Route 66 – von New Mexico nach Chicago

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Nach der Kälte von Arizona empfing uns New Mexico frisch und feucht. Wir folgten nicht mehr den Backroads durch abgelegene Parke oder Indianer-Reservate ostwärts, sondern versuchten so nah als möglich dem Streckenverlauf der Route 66 zu folgen. Die verbleibende Zeit von den Visa, die Wetteraussichten mit Schnee und grosser Kälte aus den Rockys legte dies uns sehr nahe.

Bereits ab der Grenze Kalifornien-Arizona folgten wir dem Verlauf der legendären Strasse die einmal als Mutter aller Strassen galt und sich quer durch den nordamerikanischen Kontinent zog.
Gleich vorweg: Heutzutage muss man genau auf den Karten nach den letzten Überbleibseln dieser Strasse suchen; vielerorts gibt es sie nicht mehr oder der Verlauf wurde auf eine andere Strasse verlegt. Anderorts führt die 66 über weite Stücke auf „Gravelroads“, oder folgt als Frontroad der Interstate (Autobahn). Geistermotels und aufgegebenen Tankstellen sind noch heute Zeuge von einer längst vergessenen Zeit.
In anderen Staat wird die Strasse wiederum wie ein Museumstück gepflegt, und private Eigentümer tragen mit grossartigen Sachen zum Erhalt dieser Geschichte bei, was das Ganze zu einem speziellen Zeiterlebnis macht.

Wie schon erwähnt, für uns drängte leider die Zeit und längere Aufenthalte an den verschiedenen Highlights konnten wir nicht mehr realisieren. Doch in Albuquerque, der Hauptstadt von New Mexico stoppten wir das erste Mal. In der Old Town fühlt man sich beinahe um mehrere Jahrzehnte zurück versetzt. Auch das Zentrum von Santa Fe liess uns für eine Weile innehalten. Die Spanier prägten diese alten Städte intensiv und werden heute aufs feinste gepflegt. Wir wären noch gerne länger geblieben und warteten vergeblich auf irgendwelche einreitende Cowboys, die vor dem Saloon halt machen würden!

Über die ersten grösseren Erhebungen, was man fast als Pass bezeichnen kann, folgte Las Vegas, was nicht mit der Spielerstadt in Nevada zu verwechseln ist, die heute ein vergessener Ort einer einst grossartigen Zeit bei der Erschliessung des wilden Westen war. Die wenigen Ranchen und alten Leute im Ort halten das öffentliche Leben noch im Gang, die jungen und gut ausgebildeten Leute verlassen angeblich die Gegend in Richtung lukrativer Orte.

In der Hochebene von Conchas, zwischen Las Vegas und Texas, kehrte der Winter definitiv zurück und starker Schneefall begleitete uns den ganzen Tag. Während die Kühe auf den Weideflächen nach Gras unter der Schneedecke suchten, sassen auf vielen Pfählen der Weidezäune Raubvögel und warteten auf wärmere Zeiten.

Nach dem Ort Bushland, kurz vor Amarillo stehen viele Cadillacs kopfüber auf einem Farmfeld. Ein witziger Anblick in diesem flachen Land und jeder, der etwas auf sich hält, sprayt seine Initialen oder sonst etwas auf die Carosserien und sorgt für etwas mehr Farbe in dieser frühlingshafte Landschaft, die in dieser weiten und flachen Umgebung fast untergeht. Eigentlich nur schade, dass anschliessend die Spraydosen ins Feld geschmissen werden und sich niemand darüber stört!

In Amarillo/Texas war es endlich wieder etwas angenehmer, doch die Nacht mit ihrer Kälte zwang uns erneut zu einer Übernachtung im Motel.
Dann erlebten wir wieder einmal Amerika pur, was uns wiederum nicht ganz überraschte: Wir wollten die offizielle Gazell-Vertretung – unser Campingaufbau stammt von dieser Firma – in den USA besuchen. Doch weit gefehlt, nach den ersten vergeblichen Kontaktaufnahmeversuchen per Mail fanden wir den entsprechend Ort, aber selbst der unter demselben Dach ein Museum für Oldtimer führende Nachbar, wusste nur von netten „Guys“, die einmal einen Jeep mit einen solchen Aufbau aus Polen umbauten und konnte uns nur einen entsprechenden Prospekt mit einer anderen Mail-Adresse überreichen. Mehr wusste er nicht, und er hätte sie schon lange nicht mehr gesehen! Schade, hätten wir doch gerne noch ein paar Anregungen weiter gegeben und das Einte und andere in Erfahrung bringen wollen.
Kopfhängend verliessen wir Amarillo in Richtung Osten; wir hätten diese Leute gerne kennen gelernt und unsere Fragen blieben leider unbeantwortet.

Die folgenden Kilometer und das weite Land links und rechts huschten fast unbemerkt an uns vorbei; Farmland links – Farmland rechts, links oder rechts der Interstate 40 und wir auf der alten 66-er.

In Oklahoma folgten endlich wieder etwas mehr Erhebungen und der Weg führte uns wieder öfters weg von der modernen Interstate über ruhige Farmstrassen. Zwar hatten wir immer wieder das Gefühl, nicht auf der Route 66 zu sein, aber die vielen Ruinen und aufgegeben Geschäfte waren immer wieder Indiz, dass wir uns wohl auf dem richtigen Weg befanden.

Missouri, mit seinen verwinkelten Landschaften, Erhebungen und vielen Flussläufen war wieder wie Balsam für das touristische Auge. Die Taleinschnitte und Hügel waren vermehrt bewaldet und eine grosse Abwechslung zu den bereits erlebten Weiten der Plains, wo es fast nur flache Weideflächen und, aus den Augen eines Touristen, nur monotones zu bestaunen gab.

In St. Louis und dem Überqueren des Mississippi folgte in Illinois wieder ein kompletter Schnitt; erneut alles flach und ein Maisfeld folgte dem nächsten. Die vielen kleinen Farmen wurden durch Grossbetriebe ersetzt und Monstertraktoren schleppten ganze Maschinerien über die endlosen Äcker, wo hinten gleich noch ein Tankwagen mit der entsprechenden Chemie mitgezogen wird. Nach einem Arbeitsgang muss alles erledigt sein.
Die überall an den Feldrändern stehenden Bewässerungsanlagen, die wiederum unser Vorstellungsvermögen von einem Aha zum nächsten brachte, machte auch deutlich, dass hier im Sommer eine brütende Hitze sein muss und ohne Wasser nichts wächst.

In diesen Weiten von Illinois wurde schon vor dem Bau der Interstate die 66-er unterschiedlich durch und um die Dörfer geführt, um so den aufkommenden Verkehr von den lästigen Ortsdurchfahrten zu befreien. Manchmal hatten wir fast die Wahl der Quall, welchen Weg wir nun einzuschlagen müssten. Die älteste Variante erwies sich meist als die angenehmste, da diese immer in die kleinen verschlafenen Orte hinein und an vielen Bijous vorbei führte.

Bald standen wir vor den Pforten von Chicago, wo lange Zeit Al Capone und seine Gang die Kontrolle über die Stadt hatte. Selbst bis in die jüngste Zeit hinein soll hier schon mancher Politiker in diesen Strudel geraten und irgendeinmal hinter Schloss und Riegel gewandert sein.

Diese stürmischen Zeiten sollten nach unseren Informationen der Vergangenheit angehören, dafür heulte der Nordwind um die Hochhäuser herum, so dass wir bald aus den Strassenschluchten südwärts aus der Stadt geblasen wurden. Obwohl die Stadt mit seinen Wolkenkratzern – hier sollen die ersten Türme dem Himmel entgegen gebaut worden sein – einiges für die Sicherheit tut, fühlten wir uns in den dunklen Vororten nicht ganz wohl.

Der Sprung über die Staatsgrenze nach Ohio war nicht mehr weit und im nahen Indiana Dunes State Park suchten wir ein Plätzchen für die kommende Nacht. Der kalte Nordwind huschte zwar immer noch durch die Bäume, dafür fehlten die dunklen Gestalten, die ihre Kapuzen weit über die Stirn ins Gesicht zogen und uns entsprechenden Respekt einflössten.

Ob unsere Befürchtungen dieser städtischen Gegebenheiten nun richtig waren oder nicht, werden wir wohl nie wissen. Dafür bemächtigten sich in den frühen Abendstunden die Vierbeiner – Opossums und Waschbären – unbemerkt an unseren Vorräten und wollten sich grosszügig bedienen. Ein klares Zeichen für den Frühling, wo viele Tiere nach der langen Winterzeit hungrig auf Beutefang sind.
Hoffentlich kratzt kein hungrigerer Bär an unser Dachzelt! Es könnte in unserem Schlafgemach doch etwas eng werden!