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„Wir flohen in den Süden nach Kreta und fanden den Winter! Schnee bis 600 Meter über Meer…. (doch vorerst einmal eins nach dem andern. 😉 )
Nach einer langen Nacht auf der Fähre erreichten wir morgens Iráklio, bzw. Chaniá auf Kreta. Die Sonne lachte uns schon seit den Morgenstunden entgegen und wir genossen die Wärme auf dem Deck der Fähre und fühlten uns wie auf einer kleinen Kreuzfahrt.
In Chaniá besorgten wir uns genügend Lebensmittel, tankten und wollten noch unsere Gasflasche auffüllen lassen. Doch auch auf Kreta werden keine mitgebrachten Gasflaschen gefüllt und zähneknirschend mussten wir eine neue 3 kg-Gasflasche kaufen. Dabei empfahl uns der Verkäufer, wir sollen unbedingt an die Westküste fahren, da es dort die schönsten Sonnenuntergänge von Kreta, ja sogar von ganz Griechenland gäbe. So fuhren wir bei wunderbaren Wetterbedingungen der Nordküste entlang in Richtung Westen, bogen aber oft von der Hauptverbindung ab und genossen auf Nebenstrassen und Wege die weitläufigen Olivenhaine, die Sicht an die nahen Bergflanken und das weite Meer unterhalb von uns. Überall wurde fleissig in den Olivenplantagen gearbeitet; ob beim Pflücken oder bereits am Zurückschneiden der Bäume.
Je weiter wir in Richtung Westen fuhren, desto karger wurde die Landschaft; die Olivenkulturen waren nur noch in den Taleinschnitten zu finden und die weiten und mehrheitlich kahlen Hänge wurden mit vielen Schaf- und Geissherden bewirtschaftet.
Endlich erreichten wir die Westseite von Kreta und etwas nördlich von Sfinári fanden wir unseren Platz mit einer wunderbaren Sicht auf das sich westlich ausbreitende Meer. Ja, der Verkäufer hatte Recht: Der Sonnenuntergang war wirklich wunderbar und wir sassen noch lange in unseren Stühlen und schauten den letzten Strahlen hinterher, wie sie am Horizont im Meer verschwanden.
Was wir an diesem Abend aber nicht erahnen konnten war, dass unser Ankunftstag der schönste auf Kreta sein würde! Schon am nächsten Morgen fielen bei der Abfahrt die ersten Tropfen auf unser Auto. Zum Glück erreichten wir die Fahrt durch die Bachfurchen zurück auf die geteerte Strasse ohne grossen Probleme – diese waren sehr ausgewaschen und mit ein wenig mehr Wasser wäre eine Rückfahrt vermutlich problematischer verlaufen.
Nebst schroffen Abhängen und Ansiedlungen, wo wir uns immer wieder fragten, was hier wohl die Menschen in dieser Gegend hält, folgten auf den ebnen Feldern riesige und mit Plastikfolie bespannte Gewächshäuser, wo allerlei Gemüse gezogen wird. Wie und über welche Strassen die ganzen Produkte abtransportiert werden, fragten wir uns immer wieder, da die Strassen teilweise sehr schmal, steil und ausgesetzt sind.
Die südwestliche Ecke war für uns nicht besonders einladend; der Wind blies dermassen heftig, dass ein Aufenthalt ausserhalb des Autos eher ungemütlich war und nur die Kite-Surfer bei Laune hielt. Auch unsere Idee hier zu campen, war bald im Winde verblasen und wir hatten keine Lust, uns im Auto, bzw. Campabteil zu verkriechen. Kurzentschlossen fuhren wir weiter über die südwestlichen Berge und stiegen viele steile Übergänge hoch. Der Weg führte uns erneut durch und über eine karge Gebirgslandschaft, wo es nebst Schaf- und Ziegenzucht wohl keine andere Möglichkeit gibt, etwas von der Landschaft abzuringen. Ob die grossen Herden die karge Landschaft nicht etwas überstrapazieren und die Flächen überweidet werden, hoffen wir zwar nicht, aber die sehr kahlen Flächen könnten unserer Vermutung Recht geben. Westlich von Palaiochora erreichten wir erneut das Meer und, im Gegensatz zur Gebirgslandschaft, wird hier auf Meereshöhe alles Mögliche in Gewächshäusern angebaut.
Wetterbedingt suchten wir eine gute Übernachtungsmöglichkeit und fanden ihn auf einem geschlossenen Campingplatz, wo die Besucher die Olivenbäume schnitten und das Geld für den Besitzer einkassierten. Kurz darauf regnete es dermassen, dass wir froh waren, einen sicheren Standplatz für die Nacht zu haben! Während der kommenden Nacht prasselte der Regen dauernd so stark auf unser Aufstelldach und wir hofften, dass bis zum kommenden Morgen alles dicht bleiben würde.
Auf der ganzen Insel waren die Wetteraussichten für die nächsten Tage sehr schlecht, viel Niederschlag, frische Temperaturen und starke Sturmböen waren angesagt. An der südöstlichen Küste sollte es trotz des kräftigen Tiefs über der Ägäis trocken bleiben. Unser Entschluss war bald gefast: Die Fähre für die Weiterfahrt nach Rhodos umbuchen und so schnell als möglich an die östliche Südküste!
Dass wir bei dieser grossen Runde quer durch Kreta uns durch Schneematsch pflügen und an der Nordküste das Meer die Wellen weit über die Küstenstrasse schleudern würde, ahnten wir bei unserem Entschluss noch nicht; es war eine Fahrt durch extreme Verhältnisse, die das Sonnenparadies Kreta plötzlich in einer anderen Ansicht erscheinen liessen. Bei kräftigen Regen und Sturmböen erreichten wir den östlichen Teil von Kreta und waren froh, in einer Herberge ein Nachtlager gefunden zu haben. Wir studierten die Wetterprognosen noch und noch: Der Wirbel des Sturms blieb in der Ägäis beinahe stationär und sorgte weiterhin für viel Feuchtigkeit und frischen Wind. Unsere Frage drehte sich immer mehr nach dem „Wohin“ und was das Beste wäre.
Trotz dem Tief über der Ägäis fuhren wir der Küstenstrasse weiter entlang nach Osten, durchstreiften viele Orte, die zur winterlichen Zeit nur durch wenige Menschen bewohnt sind und erreichten, nach der letzten Stadt Sitia den Nordostzipfel. In Sitia war noch eine gewisse Geschäftigkeit, sonst waren wir fast alleine unterwegs; Kreta wirkte in diesem Teil und Jahreszeit etwas gespenstig und menschenleer.
Von der Nordostecke ging es quer durch die Landschaft zur Südküste und auch auf dieser Strecke begegneten wir nur einer Handvoll Autos. In den vielen kleinen Orten hatten wir immer wieder den Eindruck, dass die Menschheit ausgestorben wäre. Beim Erreichen der Südküste änderte sich das Bild von Verlassenheit zur emsigen Tätigkeit. In abertausenden Treibhäusern, wo vermutlich für viele EU-Länder günstiges Gemüse produziert wird, wurde fleissig gearbeitet und die frische Ware mit riesigen Lastwagen abtransportiert.
Ierapetra, vermutlich das „Gemüsezentrum“ der Südküste, durchstreiften wir nur kurz, da wir weder einen Traktor noch Kultivator benötigten und fuhren weiter der Küste entlang nach Westen; dort soll angeblich das Wetter noch etwas besser sein.
Abwechslungsweise durchquerten wir Gewächshäuserreihen oder leere Ferienhaussiedlungen, wo zur Sommerzeit abertausende Feriengäste ihre Ferienzeit am Meer mit viel Sonne geniessen.
Bei einer Fahrt in die Berge wurden wir erneut durch den Neuschnee gestoppt und zur Umkehr gezwungen; ab 600 Meter über Meer lag schon Schnee! Für unseren Jeep etwas zu viel; Geländereifen – sind leider keine Winterreifen – und auch Schneeketten hatten wir keine dabei; wir kapitulierten! Bei der Rückfahrt zur Küste erreichten wir per Zufall die Gedenkstätte von Viannos, wo am Ende des zweiten Weltkrieges die deutsche Wehrmacht die Bevölkerung von mehreren Dörfern in einem Schlag auslöschte. Über den Grund rätselt man heute noch!
Nachdenklich liessen wir uns an der Küste in der Nähe einer Kapelle für die kommende Nacht nieder, schauten aufs offene friedliche Meer hinaus und fragten uns, was Menschen zu solchen Taten bewegen kann; es hat doch für alle genügend Platz und eigentlich wünschen sich ja alle das Gleiche; eine friedliche Zeit auf dieser Erde.
Ausser dem Wind beruhigte sich die Wettersituation, so dass wir Sitia erneut über Nebenwege und Pfade entgegensteuern konnten. Nebst der Navigatorin war auch unser mobiles Heim auf den Wegen sehr gefordert; steil, schlammig und ausgesetzt ging es über die Berge zurück an die Nordküste, wo uns die Fähre nach Rhodos bringen wird.
In Folge des stürmischen Meeres wurde die Abfahrt von Samstagmittag auf Sonntagmorgen verlegt, d.h. wir mussten uns um halb fünf im Hafen einfinden. Die Fahrt ab Sitia/Kreta dauerte auch seine Zeit; unser Schiff steuerte verschiedene Inseln an und war quasi für die Feinverteilung zuständig. So konnten wir unsere Mini-Kreuzfahrt bei Sonnenschein und ohne irgendwelchen Luxus bis zum späten Nachmittag geniessen. Die emsigen Tätigkeiten an den jeweiligen Anlegestellen waren immer sehr spektakulär und sorgten für Abwechslung.
Den Besuch von Rhodos, den Hauptort der gleichnamigen Insel, verschoben wir gleich ans Ende unserer Inselreise. Doch bevor es auf die Inseltour ging, erledigten, bzw. wollten wir noch kurz zwei Sachen erledigen: die Fährüberfahrt nach Marmaris/Türkei buchen und beim Schweizer Konsulat wegen der gestohlenen Identitätskarte vorsprechen. Schon bei der Buchung der Überfahrt gab es unserseits das erste „Hallo“: Das Schiff fährt nicht immer, wird öfters storniert und falls dicke Wolken über der Ägäis liegen sollten, fährt es ganz sicher nicht! Ups!
Und das Konsulat; tja, dies fanden wir relativ schnell im Gewimmel der Altstadt und das wunderbare Schild mit Schweizerkreuz verhiess wieder einmal Schweizerqualität. Eine weitere Stunde brauchten wir um einen Parkplatz in der Nähe zu ergattern. Und dann die Überraschung: Im Gebäude war nichts mehr zu finden und im Büro nebenan wusste man nicht einmal, dass so etwas hier sein soll. Vermutlich wurde der Konsular pensioniert und das Konsulat still und heimlich geschlossen; eben Schweizerqualität!
So starteten wir unsere Tour rund um die Insel Rhodos im Uhrzeigersinn und bei Sonnenschein steuerten wir entlang der Südostküste von einem verwaisten Ferienort zum nächsten. Ganze Städte von Ferienanlagen baute man an wunderschönen Ecken hin, die zur Hauptsaison wohl nicht mehr so wunderbar sein werden, da zu viele Menschen der Sonne, Meer und möglichst viel Fun hinterher hetzen. Immer wieder verliessen wir die Küstenstrasse und kurvten irgendwelche Wege hoch in die bergige Landschaft, um auch etwas anderes als nur Hotels und Ferienanlagen zwischen den Meeresbuchten zu erleben.
Gleich vorweg: Nebst Kreta ist auch Rhodos ein wahres Offroad-Paradies, wo man überall fahren darf. Die starken Regenfälle bis Mitte Januar hatten auch auf Rhodos viele Wege in reinste Wühlabschnitte verwandelten und oft mussten wir mit der Schaufel einzelne Abschnitte entschärfen. Sehr oft mussten wir aber „Forfait“ geben und um 180° drehen und die ganze Holperstecke zurück zur nächst möglichen Abzweigung oder Wegvariante fahren.
Nebst Schaufel, Säge und anderen Ideen mussten wir einmal unseren Jeep nach mühsamen Vorbereitungen mit der Seilwinde aus einem Schlammloch ziehen. Die Arbeiten zogen sich infolge keiner geeigneten Ankermöglichkeit sehr in die Länge, da diese zuerst in viel Handarbeit aus dem Boden geschaufelt werden musste.
Während der ganzen Arbeit hatte ich (Tom) immer das Gefühl, dass wir beobachtet würden, aber im Gegensatz zu Nordamerika, bot uns niemand konkrete Hilfe an. Nach der „Wühlaktion“ mussten wir anschliessend auch mehrere Waschstationen anfahren, bis sich jemand bereit erklärte, unser Auto vom grössten Schmutz wieder zu befreien; entweder war gerade die Elektrik defekt oder es stand kein Wasser zur Verfügung.
Entlang der Küste ganz im Süden stossen viele Feldern direkt bis zum Meer abwechselnd mit menschenleere und weite Strände, so wie auch Landwirtschaft gefolgt von ausgedehnten Wäldern. Wir fuhren durch viele Orte, die malerisch an steilen Gebirgsflanken gebaut wurden und oft gab es Wege und Strassen, wo es für uns kein Durchkommen gab. Markant war auch der Unterschied zwischen Ost- (Tourismus) und Westseite (Landsleute/Landwirtschaft).
Selbstverständlich kraxelten wir – auf vier Rädern natürlich – auf den höchsten Punkt von Rhodos, den 1215 Meter hohen Attavyros und wollten dort oben den Sonnenuntergang geniessen. Leider blies uns der Wind beinahe vom Berg und erst auf halber Höhe war es endlich in einem offenen Föhrenwald einiges angenehmer, wo wir bei einem Feuer uns für die Nacht einrichteten.
Anfänglich war die Zeit, die wir auf Rhodos infolge der Fährüberfahrt zu verbringen hatten, gefühlsmässig sehr lange und wir hatten ein beklemmendes Gefühl der Gefangenheit. Schlussendlich verflog die Zeit im wahrsten Sinne des Wortes und die letzten Kilometer mussten wir uns nach Rhodos (Stadt) beeilen. Keine Offroad-abenteuer mehr, wo Schaufel, Säge und Seil benötigt würden und auch keine Besuche mehr in Weinkellereien, da für unsere Weiterreise die Einfuhr von alkoholischen Getränken limitiert ist.
Der Besuch der historischen Altstadt Rhodos viel schlussendlich zeitlich etwas kurz aus. Auch war zur Zeit unserer Erkundungen saisonbedingt vieles geschlossen. Überall wurde gearbeitet und die Gebäude für die baldige Saison umgebaut oder saniert. So konnten wir uns auf das Bestaunen der alten Gebäude konzentrieren und das mögliche Geldausgeben in den vielen Souvenir- und Touristenshops wurde uns gleich erspart.
Endlich war Mittwoch, das Wetter günstig, eher windstill und Chantal erhielt noch kein SMS, dass die Fährverbindung storniert wäre; wir freuten uns, die Insel verlassen und unsere Reise auf dem „Festland“ fortsetzen zu können. Etwas nervös steuerten wir in Rhodos in den internationalen Hafen und waren etwas angespannt. Wie wird wohl die Überfahrt und was erwartet uns drüben in der Türkei?
Bald schaukelte ein kleines Boot mit roter Flagge und Halbmond in den Hafen; tja, es geht weiter!