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……von Salmon Arm nach Pembroke
Die wenigen Tage in Salmon Arm/Sicamous (BC) wollten fast nicht enden. Infolge des grösseren Schadens an unserem Auto wussten wir lange nicht, was wir machen wollen, oder können, und wie es weiter gehen soll. Die Werkstatt konnte den Schaden beim Einspritzsystem lokalisieren und wurde bei einem baugleichen Motor für die Ersatzteile fündig. Doch die Offerte verschlug uns gleich den Atem und der Reparaturerfolg wollte uns die Werkstatt nicht garantieren.
Unsere ausländische Staatsangehörigkeit, sowie die mögliche Weiterreise nach Mexiko und Südamerika machte die Lösung nicht einfacher. Wie können wir uns einen neuen oder neueren Jeep kaufen und bezahlen; wie können wir den aus Europa mitgebrachten Jeep in Kanada legalisieren und zurück lassen?
Teilweise waren die örtlichen Händler sehr zuvorkommend und hilfsbereit, doch für unsere Situation hatten sie ebenfalls keine schnelle Lösung griffbereit; zu viele offene Fragen, die auch für die Profis fast unlösbar schienen.
Seitens meiner Verwandtschaft in Ontario/Québec kam bald einmal gezielte Unterstützung. Sie kennen sich mit den örtlichen Sachen und dem ganzen Papierkram besser aus, als wir Fremdlinge aus der Schweiz. Ebenfalls bekam ich gleich einen Platz zugesichert, wo wir unseren Camper, d.h. den Camping-Kit auf ein neues Fahrzeug bauen könnten – somit eine kleine Sorge weniger.
Da unser jetziges Auto noch fuhr, machten wir in Salmon Arm (BC) rechts Umkehr und auf den langen Weg quer durch Kanada nach Pembroke (Ontario). Ob unser Jeep die vielen Pässe und Steigungen noch schaffen würde, wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auch die Distanz ist mit rund 4‘000 Kilometer recht weit. Doch irgendwie mussten wir in den Osten kommen. Und, falls alle Stricke mit einem neuen Grundfahrzeug reissen sollten, wären wir auf dem richtigen Weg zum Hafen nach Halifax, wo regelmässig Schiffe nach Europa ablegen und wir, inklusiv Auto, zusteigen könnten.
Schon reihten wir uns auf dem längsten Highway der Welt ein, der mit über 7‘800 Kilometer von Osten nach Westen, resp. umgekehrt quer durch Kanada führt. Leider mussten wir, fahrzeugbedingt, uns auf dieser Strasse nach Osten bewegen und uns von den Backroads distanzieren; wir brauchten jetzt eine Strasse, die uns möglichst schnell ans Ziel bringt, keine hohen Steigungen erwies und keine erschwerende Hindernisse in den Weg stellt.
Bis Revelstoke konnten wir noch relativ zügig dem Verkehr folgen und waren, so unseren Eindruck, kein zu grosses Hindernis auf dieser stark befahrenen Hauptachse. Doch ab Revelstoke wollte unser Jeep in den ersten Steigungen zum Rogers-Pass nicht im gewünschten Tempo hochfahren und wir schlichen zeitweise mit rund 40 Km/h die steilen Rampen hoch. Kraftlos heulte der Motor vorne unter der Haube, während wir uns gegenseitig anguckten, ob das wohl gut kommen würde.
Das Schneckentempo schenkte uns dafür mehr Zeit für die Landschaft. Es ist eigentlich schade, diese wunderbare Gebirgswelt – selbst bei Regen – in einem hohen Tempo zu durchstreifen. Wir genossen die Ausblicke ins Tal und an die Gebirgsflanken.
Ab Golden stand noch der Kickinghorse-Pass an, der gegenüber dem Rogers-Pass noch einmal etwas höher lag. Dank einem sehr langsam fahrenden Lastwagen und der doppelten Spur für den aufwärtsfahrenden Verkehr viel unser Schneckentempo kaum jemandem auf. Dafür quälten wir das Letzte aus unserem Auto heraus, noch während der Bergfahrt roch es stark nach Öl und ein paar Mal gab es kurze Aussetzer. Oben auf dem Pass folgte die Erleichterung und während der Talfahrt entspannte sich die ganze Situation wieder. Jetzt konnten wir unsere Aufmerksamkeit wieder vermehrt auf die Landschaft richten als auf irgendwelche Temparatur- und andere Anzeigen.
Auch draussen entspannte sich das Wetter – die Wolken verzogen sich und die Sonne lachte hinter den Berggipfeln hervor.
Das lange Bow-Valley ab Lake Louise war für uns ein Genuss und viele Orte hätten einen längeren Aufenthalt verdient. In Banff drosselten wir unsere zügige Fahrt und durchstreifen diese touristische Hochburg mit all seinen positiven wie auch negativen Facetten, und dies mitten in einem Nationalpark. Mit dem nötigen Kleingeld kann man sich hier so alles Mögliche leisten und verwöhnen lassen – garantiert!
Bis Calgary folgten wir erneut nicht dem schnellsten Weg, sondern wählten den alten Highway 1, streiften durch ein wunderbares Gebiete und waren erstaunt, dass auf dieser Strasse fast keine Autos unterwegs waren. Zwar gab es ein paar starke Steigungen, welche die nachfolgenden Kanadier fast in Verzweiflung trieben, aber auch unser Jeep schaffte jeden Hügel – wenn auch nur im Schneckentempo!
Die Rocky’s lagen bereits hinter uns und wurden im Rückspiegel immer kleiner. Dafür wuchsen die Wolkenkratzer der Ölmetropole Calgary immer mehr in die Höhe. Gegenüber der ersten Durchfahrt war es an diesem Dienstag einiges angenehmer, und wir fanden auf Anhieb die richtigen Strassen und zweigten auch immer richtig ab.
Kaum verschwanden die Wolkenkratzer ebenfalls aus dem Blickfeld des Rückspiegels, schon standen wir draussen in der weiten Prärie.
Auf seiner ganzen Länge durchstreift der Trans-Kanada Highway viele wunderbare Gebiete, aber auch x-tausend Kilometer flache Prärie. Die Durchquerung der Rocky Mountains war sehr abwechslungsreich. Und die Prärie? Viele Reisende versuchten uns diese Abschnitte in ihren Erzählungen zu beschreiben und, wie beschrieben, ja es war so: Einfach flach!
Ja, es war „flacher als flach“! Die leicht hügelige Landschaft ging immer mehr in unendliche Weiten über. Wälder, oder einzelne Bäume wurden immer weniger, dafür riesige Flächen Weideland, wo tausende Rinder ihrem Futter nach stampften.
Wäre kein Schild mitten in dieser Ebene, so würde man kaum den Provinzwechsel von Alberta nach Saskatchewan bemerken.
Saskatchewan, jedenfalls der Südgrenze entlang, ist – um ehrlich zu bleiben – langweilig flach. Wenige Siedlungen stehen der Strasse entlang und bieten wohl etwas Arbeit in der Landwirtschaft oder deren angesiedelten Bereiche.
Wo vielleicht vor etwas mehr als hundert Jahren einmal an einer Wegkreuzung ein paar Häuser hingestellt wurden, befindet sich heute der Hauptort Regina und es macht heute noch den Eindruck, als wäre die Stadt soeben in die Fläche gestellt worden.
Wir fragten uns immer wieder, was einmal die Menschen hierher trieb und was sie nach der Arbeit wohl unternehmen. Vielleicht erlebten wir diese Provinz einfach nur falsch und aus der Optik eines durchfahrenden Autos auf dem Highway.
Dafür entdeckten wir, kurz vor dem Erreichen der Provinzgrenze Saskatchewan-Manitoba, in der Nacht wieder Sterne und – als Krönung – den Vollmond. Lange sahen wir weder Sterne noch Mond. Im Norden waren es die schier endlosen Tage, die jegliche Sicht auf die Himmelskörper raubte, später war es die Dauerbewölkung und der abendliche Regen.
Gegen Manitoba folgte landschaftlich wieder ein Wechsel. Die Getreidefelder wurden kleiner, dafür gab es vermehrt Waldflächen, Baumgruppen und viele Wasser- und Sumpfflächen. Die Landschaft wechselte von ultraflach zu leicht gewellt und wir mussten unser Jeep wieder über unzählige Steigungen hochquälen.
Die Landwirtschaft spielt in Manitoba als auch im westlichen Saskatchewan eine wichtige Rolle und selbst in den Provinzhauptstädten kann man Traktoren und Mähdrescher kaufen. Doch beide Provinzen sind ebenfalls stark in der Öl- und Gasförderung und Saskatchewan gehört zu den grösseren Kali- und Urananbietern der Welt. Dies ist vielleicht auch der Grund, wieso wir immer wieder auf Menschen gestossen sind, die aus all möglichen Ländern dieser Erde herkommen.
Nach Winnipeg folgt der Highway noch wenige Kilometer durch landwirtschaftliche Nutzfläche, eh es wieder vermehrt hügelig wurde.
Unser Auto musste wieder vermehrt sich die Steigungen hochkämpfen und war oft an der Spitze der Fahrzeugkolonne. Wir wollten nicht wissen, was die Folgefahrer über diesen Schleicher an der Spitze dachten; gehupt wurde jedenfalls des öftern.
Doch fürs Auge wurde es immer schöner; hier beginnt eigentlich der kanadische Granitschild, der sich bis ans Polarmeer und Hudson Bay hochzieht. Überall kommt der nackte Fels zum Vorschein. Wo es Erde hat, da befindet sich ein üppiger Pflanzenwuchs und abertausenden Seen – grosse und kleine – die zum Verweilen einladen. Was in Manitoba beginnt, setzt sich in Ontario mit noch grösserer Intensität fort. Hinter jeder Kurve liegt bereits ein neuer See, nach jeder Erhebung und Richtungswechsel ändert sich auch das Landschaftsbild.
Da soll noch jemand sagen, der Trans-Kanada Highway wäre langweilig!
In Thunder Bay mussten wir den „Oberen See“ zuerst suchen; die ganze Stadt ist sehr weit und liegt nicht unmittelbar an der Wassernähe. Erst im östlichen Teil wurde in der Nähe des Hafens der Blick auf den See frei und der Sonnenschein verwöhnte uns mit wunderbarer Farbintensität.
In Nipigon bogen wir ab und folgten dem gleichnamigen Fluss und dem Helen See in Richtung Norden. Während wir heute bequem auf dem Highway dem Wasser folgen können, nutzten die indigen Völker schon mehrere Jahrhundert vor der Ankunft der ersten Europäer diesen Wasserweg und erschlossen so grosse Teile des heutigen westlichen Ontario.
Unser Highway wendete sich bald wieder in östliche Richtung und hunderte von Kilometer folgte dieses Teerband durch die weiten Wälder, gesäumt von wenigen Siedlungen, wo es für die umliegende Bevölkerung meist nur das Allerwichtigste gibt. Wir wählten diese Verbindung nicht aus touristischen Überlegungen, sondern es war für uns die beste Verbindung in den Osten, da der Strassenverlauf keine allzu grossen Steigungen aufweist und auch eine sehr beliebte Route bei den Lastwagenfahrern ist.
Die ausgedehnten Wälder in diesem Gebiet gelten als das nördliche Amazonas und ist einer der grössten Kohlendioxidspeicher; doch für unser verwöhntes Auge war es trotzdem etwas eintönig und eher Pflicht als Kür. Nach vielen hundert Kilometer näherten wir uns der Provinz Québec und auf die weiten Waldflächen folgte wieder ausgedehntes Farmland. Auch können die vielen französisch lautenden Namen die ehemalige französische Vergangenheit nicht leugnen, wie auch der Baustiehl der älteren Gebäude als auch Kirchen.
Um unserer Fahrt noch etwas mehr Abwechslung zu geben, machten wir bei Notre-Dame-du-Nord einen kleinen Schwenker nach Québec und fühlten uns gleich in einer etwas anderen Welt. Nach unserer langen Zeit im britisch-englischem Teil tat uns das französische „Art de vivre“ wieder einmal super gut. Auf den wenigen Kilometer bis Témiscaming fühlten wir uns wie mitten in Frankreich und das wunderbare abendliche Licht liess die ganze Landschaft in seinen besten Farben erstrahlen.
North Bay liessen wir rechts liegen und folgten weiter auf einer Nebenstrasse dem Ottawa-River, eh es über die letzten starken Steigungen und aufheulendem Motor über den starkbefahrenen Highway Pembroke entgegen ging.
Der Empfang bei Kaiser’s in Pembroke als auch in Chapeau war herzlich und man freute sich auf die ungeplante Rückkehr der Weltenbummler.
Ja, wir sind eben in Kanada; kommt herein, macht es euch bequem und was können wir für euch tun!