Transit

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Dänemark – Deutschland – Holland
Früh weckte uns der Innenlautsprecher in der Kabine, dass wir bald in Hirtsland (DK) anlegen werden und wir unsere Kabinen räumen sollten. Bald standen wir – mit Kaffeebecher – draussen auf der Reling und schauten hinaus in den Gischt, die vor der dänischen Küste lag. Die immer zahlreicheren Fischerboote kündigten uns das baldige Eintreffen im Zielhafen an. Bei unserer Ankunft lachte uns die Sonne entgegen und ein angenehmer Wind wehte vom Land; endlich Sommer!

Unser Vorhaben für die Weiterfahrt war relativ einfach und fast unmissverständlich; so schnell als möglich nach Amsterdam, von wo wir die Fähre nach Newcastle Upon Tyne (UK) besteigen möchten. Aus diversen Nachrichtenquellen gab es Hinweise, dass die englische Regierung die Einreise wieder verschärfen und mit einer zweiwöchigen Quarantäne belegen möchte. Wir möchten unseren ältesten Sohn, der bereits 3 Jahre in England lebt, ohne diesen Zwangsurlaub besuchen und wüssten auch nicht, wo wir die kontrollierte Quarantäne verbringen könnten!

So folgten wir in relativ zügiger Fahrt der Westküste in südlicher Richtung. Obwohl flach – flacher geht‘s kaum – überraschte uns Dänemark mit seiner Vielfalt und sehr abwechslungsreicher Landschaft.  Zu Beginn war es noch relativ ruhig und bei den kurzen Badestopps waren wir nur mit wenigen Einheimischen am Strand und im Wasser. Dies änderte sich doch bald und immer mehr Ferienressorts beherbergten Unmengen an Touristen. Zähfliessender Urlaubsverkehr schlängelte sich den Sanddünen entlang!

Kurz vor Deutschland entschlossen wir uns, auf Rømø hinaus zufahren und noch einmal am Meer zu übernachten. Doch wir waren nicht die einzigen, die über dem Damm hinaus auf die vorgelagerte Insel fuhren. Über die Wochenenden hatte Deutschland seine Inseln für den Wochenendtourismus gesperrt und so war vermutlich halb Norddeutschland hier draussen am Strand in Dänemark. Was wir auf Rømø sahen und erlebten, hätten wir uns nie vorstellen können. Was früher die Badetücher an Badetücher an der italienischen Riviera waren, sind heute die Wohnmobile. So viele Wohnmobile haben wir noch nie gesehen, die dicht an dicht gedrängt oder zu Wagenburgen zusammen gestellt waren. Alles war da; vom einfachen selbstgebauten Wohnmobil bis zum Überlebensfahrzeug für die russische Taiga!

Eigentlich wäre an diesem Stand freies Uebernachten nicht erlaubt und wir waren abends – die Sonne war schon lange am Horizont verschwunden – sehr überrascht, dass fast alle den Strand verliessen. Eine Handvoll Fahrzeuge blieb für die Nacht zurück. Dafür gab es auf dem nächst gelegenen Campingplatz „Ballermann“ bis zum Sonnenaufgang und erst nach dem Aufheulen der Motoren bei einem Dünenrennen kehrte endlich Ruhe ein. Kaum war der Tag wieder angebrochen, kehrten die x-hunderte Wohnmobile wieder zurück an ihren Standplatz und wir fragten uns, wo um Himmels Willen diese Fahrzeuge während der Nacht gestanden haben. Oder waren alle beim „Ballermann“? Jedenfalls staunten wir erneut: Ein riesiger Fahrzeugstau unterwegs zum Stand. Verrückte Welt!

Für den Grenzübertritt nach Deutschland mussten wir zwei Mal umdrehen, da Dänemark alle kleinen Grenzübertritte geschlossen hatte und nur die grösseren Übergangsstellen offen liess, wo Soldaten die Einreisenden kontrollierten. In Deutschland war hingegen alles fast normal und emsiges Treiben herrschte auf den Strassen. Dafür wurden die Corona-Schutzmassnahmen und Empfehlungen eher befolgt als anderswo; für uns etwas beruhigend.

Hamburg liessen wir links liegen und umfuhren diesen urbanen Grossraum weiträumig, setzten mit einer Fähre über die Elbe und folgten eher ruhigen Landesstrassen durch das Friesenland in westlicher Richtung. Weiter nördlich der Nordsee zu folgen wäre eher ein entlang fahren der Dünen als freie Sicht aufs Meer.

Nach Weener an der Ems (D) huschten wir fast unbemerkt über die deutsch-holländische Grenze und nur ein kleines Schild machte uns darauf aufmerksam, dass wir in Holland angekommen waren. Bis zum Ijsselmeer ist Holland sehr schnell erzählt; weite landwirtschaftliche Flächen mit riesigen Agrarbetrieben, gefolgt von schönen kleinen Dörfern und Kleinstädten. Auch waren die Holländer im Umgang mit der Corona-Pandemie ähnlich wie die deutschen Nachbarn und sehr diszipliniert, was sich jedoch nur aufs alltägliche betraf. In der Freizeit und am Wasser waren auch bei den Holländern sämtliche Empfehlungen zum Schutz einer möglichen Corona-Ansteckung zu Hause geblieben.

Der Markwasserdeich brachte uns auf die gegenüberliegende Seite des Ijsselmeers und in das städtische Labyrinth von Enkhuizen. Eine eindrückliche Stadt mit ihren unzähligen Grachten und Gassen, doch für die Weiterfahrt irrten wir immer tiefer in das Zentrum hinein und brachte uns fast an die Grenzen des Verstandes: Können wir unsere Karte nicht richtig lesen oder sind wir einfach zu dumm dafür?

Bald erreichten wir die holländische Riviera. Hier tummelte sich wirklich alles durch die Strassen oder sonnte ausgiebig hinter den Sanddünen. Einfach: Sehen und gesehen werden! Die touristischen Schlafmöglichkeiten waren bis zum letzten Platz ausgebucht und wir mussten lange suchen, bis wir auf einem Bauernhof noch einen freien Standplatz für die Nacht ergatterten. Wir waren froh, den Übernachtungsplatz auf einem überschaubaren Campingplatz beim Bauer erhalten zu haben. Auf den grossen Plätzen würden wir – dicht an dicht – mit anderen Campern sein, und ein gegenseitiges Ausweichen wäre nicht immer möglich. Es lebe Corona! Und noch zum Vorteil: Es war endlich mal richtig warm und ohne Wind!

Nach dem Nachtessen stöberten wir noch lange im Internet herum um möglichst viele Informationen über weitere Reiseeinschränkungen für Grossbritannien zu erhalten. Nach diesen letzten Informationen sollte diese Überfahrt und Einreise für uns problemlos sein. Mit der Hoffnung, dass es dabei bleiben würde, genossen wir noch kurze Zeit die abendliche Wärme bei einem feinen Glas Wein.

Die Anfahrt zum westlich liegenden Seehafen von Amsterdam war trotz GPS und weiteren Angaben nicht ganz einfach, und erst nach mehreren Irrfahrten standen wir im Eingangsbereich des Fährhafens. Vermutlich infolge der Corona-Pandemie wurden wir sehr früh eingelassen und die nötigen Unterlagen ausgehändigt. Da Grossbritannien nicht mehr zur EU gehört, wurde unser Fahrzeug durch den Zoll sofort beiseite dirigiert und einer näheren Kontrolle unterzogen. Nach dem Öffnen der ersten hinteren Seitentüre kam beim Beamten ein Lächeln hinter der Schutzmaske hervor, und schon waren wir in ein Fachgespräch über die Ausrüstung verwickelt. Anderen Reisenden erging es nicht so gut (zu viel oder verbotene Ware dabei), und sie durften vom Dock aus zuschauen, wie die gebuchte Fähre ablegte! In der Kabine mussten wir ein Online-Formular zu Handen der britischen Gesundheitsbehörde ausfüllen und dies vor dem Ablegen des Schiffes übermitteln.

Auf dem Schiff, d.h. allen gemeinsamen Räumen, wo ein entsprechendes Ausweichen nicht möglich war, waren alle Personen – Personal und Reisende – verpflicht, eine Schutzmaske zu tragen. Eigentlich klappte dies sehr gut, bis auf die englischen Reisenden, die sich über diese Vorschrift einfach hinweg setzten und den ganzen Schutzmassnahmen wenig Beachtung schenkten. selbst beim Anstehen für das Nachtessen-Buffet, wurden eher keine Masken getragen noch die Abstandsregel eingehalten. Eigentlich sehr irritierend und wir fragten uns, wieso die englische Behörde plötzlich die Schutzmassnahmen verschärfen möchte, obwohl ihre eigene Bevölkerung sich kaum daran hält.

Pünktlich legte die Fähre ab und bei wunderschönem Wetter steuerte sie hinaus in die Nordsee. Nach dem Apèro – ich musste mich an die englischen Biere gewöhnen – folgte bald das Buffet, wo allerlei Köstlichkeiten aufgetischt wurden.

Ob es am Nachtessen oder der Anspannung der bevorstehenden Einreise in Newcastle (GB) lag, dass wir beide nicht gut schliefen und mit Magenproblemen zu kämpfen hatten, werden wir wohl nie in Erfahrung bringen. Trotz der Zuversicht der bedingungslosen Einreise war die Anspannung sehr gross.