auf dem Weg durch die Weiten Amerikas alles erlebt habt. Eigentlich schöne Momente, die manchmal einfach zu schnell vorbei gehen.