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…der weite Weg nach Marokko
Die Tage wurden kürzer, die Nächte länger und unsere Lust für die Weiterreise in den Süden war fast ins unermessliche gestiegen. Nach dem Umzug in die neue WG in Dornach und den vielen Anpassungen unseres Campers, d.h. dem Abspeckprogramm (siehe auch unter Technik), packten wir unsere sieben Sachen zusammen. Zwar hätte ich dies oder jenes noch gerne erledigt, doch Chantal war die Warterei überdrüssig.
Bevor wir die „frische“ Schweiz verliessen, gab es einen kurzen Verwandtschaftsbesuch nördlich des bereits schneebedeckten Stockhorns und schon hatten wir eine neue Idee unserer Reiseroute. Wieso nicht über Italien – Frankreich in den Süden reisen? Dass es in der Schweiz abends und nachts um diese Jahreszeit sehr kühl sein kann, nahmen wir so nebenbei zur Kenntnis. Jedenfalls war die erste Nacht abseits auf einer Forststrasse nördlich des Simplon-Passes sehr kalt und erneut schätzten wir unsere wärmespendende Heizung, die so nebenbei unsere enge Kabine auf angenehme Temperaturen aufwärmte.
Der Adler auf dem Simplon-Pass, umgeben vom ersten Schnee, lachte uns schon von weitem entgegen. Unser Aufenthalt war dementsprechend kurz, schon ging es hinunter durch die tiefe Schlucht südwärts Domodossola entgegen und weiter hinaus in die Weiten der Po-Ebene. Die Tage waren angenehm und sonnig, die Abende und Nächte – wie es Mitte November sein kann – frisch bis sehr kalt.
Unser Tatendrang und Erlebnishunger waren trotz der nächtlichen Frische ungetrübt und die verzuckerten Alpen reizten uns mehr als der direkte Weg ans Mittelmeer. So hatten wir plötzlich die Idee, über den Tenda-Pass nach Frankreich zu fahren. Die grosse Hinweistafel im Taleingang ignorierten wir und waren überzeugt, dass wir den geschlossenen Strassentunnel über den Pass umfahren konnten; schlussendlich haben wir ja Allrad und Schneeketten dabei! Doch aus diesem Vorhaben wurde nichts; auch die alte Passstrasse war bereits gesperrt und zwang uns zur Umkehr.
Ab diesem Zeitpunkt studierten wir die offenen Strassenverbindungen genauer und fanden doch noch einen offenen Übergang in den südlichen Alpen zwischen Italien und Frankreich. Über den Col de Maddelene erreichten wir Barcelonette und die nächste Überraschung: Für den Weiterweg stand nur noch der Col d’Allos oder die Schnellstrasse in westlicher Richtung offen. Wir wählten selbstverständlich den Weg über den zweitausendundzweihundert Meter hohen Pass. Der herbstliche Abstecher zum Grand Canyon du Verdon durfte auf dieser Routenwahl nicht ausgelassen werden und mit Erstaunen stellten wir fest, dass noch viele reisehungrige Touristen unterwegs waren.
Bevor wir erneut ins Landesinnere fuhren, legten wir noch einen Stopp in der Camargue ein und lauschten dem abendlichen Wellengang neben einer Pferdeweide.
Für unsere Weiterfahrt planten wir einen Abstecher nach Lourdes und den nächsten südlichen Übergang nach Spanien. Doch der aufkommende kalte Nordwind und die dunklen Wolken liessen erneut unsere Reiseroute als Wunsch zurück. Die Wetteraussichten meldeten auch in den Pyrenäen Schneefall bis in tiefe Lagen und schon war unsere Route zugunsten der östlichen Küstenregion abgeändert. Doch selbst im sonnigen Spanien hingen die Wolken entlang der Costa Brava tief an den Bergen und verleitete zu einem zügigen Vorwärtskommen in südlicher Richtung.
Wir folgten über Nebenstrassen der Küste weiter in Richtung Valencia, wo ich kurz über den Zaun von Stadler Rail schauen wollte, ob dort irgendwo gelbe Trams oder Loks der SBB zu erspähen wären. Gelbe Tinas – die neuen Trams der BLT – noch Loks für die SBB konnte ich durch den hohen Werkszaun entdecken, dafür sechsachsige Loks der unterschiedliche Bahnbetreiber für den liberalisierten europäischen Güterverkehr.
Valencia wollten wir nicht durchqueren, da unsere Schaulust auf die vergangene Hochwasserkatastrophe nicht besonders hoch war. Schlussendlich befanden wir uns doch mitten drin, d.h. in Zentrum von Valencia und waren überrascht, dass eigentlich nichts zu sehen war, was an eine Katastrophe erinnern würde. Erst südlich und südwestlich musste vor Wochen das Wasser seinen unheilvollen Weg durch das Industrie- und Gewerbegebiet gesucht haben. Weiter westlich, in den höheren Gebieten, sahen wir doch einiges an Zerstörung und wie das Wasser durch die engen Flussläufe alles mitgerissen hatte, was dort im Wege stand. Wer dann auf den Wegen und Strassen entlang oder durch die sonst ausgetrockneten Flussläufen unterwegs war; tja, dann gute Nacht und auf Nimmerwiedersehen. Unten im Tal und Ebenen gegen Valencia standen Berge von demolierten Autos am Strassenrand aufgetürmt.
Diese Nacht verbrachten wir an einem Stausee im Landesinnern, der vermutlich in den letzten Jahren wohl nie mehr richtig voll war; viele eingezeichnete Grillplätze lagen unter der Wasseroberfläche. Auch beim Überlauf der Staumauer sind die gewaltigen Spuren der Wasserkraft vom Hochwasser deutlich zu sehen und wie sich die Wassermassen durch das Tal ins nahe Valencia stürzten. Mit etwas Ehrfurcht und Respekt legten wir uns unter die Decke; ein solches Drama muss wohl tiefe Spuren bei der lokalen Bevölkerung ausgelöst haben.
Die weiteren Wetteraussichten kündeten Niederschläge an, so dass wir die Berge erneut in Richtung Mittelmeer verliessen. Nach so viel Regen waren viele Nebenstrassen und Wege immer noch gesperrt oder stark beschädigt. Der aufkommende Regen könnte in den abgelegenen Gebieten uns plötzlich vor andere Probleme stellen, dass es weder vorwärts noch rückwärtsgehen könnte. Und, wir wollen ja nach Marokko und nicht irgendwo in einer spanischen Sierra überwintern!
So steuerten wir Cartagena an und genossen umgehend das freundliche Wetter an der Mittelmeerküste. Da an unserer Jeep die hintere linke Bremszange leckte, suchten wir eine Jeep-Werkstatt auf und hofften auf entsprechende Hilfe, resp. Ersatzteile. Zu unserem Verdruss; das nötige Ersatzteil müssten sie in Italien bestellen und der Liefertermin wurde mit „unbestimmt“ angegeben. Der Mechaniker meinte aber, dass diese leichte Leckage vertretbar sei und wir einfach den Vorratsbehälter der Bremsflüssigkeit im Auge behalten sollten. In der Hoffnung, dass er Recht behalten sollte, verliessen wir die Werkstatt und machten uns auf unseren Weiterweg.
Zwischenzeitlich planten wir an unserer Rundreise durch Marokko. Um das Riffgebirge zu umfahren (Drogenmafia), buchten wir die Fährüberfahrt von Almeria nach Melilla, wo wir dann direkt ins Atlasgebirge fahren konnten. So hofften wir auch, vor den Schneefällen noch einiges dieser wilden Region erleben zu dürfen und südlich davon die nächsten kalten Winterwochen verbringen zu können.
Doch es kam erneut anders als geplant; die Bremszange leckte immer mehr und wir entschlossen uns, die Fährüberfahrt zu verschieben. Wir bestellten bei einem „After-Market“-Händler die hinteren Bremssättel, die lieferbar waren, und in wenigen Tagen in Spanien bei unserer Wunschadresse eintreffen sollten. Das Erlebnis vom letzten Frühjahr in Arizona/USA lernte uns und Ersatzteile nach Marokko zu liefern wbeäre stimmt etwas aufwändiger.
Obwohl uns der deutsche Händler eine Expresslieferung versprach, brauchten die beiden bestellten Bremszangen etwas länger als von uns erwünscht und eine nervige Warterei auf einen Campingplatz begann. Zwar brachten die dauernden Blicke aufs Mobiltelefon eine gewisse Unruhe in die Wartezeit; das Paket musste wohl irgendwo in Madrid liegen geblieben sein. Na klar, es war ja „Black Friday“ und Wochenende und Express ist wohl in den südlichen Ländern nicht das Gleiche wie wir es uns erwünschten.
Vielleicht reicht es ja auf die nächste Fährverbindung nach Melilla, die am nächsten Mittwoch kurz vor Mitternacht ablegen wird.
Wir hoffen es jedenfalls. ;-