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Gefangen beim Azapika-Strand/Chalkidiki
Die Aufforderung der griechischen Regierung war kurz und unmissverständlich! Ab dem 23. März müssen sich alle Bewohner in eine zweiwöchige Selbstisolation zurückziehen und nur für die allernötigsten Anliegen darf man das Haus verlassen. Kurze sportliche Tätigkeiten und Spaziergänge mit dem Hund sind erlaubt. Die Einschränkungen waren sehr einschneidend und wer irgendwie unterwegs war, musste sich gegenüber den Behörden entsprechend ausweisen können. Für eine Fahrt in das nächste Lebensmittelgeschäft, zum Arzt oder auch nur für einen kurzen Spaziergang musste immer eine Bewilligung mitgeführt werden. Bei Widerhandlung muss mit einer Busse von mindestens 150 € gerechnet werden.
Und, was für die lokale Bevölkerung galt, mussten die vielen gestrandeten Touristen mit ihren fahrbaren Unterkünften ebenfalls strikte einhalten. ….so die Vorgabe der Behörden!
Auch wir wollten und konnten uns von den strikten Anordnungen kaum entziehen und mussten uns für die nächsten zwei Wochen von der Landstrasse verziehen. Die Unterkunft in Toroni wurde in letzter Minute storniert und so fuhren wir etwas enttäuscht weiter, fanden etwas nordwestlich von Toroni einen wunderbaren Strand, wo bereits 2 Fahrzeuge, ein VW-Camper und ein etwas grösserer Camper auf Basis eines Lastwagen, standen.
Die Wahl, an diesem Strand auszuharren, war rückblickend wirklich super. Das Land gehört der Allgemeinheit, ist ein wunderbarer Ort und bei der naheliegenden Kapelle gibt es fliessendes Wasser. Der Schäfer, der neben dem Strand seinen Hof bewirtschaftet, war uns sehr wohlgesinnt und machte nie den Eindruck, dass wir unerwünscht wären. Im Gegenteil, er suchte oft das Gespräch auf Distanz und gab uns auch gewisse Informationen weiter.
Unser Zelt stellten wir in eine Lücke zwischen dem Schilf mit bester Sicht aufs Meer auf. Während wir versuchten das Zelt an den Jeep richtig zu koppeln, standen schon unsere nächsten Nachbarn – Anja und Jochen – neben uns und wünschten uns am Azapika-Strand in der Selbstisolation herzlich willkommen: „Und, wenn ihr was braucht, so meldet euch. Wir haben einiges dabei und stellen es euch gerne zur Verfügung.“
Der Wind rüttelte bereits am frühen Abend ziemlich heftig am Zelt und die grossen Aussenwände liess uns bereits schlimmstes befürchten, schon tönte es von aussen; „tock-tock“, wir sind es, Lea und Lisa. Zwei junge Frauen lachten uns aus gewisser Entfernung entgegen und wünschten uns ebenfalls willkommen. Sie standen zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Tage an diesem Strand. Eigentlich sind sie hier in Griechenland zum Wandern und jetzt zum Nichtstun verurteilt. Auch sie kämpften gegen die Natur, den tiefen Temperaturen und der etwas alternden Technik in ihrem VW-Bus. Selbst ihr Dachzelt konnten sie, infolge des starken Windes nicht aufstellen.
Der nächtliche Wind schüttelte extrem stark an unserem Zelt und Aufstelldach. Deshalb suchten wir anderntags einen etwas besser geschützten Ort, was sich beinahe als unlösbare Aufgabe erwies. Alle Wünsche und Bedürfnisse konnten nicht ganz erfüllt werden. Trotzdem hofften wir, dass der neu gewählte Platz uns für die nächsten beiden Wochen eine sichere Bleibe sein würde. Mit vereinter Hilfe von Anja und Jochen war auch unser grosses Zelt bald umgestellt und entsprechend eingerichtet. Die Situation mit dem Wind entspannte sich umgehend, das Zelt rüttelte nicht mehr andauernd und meine Angst, dass irgendetwas reissen und nachgeben könnte, beruhigte sich fast schlagartig.
Dass man in Griechenland bald in irgendeiner Gesellschaft eines vierbeinigen Tieres ist, stellte sich auch hier sofort ein. Nebst einer Katze, die sich fast wie unsere verhielt und sich beinahe alles erlaubte, oder versuchte, gab es auch täglich mehrmaligen Besuch von Hunden. Die Katze war eher bescheiden und mit Streicheleinheiten sehr zufrieden, während die Hunde eher etwas Festes zwischen den Zähnen wünschten. 🙂
Zwischenzeitlich kam noch ein weiteres deutsches Camperpaar – Ute und Thomas –dazu, die sich ebenfalls einen sicheren Platz an diesem Strand suchten und hier die zweiwöchige Selbstisolation „überleben“ wollten. Dafür machten die beiden jungen Frauen ihre Absicht der baldigen Heimreise kund, da sie unmöglich eine Ewigkeit hier verbringen möchten. Ihre Quarantänemöglichkeiten im Auto waren fast noch bescheidener als unsere.
Auch wir diskutierten sehr oft darüber, ob eine Heimreise zurzeit nicht das Richtige wäre, da noch Flugverbindungen nach Brüssel und Zürich bestanden. Doch bei einer solchen Abreise müssten wir unser Fahrzeug hier in Griechenland auf unbestimmte Zeit zurück lassen und wer weiss, wie anschliessend die Welt sein wird. Wir haben in dieses Auto unser letztes Geld investiert und jetzt einfach so aufgeben! Und, zurück in die Schweiz; wohin sollten wir dann gehen? Wir haben weder eine Wohnung noch sonst eine Bleibe und aus Rücksicht möchten wir keinen älteren Personen zur Last fallen. Auch waren die Zahlen in der Corona-Infektionen Ende März in der Schweiz viel höher als hier in Griechenland und zu unserer Überraschung: In der Chalkidiki-Provinz soll es noch keinen registrierten Fall einer Erkrankung geben. Vielleicht hatten wir mit Griechenland doch die richtige Wahl getroffen?
Nach wenigen Tagen verabschiedeten sich Lisa und Lea zum 2. Mal (beim ersten Versuch wurde der Flug kurzfristig storniert!) und fuhren nach Thessaloniki, wo sie ihr Auto für unbestimmte Zeit zurück liessen und nach Hause flogen. Für uns, die zurück gebliebenen drei Camperpaare, war dies keine Option und wir blieben schön brav am Stand zurück. Kaum waren diese beiden weg, schon stand ein jüngeres Paar – Ina und Christopher – mit ihrem Wohnmobil am Strand, die aus dem nördlichen Gebiet hierher kamen.
Unser Lagerleben hatte sich bald eingespielt und es entstand eine tägliche Routine, die sich länger hinziehen sollte als dies zu Beginn des „Lockdown“ kundgetan wurde!
….ausschlafen, frühstücken, Wäsche waschen und Wasser holen, Schwatztour – natürlich in ausreichendem Abstand – bei unseren Leidensgenossen am Strand, Spaziergang in der nächsten Umgebung, ein Kartenspiel, Apéro am Meer geniessen und Katze streicheln, kochen, essen und ein baldiges Zurückziehen unter die Bettdecke. So einfach war unser Tagesablauf – einfach und solide! Die Einkaufstouren nach Neos Marmaras waren die wöchentlichen Highlights und eine grossartige Abwechslung zugleich.
Zwar vergingen die Tage der Selbstisolation rückblickend relativ schnell vorbei. Die Zeltreparatur, da unsere vierbeinigen Freunde den feinen Zeltstoff etwas zu stark strapazierten, war eine willkommene Abwechslung. So konnte ich endlich etwas Kreatives erledigen und mein handwerkliches Geschick unter Beweis stellen. Da der Faden dann schon in der Nadel eingefädelt war, fertigten wir aus ausrangierten Winterstrumpfhosen von Chantal gleich unsere Gesichtsmasken an. Somit wären wir für den Ernstfall bestens gerüstet. Die Maskenpflicht in Griechenland wurde stark diskutiert und könnte im öffentlichen Raum plötzlich Pflicht werden.
Die vielen Gespräche mit den anderen gestrandeten Personen – selbstverständlich immer mit der nötigen Distanz – spielten sicher auch eine entscheidende Rolle. Auch Spiele und viele Gespräche unter uns – Chantal und mir – verkürzten die Warterei unheimlich. Die gegenseitige Aufmunterung und Wissensaustauch unter uns „Fahrenden“ sorgte ebenfalls für eine angenehmere Warterei. Ute war für uns auch DIE Anlaufstelle, da sie und Thomas über eine bessere Internetverbindung zur Aussenwelt hatten. Leider wurden aber auch viele „fake News“ über die vielen Foren uns kundgetan, die zwar keine entscheidenden Neuigkeiten brachten, dafür für viel Unsicherheit sorgten. Vermutlich mussten zu diesem Zeitpunkt in ganz Europa tausende von Wohnmobilen irgendwo – meist illegal – herum stehen und viele Besitzer vor eine unlösbare Aufgaben stellen.
Nebst den vielen wahren und unwahren Geschichten suchte Chantal bald einmal den Kontakt übers EDA mit der Schweizer Botschafter in Athen. Im Gegenteil zu anderen Botschaften war die Hilfe sehr zuvorkommend und beruhigend. Zudem wurde uns auch mitgeteilt, dass wir, falls wir nicht dringend nach Hause müssen, uns einmal gemütlich einrichten und abwarten sollten. Wir wären jedenfalls bei ihnen registriert und bei Neuigkeiten würden wir von ihrer Seite ebenfalls sofort verständigt.
Nach ein paar Tagen trockenem Wetter gab es auf das erste Wochenende hin eine kräftige Störfront und es wurde viel Niederschlag angekündigt. Ich versuchte unseren Standort von möglichen Wassermassen und Schwemmholz etwas zu schützen, da der Wasserstand des naheliegenden Bach bereits sehr hoch war. Der angekündigte Regen könnte die Wassermassen über das Ufer treten lassen.
Der vorerst nachlassende Niederschlag gab uns später viel Zuversicht, dass nichts passieren wird und so verzogen wir uns bald unter die warme Decke.
Die Hoffnung, dass nichts passieren und der Bach schön seinem Flusslauf folgen würde, erwies sich als trügerische Annahme. Nebst Blitz und Donner schüttete es während der ganzen Nacht unaufhörlich und sehr ergiebig. Die Wassermassen aus dem naheliegenden Bach umspülten unser Zelt und Auto immer mehr. Im Innern unseres Aufstelldaches wurde es zudem ungemütlich, da viel Feuchtigkeit von aussen ins Zeltinnere drang.
Bei Tageslicht konnten wir einen ersten Blick aus unseren Dachfenstern auf den neuen Flusslauf erhaschen und vorsichtig krochen wir aus dem Jeep hinaus ins Zelt. Der Boden fühlte sich an, als würden wir über ein Wasserbett laufen. Überall drückte Wasser ins Zeltinnere und draussen plätscherte der Bach knöcheltief um unsere Habseligkeiten. Einige Befestigungspunkte des Zeltes hielten der Belastung nicht stand und das Vorzelt wurde in einer merkwürdigen Position verschoben. Ich hatte schon Befürchtungen, dass irgendetwas dem Wasserdruck nicht standhielt und brach. Nach näherer Begutachtung stellte ich mit Erleichterung fest, dass das Zelt keinen Schaden erlitten hatte und nur ein Teil etwas schief in der Landschaft stand. Das Zelt war zwar in Ordnung, dafür war meine Laune zerstört. Der Regen, das kalte Wetter und die starken Windböen versetzte meine Gefühlslage in einen absoluten Tiefpunkt. Jetzt würde ich für eine warme und trockene Unterkunft alles geben!
….doch wohin? Alles war geschlossen und Bewegungen über grosse Distanzen waren strikte verboten!
Bald faste ich mich wieder und versuchte aus der ganzen Situation das Beste zu tun. Wir mussten uns mit dieser Situation entsprechend arrangieren und irgendwie hier bei Regen und Kälte weiter ausharren. In der Nähe fand ich einen Platz, wo der Boden nicht komplett durchfeuchtet war und ein altes Gebäude einen gewissen Schutz vor dem Wind bot.
Wir waren sehr froh, dass sich die anderen Camper uns erbarmten, und gemeinsam hatten wir bald unsere Habseligkeiten an den neuen Standort vorschoben. Zwar stand das Zelt schräg auf einer Rampe, die zu einen ehemaligen Gebäude eines Campingplatzes führt, dafür war der Boden trocken und etwas windgeschützt. Thomas und Ute stellten ihr Fahrzeug noch zusätzlich als Windschutz hin, so dass der Druck des Windes in den Grenzen blieb. Für die nächsten Stunden erlebten wir grosszügige Gastfreundschaft, trotz Corona-Virus waren wir sehr froh, uns in den Wohnmobilen von Ina/Christopher und später Ute/Thomas aufzuwärmen und verwöhnen zu lassen. Wir schätzten den Komfort sehr! Und die gute Nachricht; das Wetter soll sich beruhigen und der Frühling auch hier Einzug halten.
Der neu gewählte Ort erwies sich für uns bald nur als Notlösung und so wechselten wir, nach entsprechender Abtrocknung des Bodens und entsprechenden Vorbereitungen, wieder zurück an den alten Standort. Unser Zelt wurde erneut mit vereinten Kräften an den alten Platz zurück gebracht. Die Hoffnung war ebenfalls grösser als die Angst vor einer erneuten Überflutung, schlussendlich soll es schön und warm werden. Die Vorteile überwogen und der zurückgewonnene Meeresblick ab dem Zelteingang erfreute uns vom ersten Moment an.
Die vielen Infos aus aller Welt wurden unter uns in regelmässigen Abständen gegenseitig ausgetauscht und wir diskutieren all mögliche Varianten, was sinnvoll sein könnte und wie es weiter gehen soll. Zwischenzeitlich wurde die Ausgangssperre bis zur orthodoxen Ostern verlängert. Deutschland verfügte eine Hausquarantäne für alle zurückkehrende ab dem 10. April, was Ina und Christopher dazu bewog, sofort nach Athen zu fahren, ihr Wohnmobil dort stehen zu lassen und nach Hause zu fliegen, um die Quarantäne zu umgehen, was für uns – die restlichen Wohnmobilbesitzern – keine Option war, da wir unsere Fahrzeuge unter keinen Umständen auf unbestimmte Zeit auf irgendeinem Parkplatz zurück lassen wollten.
Bald verliessen Ina und Christopher den Azapika-Strand, um noch vor der Hausisolation in Deutschland einreisen zu können. Sie lieferten uns auch die neusten Infos von den vielen Internetforen und den aktuellsten Möglichkeiten. Aber, anstatt ihr Auto in Athen stehen zu lassen, sahen sie plötzlich eine Möglichkeit der Heimfahrt über diverse osteuropäische Länder und teilten dies uns entsprechend mit. Umgehend verabschiedete sich auch Ute und Thomas und machte sich auf den Nachhauseweg, so dass noch wir und Anja/Jochen am Azapika-Beach zurück bleiben.
Auch wir befassten uns mit der sofortigen Rückfahrt über den Landweg, wollten uns aber nicht auf irgendein Landabenteuer einlassen. Umgehend kontaktierte Chantal den Botschafter in Athen und bat um entsprechende Unterstützung. Entgegen der vielen Internetforen wusste er nichts von einem möglichen Landweg zurück in unser Heimatland und selbst seine Rückfrage bei der deutschen Botschaft brachte keine neuen Erkenntnisse hervor; für sie – die Botschaften – ist jeglicher Landweg zur Zeit ausgeschlossen und uns wurde von diesem Vorhaben dringend abgeraten.
Und tatsächlich: Drei Stunden später standen Ute und Thomas wieder bei uns am Strand. Anscheinend gab es mit der Interpretierung einer Regierungsanweisung in Rumänien einen Übersetzungsfehler und somit war eine Durchfahrt auf einem Transitkorridor falsch übersetzt worden. Die ganze Aufregung in den Foren war zu diesem Moment wirklich alles andere als beruhigend. Wir waren jedenfalls froh, dass wir uns etwas Ruhe liessen und mit unseren bayrischen Leidensgenossen Anja und Jochen vorerst abwarteten. Auch Ina/Christopher konnten nicht einmal die Bulgarische Grenze überqueren. Zu unserer Beach zurück fahren konnten sie auch nicht mehr, da die Strasse zu den „3 Fingern“ (Chalkidiki) unterdessen vom Norden her gesperrt wurden. Sie brachten ihrer weitere Zeit bei einem See im Norden Griechenlands.
Zwischenzeitlich folgten aus Athen wieder neue Anweisungen und der Lockdown wurde von der griechischen Regierung bis mindestens nach der orthodoxen Ostern verlängert. Die Angst vor einer explosionsartigen Ansteckung während den Osterfeierlichkeiten setzte vermutlich auch der griechischen Regierung stark zu. Der Optimismus aus Athen gab uns zwar immer wieder Hoffnung, dass wir vielleicht bald wieder in Griechenland selbst reisen dürften. Auch Griechenland möchte möglichst bald ihre touristische Saison langsam öffnen um der jetzt schon stark leidenden Branche doch noch etwas an Einkommen zu geben. Leider zerschlug sich auch diese Hoffnung immer mehr und die ersten Lockerungen würden vielleicht Mitte oder gar erst Ende Mai erfolgen.
In der Zeit vor der christlichen Ostern konkretisierte sich plötzlich eine Bitte von französischen Campern an ihren Botschafter, ob man nicht irgendeine Sondergenehmigung erhalten könne, mit einer Fähre nach Italien zu gelangen, von wo aus man über den schnellstmöglichen Transitweg in das Heimatland reisen könne. Dieser Vorschlag löste unzählige Beiträge in den Foren und viele Anfragen an den jeweiligen Ländervertretungen aus, die vermutlich ebenfalls in gegenseitigen Kontakt standen und plötzlich wurde aus der Bitte ein konkretes Projekt einer möglichen Rückführung von Fahrzeugen und deren Eigentümer. Bald wurden wir aufgefordert, den jeweiligen Botschaften zu melden, wer Interesse an einer solchen Rückführung hätte und wir mussten uns entsprechend einschreiben.
Die Skepsis war aber weiterhin gross, da Italien immer noch vom benachbarten Ausland abgeschnitten war. Chantal und ich waren zu Beginn auch nicht ganz überzeugt, dass dies der richtige Weg sein würde. Wir diskutierten lange über deren Vor- und Nachteile und was wir in unserem Heimatland überhaupt machen können. Die Frage eines möglichen Aufenthaltsortes in der Schweiz wurde von unserem jüngsten Sohn bald entschärft, der trotz der engen Verhältnisse uns „Asyl“ gewähren würde. Auch die Frage über das Verhalten der Griechen gegenüber den Fremden beschäftigte uns immer mehr. Bis jetzt hatten wir niemals den Eindruck, dass wir nicht erwünscht wären, doch solche Stimmungen können sich in Krisenzeiten schlagartig ändern. Wir entschieden uns bald einmal für die Rückfahrt, falls dies sich doch noch ermöglichen sollte. Die andauernden Verlängerungen der Einschränkungen und die Ungewissheiten sowohl in Griechenland als in den Balkanstaaten machten uns den Entscheid immer leichter.
Die Informationen von den Botschaften wurden immer konkreter und im Hintergrund musste noch vieles über den diplomatischen Weg geklärt werden. Die Osterfeiertage machten diese Abklärungen vermutlich nicht einfacher. Uns wurde auch bald einmal ein verbindlicher Termin genannt, aber auch, dass noch verschiedene Bewilligungen ausstehen. Ohne solche Einverständnisse würde es weder eine Überfahrt noch Transitmöglichkeit geben; so die Information unseres Botschafters.
Das christliche Osterfest war bereits vorbei und wir hatten immer noch keine positive Nachricht von den Botschaften, weder der Deutschen noch von der Schweizer erhalten. Pessimismus machte sich wieder breit und die Hoffnung einer schnellen Heimkehr wurde immer kleiner. Müssen wir wohl hier den Sommer verbringen?
Trotzdem und vielleicht vorausschauend bauten wir unser Zelt ab, so dass wir dieses trocken verladen konnten. Nebst dem angekündigten Regen war immer noch eine kleine Hoffnung vorhanden, dass doch noch etwas möglich sein wird.
Dann ging alles plötzlich schnell; gleichzeitig mit der Mitteilung von Ute erreichte uns auch die Nachricht vom Schweizer Botschafter, dass das Buchungsportal der Fährgesellschaft offen sei und wir eine Überfahrt buchen können. Der Termin einer möglichen Buchung bis zur Abfahrt war sehr kurz. In weniger als 36 Stunden sollte die Fähre Igoumenitsa/Gr nach Ancona/It verlassen.
Die elektronische Buchung funktionierte zu Beginn nicht wunschgemäss und liess Chantal fast verzweifeln. So nah am Ziel und nun scheitert es an unseren Fähigkeiten, eine einfache Buchung übers Internet vorzunehmen! Vermutlich wurden zu viele Optionen im Portal deaktiviert und der Ansturm brachte das System an die Leistungsgrenze. Schlussendlich klappte es doch noch. Wir konnten unsere Überfahrt nach Italien ordnungsgemäss abschliessen und die Kreditkarte war schnell belastet. Die Botschaft lieferte uns noch die nötigen Formulare und Anweisungen nach, so dass wir sowohl durch Griechenland als auch Italien fahren konnten.
Wir atmeten auf und waren froh, dass sich endlich wieder etwas bewegen würde. Das Nichtstun und die andauernde Ungewissheit setzten uns zu. Ganze 25 Tage waren wir an diesem Strand zum Nichtstun verurteilt; alles andere war behördlich verboten!
Von den vier stationiert und gestrandeten Camperpaaren buchten drei die mögliche Heimfahrt. Nur Anja und Jochen waren nicht ganz überzeugt, zumal ihre beiden Junghunde sie von einer sofortigen Ausreise abhielten, da für Hunde keine Buchung im Portal möglich war. Für die 450 Kilometer lange Überfahrt nach Igoumenitsa verabredeten wir uns mit Ute und Thomas zur gemeinsamen Fahrt durch das nördliche Griechenland, wo wir strikte auf der Autobahn fahren müssen. 🙁
Chantal und ich genossen den letzten Abend an der Azapika-Beach. Im abendlichen Sonnenlicht genossen wir den Apéro am Strand und machten einen Schlussstrich unter unsere tägliche Routine. Für diesen letzten Abend war unsere „Hauskatze“ leider nicht mehr da; keine Streicheleinheiten und andere Liebeleien mit dem vierbeinigen Raubtier! Ahnte sie wohl unsere schnelle Abreise?
Voller Zuversicht legten wir uns in unsere „Gazell“ und freuten uns auf das Bevorstehende. Wir waren auch sehr gespannt, wie unsere Reise wohl weitergehen wird; in Europa, nein, die ganze Welt steht immer noch fast still.