Nordamerika – nicht nur durch die rosa Brille!

An einer Ausfallstrasse westlich von Washington.

Seit bald 6 Monate kreuzen wir durch den östlichtchen Teil des nordamerikanischen Kontinent und bereits über 25‘000 Kilometer durften wir die verschiedensten Fassetten der neuen Welt erleben.

Wir erlebten auch ein Amerika, wie wir es uns kaum erwartet haben; die Leute sind wirklich offen, immer freundlich und sehr hilfsbereit. Die mulmigen Personen kann man an einer Hand abzählen und sind kaum der Rede wert.
Aber auch die Landschaften als auch urbanen Gegenden waren immer wieder für Überraschungen bereit und sind in der alten Welt kaum so zu finden wie hier; einfach alles grossartig.

Trotz aller Schönheit und Grossartigkeit – gewisse Dinge stachen bald ins Auge und stimmten uns zu einer gewissen Traurigkeit. Obwohl fast unendlich viel Schönheit und Natur in Hülle und Fülle vorhanden ist, liegt manches im Argen und zeigt die Zerrissenheit in der Bevölkerung.

Teilweise erlebten wir bei den Leuten eine riesen Gleichgültigkeit und es ist fast selbstverständlich, dass man den Kaffeebecher nicht in den Abfalleimer, der notabene bei der Ausfahrt aus dem Drive-In liegt und selbst mit dem Auto erreichbar wäre, sondern 2 Meter weiter einfach in die grüne Wiese schmeisst. Kaffeebecher, Pet-Flaschen und Aludosen sind am Strassenrad omnipräsent.

Stammen doch nicht alle grossen Umweltbewegungen oder Organisationen für eine bessere Welt eben aus der neuen Welt? Grosse Persönlichkeiten schrieben unzählige Werke über den Zustand dieser Welt und zeigten Wege auf, die vielleicht in eine andere Richtung gehen würden.

Andere wiederum spenden Millionenbeträge, notabene mit einem riesigen PR-Hintergrund, für irgendwelche Umwelt- und Sozialanliegen und hoffen, dass es der Welt vielleicht etwas besser gehen wird. (Heruntergebrochen auf mein kleines Portemonnaie ist es für einen Milliardären, resp. Billiardären fast das Gleiche ist, wie ich irgendjemanden für ein Nachtessen einladen würde!)

Dass auf diesem Kontinent ohne Auto fast nichts geht, erlebten wir schon ein paar Mal. Auch wir sind ein Teil dieser Fortbewegung und tragen Unseres vielleicht an den Verkehrsproblemen dazu bei. Wir bewegen uns zwar in einem Geländewagen, aber hier ist unser Jeep eher ein Kleinwagen. Die Amis lieben ihre vierrädrigen Dinger über alles und machen fast alles für ihren Untersatz. Je weiter man urbane Gebiete verlässt je mehr heisst das Motto; grösser, höher und lärmiger; ein richtiger Mann hat einen richtigen Truck! Der Verbrauch spielt anscheinend keine Rolle und günstiges Benzin ist fast wie ein ungeschriebenes Menschenrecht.

Nicht nur Generatoren lässt man auf dem Naturcampingplatz durch die Nacht hindurch laufen, auch laufende Motoren vor dem Shoppingcenter gehören zum Standard, schlussendlich soll alles schön kühl bleiben und für ein angenehmes Klima sorgen.

Die Amerikaner lieben ihr Land und die Natur und viele nutzen jede erdenkliche Minute um ins Grüne zu fahren. Doch meist kommt der ganze gewohnte häusliche Komfort mit. Kehrt man anschliessend wieder nach Hause, bleiben immer irgendwelche Spuren des Menschen in Form von Kleinigkeiten zurück, als würden sich diese Sachen anschliessend von selbst auflösen.

In den Wäldern, selbst in Staats- oder Nationalparks, findet man in den hintersten Ecken irgendwelche Bierdosen oder Pet-Flaschen und anderen Unrat. Die Entsorgung in den Wäldern scheint hier noch an der Tages-, resp. Nachtordnung zu sein und ganze Wohneinrichtungen findet man ganz unerwartet in irgendeiner abgelegenen Waldecke, obwohl überall kommunale Entsorgungseinrichtungen vorhanden wären und Verbotsschilder hohe Bussen androhen.

In gewissen Orten wird der Müll fein säuberlich getrennt in die entsprechende Tonne entsorgt, eine Stadt weiter schmeisst man das Ganze einfach in die bereit gestellte Tonne. Vermutlich wandert ja alles auf die gleiche Halde und eine Müllverbrennung kennt man hier anscheinend noch nicht.

Im südlichen Florida sind jedenfalls alle Erhebungen, wo riesige Lastwagen hochfahren und Vögel am Himmel kreisen, keine Berge, sondern riesige Müllhalden. Und wer es nicht sehen mag, der riecht es bei der Vorbeifahrt mit Bestimmtheit.

Ganz im Süden von Florida wird man zum Beispiel von den dauernden Kämpfen ums Wasser zwischen der Natur, der intensiven Landwirtschaft und immer mehr wachsenden Metropolen konfrontiert. Jedes weitere Gemüsefeld oder neu erstellte Gebäude zweigt erneut einen Wasseranteil bei den natürlichen Wasserzuflüssen zu den Feuchtgebieten ab, wo die Trockenperioden immer länger werden und das empfindliche Ökosystem negativ beeinflusst wird, was sich wiederum auf den Grundwasserspiegel wiederspiegelt.

Oder, dass gewisse Fischsorten aus den Binnengewässern nicht mehr bedenkenlos konsumiert werden können, da diese einen zu grossen Quecksilbergehalt aufweisen und, gemäss der Parkinfos, aus der intensiven Landwirtschaft stammen.

Weiter nördlich liegen in Florida hunderte von Springs, wo Wasser anscheinend unerschöpflich aus dem Erdinnern an die Oberfläche strömt und rund 90% der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser versorgen. Die Sensibilität des ganzen Systems ist bestens bekannt und wird in vielen Broschüren der Bevölkerung in verständlicher Weise bekannt gemacht. Trotz eigener Forschung und grossem Wissen wird anscheinend munter am Ast gesägt, wo man drauf sitzt.

Ob nun Links oder Rechts, West oder Ost; in der neuen Welt liegt – fürs europäische Verständnis – einiges schief.
Ich hoffe, dass nie einer hinstehen und erklären muss, wieso das Trinkwasser nicht mehr sauber, der Boden vergiftet und die Luft nicht mehr zum Atmen ist; dann hätten wir – so oder so – alle verloren!