In der Falle

>Bilder ganz unten!

…gefangen im Südwesten Portugals
Haben wir mit der Flucht von Spanien nach Portugal aufs falsche Pferd gesetzt? In der südwestlichen Ecke erreichten uns täglich neue Meldungen über irgendwelche weiteren Corona-Massnahmen. Selbst aus Spanien waren die Nachrichten nicht besonders aufmunternd und ab einem bestimmten Datum musste ein negativer PCR-Test (Corona-Test) mitgeführt werden. Bei unserer Abreise in Andalusien hofften wir auf eine baldige Abschwächung der Schutzmassnahmen.

In Portugal selbst konnten wir die südliche Region nicht verlassen, da die nördlichen Landkreise für touristische Reisen kaum noch befahren werden konnten. Viele Städte und Orte waren bereits mit Sondermassnahmen belegt. Ebenfalls im Süden Portugals kam eine Stadt nach der anderen zur Sonderzone. So planten wir wieder fleissig an einer noch machbaren Möglichkeit, um alle Schikanen irgendwie umgehen zu können und wieder zurück an die Costa del Sol fahren zu können. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!

So folgten wir der Westküste nordwärts, immer auf der Suche nach dem westlichsten noch fahrbaren Weg. Unser Reisetempo war nicht sonderlich hoch, dafür erreichten wir Orte, wo wahrscheinlich nur die Einheimischen die Wege kennen. Obwohl wir öfters zur Umkehr gezwungen wurden, da der Weg weggespült war oder ein Erdrutsch die Durchfahrt versperrte, waren es tollte Tage, die wir entlang der Küste erlebten; Offroad pur und niemand hatte etwas dagegen.

Kurz vor Sines – eine Stadt, die ebenfalls zur „verbotenen Zone“ gehörte – drehten wir nach Nordosten ab und verliessen die Küstenregion. Von den schroffen Klippen und weiten Sandstränden stiegen wir sanft bergan ins Hinterland vom atlantischen Ozean weg. Nebst den weiten Feldern durchstreiften wir immer mehr Korkeichenwälder, gefolgt von fast endlosen Eukalyptuswäldern. Die wenigen Orte, die wir durchfuhren, machten auf uns einen verträumten Eindruck und fast nur alte Leute waren zu sehen. Wir fragten uns immer wieder, wo die jungen Menschen seien, doch mit einer guten Ausbildung finden sie hier kaum eine entsprechende Arbeit und die wenigen Leute, die in der Landwirtschaft tätig waren, sind fast ausnahmslos aus Afrika.

Neben einem Speichersee fanden wir in einem offenen Korkeichenwald eine wunderbare Bleibe für die folgende Nacht. Es war ein Platz, wo man noch viele Tage bei absoluter Ruhe hätte bleiben können. Stattdessen stöberten wir noch etwas im Internet herum und es schlug wie ein Blitz in unsere „Welt“ ein: In Spanien riegeln sich die Regionen und Provinzen gegenseitig ab und dies liess unsere Träume der Rückkehr über Schleichwege gleich platzen. Unser Spielraum wurde stark eingeschränkt und lange sassen wir schweigend vor unseren Weingläsern. In unseren Gedanken drehte sich alles im Kreis und lange wussten wir nicht, was richtig sei oder wie unsere Lösung aussehen könnte. Von der nahen Weide hörten wir das Geläut der Kuhglocken, als wäre es irgendwo in den Alpen und langsam verzogen wir uns im den, etwas wärmeren, Wohnteil unseres Jeeps; vielleicht werden wir eine Lösung in den Träumen finden.

Anderntags waren unsere Gedanken wieder etwas klarer. Nach dem Abwägen der Vor- und Nachteile einer Rückreise nach Spanien oder dem vorläufigen Verbleib in Portugal war unser Entschluss bald gefällt. Wir möchten unsere Rückfahrt nicht auf ein eventuelles Lügengerüst stellen, denn Lügen haben oft kurze Beine und im Zusammenhang mit den Behörden könnte dies vermutlich fatale Folgen haben.
Wir zogen den noch möglichen Genuss in Portugal vor und hofften, dass das Wetter noch eine gewisse Zeit uns wohlwollend gesinnt sein würde.

In São Domingos drehten wir von unserer geplanten Route ab und steuerten unser Gefährt durch eine gebirgige Landschaft wieder zurück in südwestlicher Richtung. Erneut versuchten wir unsere Backroad zu finden. Die gewählte Route gefiel uns beiden sehr gut; weite Felder, unendliche Weiden gefolgt von noch grösseren Wäldern. Dazwischen Taleinschnitten mit Flussdurchfahrten, wo gleich der Unterboden vom Jeep gewaschen wurde. So holperten wir tagelang über Schotterstrassen und schmale Waldwege, mussten oft umdrehen, da der Weg plötzlich nicht mehr passierbar oder für unsere Verhältnisse zu steil war; ein Rubicon (Jeep Modell) kann zwar viel, aber überhängend geht beim besten Willen nicht. 😉
Dafür gab es mitten in der Landschaft unser erstes Jeep-Treffen mit anderen Reisenden und mitten auf dem Weg machten wir einen intensiven Erfahrungsaustausch.

Samstags und sonntags war auch in Portugal ab 13 Uhr bis zum kommenden Morgen um 5 Uhr ein „Lockdown light“, und so verzogen wir uns auf den nächsten Campingplatz. Schlussendlich mussten wir wieder einmal unsere Kleider waschen, und nach der Fahrzeugreinigung folgte noch die persönliche Wäsche. Vom verordneten Lockdown spürten wir eigentlich gar nichts, der Lärm und Betrieb auf den Strassen war alles andere als eingeschränkt.

Montags setzten wir dann unsere Abenteuerfahrt fort und die gesuchten Backroads brachten uns zurück zur Träumerei; das Suchtpotenzial war entsprechend gross. Wurden uns die wenigen Teerstassen zu holperig, schon bogen wir ab und setzten unsere Fahrt auf irgendeinem Weg fort; für mich (Tom) eine Spielwiese als wäre ich mit meinem Mountainbike im häuslichen Revier unterwegs.

Die Suche nach einer Gasfüllstelle – wir befüllen unsere Gasflasche mit Autogas – brachte uns für eine Nacht kurz an die Südküste zurück, ehe wir uns wieder ins Hinterland zurückzogen. Die Einsamkeit gefiel uns immer noch besser als die städtischen Gebiete und den Wohnmobilparks, wo für die vierrädrigen Reisefreunde alles zur Verfügung steht, ausser einer stinknormalen Toilette.

So durchquerten wir ein aber Mal den südwestlichen Gebirgszug um an die Atlantikküste zu gelangen. Leider kündigten die Wetteraussichten viel Feuchtigkeit an und diese setzte auch bald ein. Trotz des kalten Windes aus nördlicher Richtung, begünstigte die Feuchtigkeit die abendlichen Mücken. Unsere Camps wurden immer ungemütlicher; nebst der Mückenplage sank nach Sonnenuntergang die Temperatur in den einstelligen Bereich. So verzogen wir uns sehr früh in unser kleines Hause zurück und, früher als gewohnt, unter die warme Decke.

Wir hatten dadurch auch sehr viel Zeit, wo wir uns viele Gedanken über den weiteren Verlauf unserer Reise machten. Einfach hier aussitzen und abwarten? Oder unser Unternehmen erneut unterbrechen und in der heimatlichen Schweiz auf bessere Zeiten warten?

Eine eindeutige Antwort fanden wir nicht, da alles für uns kaum abschätzbar war und wir mehr auf eigene Vermutungen bauen mussten. Dass die Grenzen ins nördliche Afrika bald öffnen würden war so unwahrscheinlich wie das Wegfallen der weltweiten Corona-Pandemie als auch ein baldiger Temperaturanstieg, der unser Draussen sein etwas gemütlicher machen würde. Ende November war es erneut sehr kalt und regnerisch. Selbst hartgesottene Camper wie wir hatten immer grössere Mühe uns bei Laune zu halten. Morgens wollten wir nicht unter der warmen Decke hervor kriechen und abends ging es beinahe mit Sonnenuntergang wieder hinein; es war einfach sehr frisch und die abendliche Feuchtigkeit kroch unangekündigt unter die Kleidung.

Der Entscheid einer erneuten Unterbrechung lag uns beiden zuvorderst auf den Lippen. Wir hatten keine grosse Lust, einfach hier rumzuhängen und abzuwarten, was vielleicht passieren könnte. Auch hatten wir uns nicht für einen längeren Aufenthalt im südwestlichen Europa vorbereitet, was die ganze Situation noch etwas verstärkte. Wann und wie schnell es nordwärts gehen wird, wussten wir ebenfalls nicht genau. Unsere Informationen waren lückenhaft und teils widersprachen sie sich.

Die Informationen, die wir von verschiedenen Reisenden erhielten, die vom Norden in den Süden reisten waren zwar hilfreich, doch eher subjektiv. Auch hatten wir mit dem Begriff „Transit ins Heimatland“ unsere Mühe; war bei dieser Interpretation der schnellst mögliche Weg gemeint, oder einfach Transit, egal auf welcher Strasse? Die Informationen seitens des Botschafters in Madrid waren diesbezügliche nicht sehr hilfreich.

So machten wir uns Ende November auf den Weg von Portugal nach Spanien mit dem Unwissen, wie es nachher weiter gehen wird oder könnte. Nach den ersten Feiertagen im Dezember soll es zu einer gewissen Lockerung kommen und den Spaniern wieder etwas mehr Freiheit geben, was sich für unsere Ankunft in  Spanien sicher positiv auswirken könnte. Wie hatte ich es schon einmal gesagt; „die Hoffnung stirbt zuletzt“. Hoffentlich!