Südwärts…

>Bilder ganz unten!

…Grenzhüpfen zwischen den Bundesstaaten
Nach dem abendlichen Fliegenalarm beim Camping von Dalhousie-Springs/Witjira N.P. war es morgens etwas angenehmer. Doch mit dem Tagesverlauf kamen auch die lästigen Fliegen zurück und trieben uns quasi in die Flucht. Das Bad im warmen Wasser, wo die Wassertemperaturen zwischen 37-43°C liegen, liessen wir ebenfalls aus. Am Wasserbecken lauerten bereits abertausende Mücken!

Während in der Ferne immer noch die Rauchsäule des Buschfeuers zu sehen war, folgten wir unserem Weg, einem alten Pioneertrack aus vergangener Zeit. Ruinen zeugen noch heute von dieser Zeit, als die grosse Aufbruchstimmung die Menschen zu fast Unmöglichen antrieb und in wüstenähnlichen Landschaften Siedlungen erstellten. Nach vielen Kilometer erreichten wir die alte Eisenbahntrasse, wo 1980 der letzte Ghan-Zug von Alice Springs nach Port Augusta fuhr. Vieles dieser ehemaligen Infrastruktur kann noch heute bewundert werden und zog den ehemaligen Eisenbahner (Tom) in seinen Bann.
(Anmerkung: Die Linie wurde zu Gunsten einer neuen Streckenführung von Port Augusta -Alice Springs – Darwin mit Normalspur aufgegeben.)

Für uns ging es weiter südwärts durch weite und einsame Landschaften. Einige Station – der Name für australische Farmen – liegen meist fernab des Weges und nur wenige Fahrzeuge waren auf der Schotterstrasse unterwegs. An den Roadhouses gab es bei den Tankstellen ein kurzzeitiges Treffen der Overlander (Reisende im australischen Outback). In den dazugehörigen Geschäften hofften wir immer wieder, die gewünschten Lebensmittel zu finden. Die Angebote waren sehr unterschiedlich. Teilweise fanden wir eine grosse Auswahl vieler nützlicher Produkte, anderseits war das Angebot beschränkt auf Bier, Knabbereien und Süssigkeiten.

Auf den vielen hundert Kilometer Schotterstrasse – mehrheitlich Schüttelpiste – erlebten wir trotz der unendlichen Weite immer wieder Einiges, das für einen kurzen Stopp sorgte und uns ins Staunen versetzte; ob Natur oder von Menschen geschaffene Dinge, Skulpturen mitten in dieser einsamen Gegend, der längste Zaun gegen Hunde oder einfach ein Salzsee; wir staunten immer wieder.

In Marree, mitten im Nirgendwo, erreichten wir eine sehr gut ausgebaute Strasse und bald war uns klar, wieso hier ein wunderbares Teerband durch die weite Landschaft gebaut wurde: Der Kohle- und Kupferabbau bedurfte einer guten Verbindung. Der Kohletagbau von Leigh Creek wurde in der Zwischenzeit eingestellt und das weiter südlich liegende Kupferbergwerk steht zurzeit still. Durch die Stilllegungen schrumpften auch die umliegenden Siedlungen und Geisterdörfer blieben zurück.

Wir hatten vom Kilometerfressen auf dem Teerband genug. Östlich von uns liegt ein Nationalpark und der klangvolle Name lockte uns mehr als der schnelle Verkehr auf dem Outback Highway. Unsere Erwartungen wurden bald erfüllt. Nebst der ruhigeren Fahrt bescherte uns die leicht gebirgige Landschaft neue Eindrücke und viele Tiere am Wegrand. Etwas nervös wurden wir, als wir keine Buchung für einen möglichen Schlafplatz im Vulkathunha-Gammon Ranges N.P. tätigen konnten, da nirgends ein Mobilfunknetz zur Verfügung stand. Wir verfluchten diese neue Art der Online-Reservation und Bezahlung. Erst kurz vor der Einfahrt zum Nationalpark konnten wir, dank dem nahe gelegenen Aboriginal-Dorf, eine Buchung per Mobiltelefon tätigen. Die folgende Nacht im abgelegenen Nationalpark bescherte uns erneut mit einer absoluten Stille und der fantastische Sternenhimmel liess uns bald in die Träume versinken. Das morgendliche Vogelgezwitscher zum Aufwachen war die Krönung in diesem einsamen Taleinschnitt.

Der nächste Nationalpark lag nur wenige Kilometer weiter südlich auf unserer Wunschstrecke und dank der Buchungsmöglichkeit vom Vortag, lösten wir einen Tagespass für unser Auto, so dass wir ab 6 Uhr in der Früh bis abends um 11 Uhr durch den Park fahren dürfen. Zwar verstehen wir das ganze System nicht ganz; für uns war und ist es unheimlich kompliziert. Einmal muss man eine Bewilligung erkaufen, bei anderen Parks ist alles frei oder nebst dem Fahrzeug müssen auch die Personen einen Eintrittsbetrag bezahlen; nebst den australischen Bundesstaaten gibt es im gleichen Bundesstaat oft unterschiedliche Regelungen.

Eigentlich hätte es uns im Ikara-Flinders Ranges N.P. sehr gut gefallen und wir wären gerne für einen Nacht geblieben. Vor Ort konnte man eine kurzfristige Buchung oder Reservierung leider nicht mehr erledigen und somit waren wir gezwungen den Park wieder zu verlassen. Auf der Westseite verliessen wir den Nationalpark und folgten dem Outback Highway bis nach Hawker, wo wir unsere Vorräte ergänzten als auch Benzin und Gas besorgen konnten.

Nördlich vom Ikara-Flinders Ranges N.P. entdeckte ich (Tom) ein kleiner Ort, wo vor langer Zeit Kupfer abgebaut und verarbeitet wurde. Damals war es ein grösserer Ort in dieser Berglandschaft. Heute sind die wenigen Bewohner stolz auf ihre Vergangenheit, indem sie die Besucher durch die Ruinenlandschaft des ehemaligen Bergwerkes führen. Die Natur hat zwar schon vieles wieder zurückgeholt, doch die Narben des Raubbaues sind fast überall noch zu erkennen. Wie schädlich oder gar giftig die zurück gelassen Abfälle und Schlacken sind, weiss wohl niemand so genau, oder man will es einfach nicht wissen. Wir füllten jedenfalls unsere leeren Wasserkanister nicht beim örtlichen Brunnen auf.

In zwei Tagen erreichten wir den Barrier Highway, wo wir die Reifen wieder auf normalen Luftdruck erhöhten und ostwärts nach New South Wales weiterfuhren. Diese Strecke war für uns eher Pflicht als Kür; monoton, viel Verkehr und riesige Road-Trains (überlange Lastwagen mit mehreren Anhängern). Doch bis nach Broken Hill mussten wir diese Tortour über uns ergehen lassen; andere Alternativen zu dieser Route gibt es kaum. Dafür gab es in Broken Hill – eine aktive Bergbaustadt, wo heute Silber, Blei und Zink gewonnen wird – einen kurzen Aufenthalt. Wäsche waschen, und verschiedene Arbeiten mussten erledigt werden, bevor es wieder hinaus in die Pampa ging.

Wir verliessen Broken Hill in südlicher Richtung und steuerten die Nationalparks von Kinchega, Mungo und Yanga an, dazwischen immer wieder weite Strecken durch Niemandsland, gefolgt von riesigen Schaffarmen. Doch schon beim ersten Streckenabschnitt bis Menindee, eine kurze Strecke von etwas mehr als 100 Kilometer, zählten wir weit über 200 Tierkadaver am Strassenrand oder auf der Strasse. Hauptsächlich zählten wir tote Kängurus, gefolgt von Emus und wenige Kleintiere. Je mehr die Strecken durch grosse Fahrzeuge oder nachts gefahren wird, desto schrecklicher sieht es am Strassenrand aus; quasi ein Schlachtfeld, wo einfach alles flach gefahren wird!

Ab Menindee verliessen wir die «Todesstrasse» und begaben uns in den Kinchega N.P., wo heute in grossen Seen viel Wasser des Darling-Rivers für die Menschen und Landwirtschaft zurückgehalten wird. Der Cawndilla-See als auch ein Teil des Menindee-Sees sind unter Schutz und dürfen nicht mit Motorbooten befahren werden, so dass eine prächtige Vogelwelt zu beobachten ist. Erfreulicherweise hüpften hier die Kängurus herum und lagen nicht Tod im Strassengraben.

Für die Weiterfahrt nutzten wir nicht die Hauptroute, sondern suchten uns eine Piste durch Farmgebiete und genossen die ruhige Fahrt im Niemandsland. Einziger Nachteil: Chantal musste viele Weidetore öffnen und schliessen! In einem kleinen Ort füllten wir gewohnheitsmässig unsere beiden Benzintanks wieder komplett auf; in Australien muss jede Tankmöglichkeit genutzt werden, da ein Liegenbleiben in der Pampa etwas nervenaufreibend sein könnte. Mit vollen Tanks ging es weiter zum Mungo N.P. Bei einem Stopp bemerkten wir irgendwelchen Benzingeruch, schenkten diesem neuen Geruch jedoch keine besondere Aufmerksamkeit. Erst beim Besucherzentrum des Mungo N.P. bemerkten wir, dass hier etwas definitiv nicht stimmen konnte; beim Zusatztank tropfte Benzin hinaus und innert kurzer Zeit lag ein grösserer Fleck von Benzin am Boden. Fragend schauten wir uns an und selbst ich (Tom) wusste zuerst nicht recht, was zu tun sei. Weiterfahren bis der Zusatztank leer ist, oder einfach das Benzin in die freie Natur tropfen lassen?

Wir liessen das Benzin einmal tropfen und schenkten unsere Aufmerksamkeit dem Nationalpark. Da es Samstag war, wäre eh kein Pannendienst sofort zur Verfügung und bis zu deren Eintreffen der Tank eh leer getropft wäre. Die grosse Schleife war wegen Unwetterschäden gesperrt, doch bis zur Walls of China und den Red Top Lookout war die Strasse offen und erlaubte uns ins Gebiet hinein zu fahren. Leider vergassen wir – vor lauter Aufregung des Benzintanks – die ältesten menschlichen Fussabdrücke aufzusuchen. Auch soll der Mungo N.P. der Ort sein, wo ausserhalb Afrikas die ältesten menschlichen Überresten gefunden wurden.

Bis zum nächsten Ort waren es noch etwas über hundert Kilometer über Schotterstrassen. Wir hofften in Balranald irgendwo Hilfe für unseren leckenden Benzintank zu bekommen. Doch Fehlanzeige; die möglichen Werkstätten hatten alle geschlossen und bei den Tankstellen wurden wir vertröstet, dass alles nur halb so schlimm sei; am Montag würden die Werkstätten wieder öffnen. So reservierten wir in der naheliegenden Yanga State Conservation Area einen Campplatz, so dass wir die nächste Nacht in einer gewissen Einsamkeit verbringen konnten; die Leckage beim Tank war zwischenzeitlich etwas grösser.

Beim Campplatz demontierte ich (Tom) einmal die Blechschutz vom Zusatztank und wir waren nicht schlecht erstaunt, dass ein eingeklemmter Stein den Tank deformiert und einen kleineren Riss verursacht hatte. Dank einem, auf der Strasse gefundenen Reifenstück und einer Blechschraube, konnten wir die Leckage provisorisch abdichten. Und, es war dicht! Wie wir den Tank definitiv reparieren werden, war an diesem Abend zweitrangig und wir hofften, dass die Reparatur für die nächsten Tage halten würde.

Bei der Weiterfahrt über Schotterstrassen und anderen wegähnlichen Verbindungen bewährte sich unsere Reparatur, so dass wir uns gleich hinüber nach Victoria (südlicher Bundesstaat) wagten und zum Murray-Sunset N.P. fuhren. Selbst die schlimmsten Wellblechpisten konnten unserer Dichtungsreparatur nichts anhaben und vielleicht wird aus der provisorischen Arbeit ein «Providurium». Zwischenzeitlich veränderte sich das Wetter von viel Sonnenschein in mehrheitlich bewölkt und immer wieder kurze Regenschauer. Die Temperaturen waren ebenfalls einiges tiefer als in den letzten Tagen und wir hofften, zumindest weniger Buschfliegen zu haben. Leider hofften wir vergebens; diese lästigen Tiere waren immer noch da und – subjektiv empfunden – eher noch mehr.

Für die Weiterfahrt nach Südaustralien genossen wir bei leichtem Regen eine letzte Sandpiste im Murray-Sunset N.P. und wie es so kommt; irgendeinmal blieb unser Auto im tiefen nassen Sand stecken. Routiniert befreiten wir unser Gefährt dank den Sandblechen und senkten die Reifenluft noch einmal massiv ab. Mit nur 1,2 Bar Luftdruck wühlten wir uns weiter durch die Buschlandschaft und selbst bei grösseren Steigungen bewährten sich unsere Plattfüsse (Reifen mit sehr wenig Luft!).

In Loxton/Südaustralien gab es eine erneute Routenänderung. Statt weiter nach Adelaide zu reisen, werden wir vorerst in Richtung Westaustralien fahren. Ein Reisepaar von unserer Südamerika-Tour ist ebenfalls an der Südküste unterwegs und ein unverbindliches Treffen wurde schon vor langer Zeit vereinbart. Zeit haben wir genügend, da unser nächster fixer Termin erst am 20. November anfällt. So werden wir ihnen ein gutes Wegstück entgegenfahren und wer weiss, vielleicht gibt es ein paar gemeinsame Tage. Doch bis es soweit ist, liegt noch ein weiter Weg vor uns und das Outback von Südaustralien hat ebenfalls viel zu bieten. Hoffentlich bereitet uns das aufkommende, schlechte Wetter keine allzu grossen Probleme!