Wieder in Kanada

>Bilder ganz unten!

….und zurück in die USA
Von der USA herkommend war die Einreise ins grosse nördliche Land ein Kinderspiel. Zwar stellte der Zollbeamte ein paar kritische Fragen, aber am Schluss war es eine nette Unterhaltung über unsere vergangene Reise. Mit ein paar Tipps zu Kanada wünschte er uns bald eine gute und erlebnisreiche Weiterfahrt. Vermutlich sehen wir wirklich sehr vertrauenswürdig aus! 🙂

Für uns war es wie ein „Heimspiel“, da wir bereits mehrmals auf dieser Halbinsel, eingeklemmt zwischen dem Lake Huron, Lake St. Clair und Lake Erie, unterwegs waren, wo sich fast alles um die Landwirtschaft dreht. Wir folgten vorerst dem Lake Erie, wo wir bessere Übernachtungsmöglichkeiten vermuteten und vom Wind her eventuell weniger Mücken lebten. Ja, die Stechmücken, bzw. Black Flies (…gemäss Chantal noch viel schlimmer !!)  waren bereits unsere treuen Begleiter und jahreszeitabhängig saugten diese Plaggeister kräftig an unserem Blut. Der abendliche Mückenschutz war bereits tägliche Routine und selbst bei kleinsten Pausen ging es nicht mehr ohne.

Beim ehemaligen Eisenbahnknotenpunkt St. Thomas, der im südwestlichen Ontario lag, verliessen wir den Lake Erie und fuhren durch weite landwirtschaftliche Gebiete in nordöstlicher Richtung. Die Richtung nach Chapeau (QC)/Pembroke (ON) zu meiner Verwandtschaft (Tom) hätten wir zwar eingeschlagen, doch es standen noch viele Varianten zur möglichen Auswahl offen. Schlussendlich wählten wir den weitesten Weg nördlich um den Algonquin State Park herum, folgten kurz dem Ontario-River, bevor wir uns in den weiten Wäldern von Laurentians über staubende Pisten nach Osten fuhren. Eigentlich gäbe es in diesen weiten Waldgebieten und an den Seen sehr viele tolle Plätze, doch anhalten war beinahe verboten; sofort wurde man von tausenden Mücken überfallen. L

Seitens meiner Tante in Pembroke/Ontario war lange etwas unklar, wo wir bleiben konnten und ihr Angebot war für uns etwas verwirrend. So entschlossen wir uns kurzerhand beim Cousin in Chapeau/Quebec auf der Farm uns für die kurze Bleibe einzurichten. Trotz dieses „Hin und Her“ war der Empfang – wie sollte es anders sein – ganz herzlich und die gemeinsame Zeit verflog für mich (Tom) viel zu schnell. Obwohl ich unfallbedingt nicht so richtig zupacken konnte, war es eine kurzweilige Zeit. Für den letzten Abend wurden wir von meinem Onkel nach Pembroke eingeladen und ich (Tom) umgehend zum Grillmeister degradiert, eh es anderntags wieder „adieu“ hiess und bis zum nächsten Mal.

In zwei Tagen fuhren wir kreuz und quer von Ontario nach Quebec und wieder zurück, ans nördliche Ufer des Lorenzstroms, eh wir die Farm meines zweiten Cousins (Tom) am äussersten Zipfel von Ontario erreichten. Zwar war die Herzlichkeit beim Wiedersehen nicht dieselbe wie oben in Chapeau/Pembroke, doch die erfahrenen Neuigkeiten beschäftigten mich – nein uns – entsprechend; manchmal kann das Leben wirklich kompliziert sein! Aus einem Traum wurde hier Frust und Enttäuschung.

Für die Weiterfahrt nach Halifax (Nova Scotia) spielten wir schon lange mit dem Gedanken, erneut die Grenze in die USA zu überqueren und durch die nordöstlichen Bundesstaaten weiter zu fahren, da wir die schmalen und fahrbaren Landschaften entlang des Lorenz-Strom bereits vor ein paar Jahren erkundeten. Also, nichts wie hinüber ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Mit etwas unruhigen Gefühlen steuerten wir zum US-Grenzposten. Wir waren uns nicht ganz sicher, wie unser Jeep bei der Einreise im letzten Frühsommer registriert wurde und ob der Aufenthalt in Mexiko den ganzen Fahrzeugaufenthalt in Nordamerika veränderte, oder ob die kurze Zeit in Kanada genügend war. Unsere Papiere, resp. der Pass war für den Zollbeamten in Ordnung, doch beim Auto suchte er vergebens nach irgendwelchen Daten in seinem Computer und nach einer möglichen zolltechnischen Registrierung bei einem Grenzübertritt. Gott sei Dank fand er nichts und so wurde unser Jeep als Neuankömmling in den USA registriert. Hurra, wir waren wieder „drinnen“ (USA).

Kaum „drinnen“, folgten wir der US-amerikanischen und kanadischen Grenze in östlicher Richtung. Die ausgedehnten Wälder der nordöstlichen Bundesstaaten lockten uns, da, wo die nördlichen Ausläufer der Appalachen auf der US-amerikanischen Seite liegen. Für grosse Unternehmen fehlte uns jedoch die nötige Zeit, da wir noch weitere Vorhaben in Kanada eingeplant hatten und der Termin für die Rückverschiffung nach Europa bereits gebucht war.

New York – nicht zu verwechseln mit der viel weiter südlich liegenden Grossstadt, wo der Tag nie endet – ist im Norden stark von der Land- und Forstwirtschaft geprägt. Weite, fast unberührte Landschaften begleiteten uns in Richtung Plattsburgh, wo wir die Administration auf einem State-Park beinahe zum computertechnischen Absturz brachten. Ob es an unserem Namen lag, dem europäischen Wohnort oder an der etwas überlange Telefonnummer aus der Schweiz; wir wissen es nicht! Erst am Folgetag konnte ein Computerspezialist das Problem lösen und uns fein säuberlich auf der Datenbank von New York State registrieren; Ordnung muss sein! Nach dieser Prozedur durften wir den Campingplatz endlich verlassen und mit der Fähre über den Lake Champlain nach Vermont in den nächsten Bundesstaat hinüber wechseln.

In Vermont verliebten wir uns gleich; die Landschaft würde auch hier zu längerem Verweilen einladen und viele Outdoor-Aktivitäten könnte man selbst erleben oder durch die vielen kleinen Unternehmen organisieren lassen, wie die allgegenwärtige Werbung am Strassenrand versprach. Trotz der tollen Aktivitäten, drängte die Zeit und wir genossen die liebliche Gegend einfach durch die Windschutzscheibe. Und, eine Buchung für irgendein Unterfangen hätte vermutlich wieder zu einem Totalausfall des Computers geführt, da diese nicht auf ultralange Telefonnummern ausgerichtet sind. 😉 So hüpften wir noch gleichentags über die Grenze nach New Hampshire und bezogen unser Übernachtungsort auf einem privaten Campingplatz.

Doch auch auf diesem Platz mussten wir – mitten im Wald – uns über eine Online-Plattform registrieren und per Kreditkarte bezahlen, was beim zweiten Versuch endlich klappte. Noch vor wenigen Jahren konnte man auf einem Umschlag seinen Namen und das Autokennzeichen eintragen, den Geldbetrag in den Umschlag stecken und diesen in irgendein Behältnis werfen. Doch heute ist alles moderner und wenn es gut kommt, tippt man viele Minuten auf dem Mobiltelefon herum und landet schlussendlich in irgendeiner Warteschlaufe. Und als Belohnung darf man noch eine happige Bearbeitungsgebühr für die Online-Buchung mitüberweisen. Es lebe die Moderne! Statt sich auf die Landschaft zu konzentrieren, verbringt man bald mehr Zeit, sich mit dem Mobiltelefon irgendwo und –wie anzumelden oder zu registrieren.

Wir waren froh, als wir das Schild „Maine“ auf einem einsamen Waldweg entdeckten und freuten uns auf die nächsten Herausforderungen; ob nun bei der Streckenwahl oder am Mobiltelefon. Doch in Maine kam es dann anders und die gute alte Zeit lebte hier noch; Umschläge lagen für die Bezahlung auf, oder eine nette Rentnerin oder Rentner übernahm die entsprechende Aufgabe. Doch in den weiten Waldgebieten brauchten wir nicht oft eine entsprechende Infrastruktur anzufahren; wunderbare und lauschige Ecken für eine Übernachtung fanden wir fast immer auf Anhieb und dies mit oder ohne Mücken.

Die ganz grossen und nördlichen Waldgebiete sind im Besitz irgendeines Grosskonzerns, dürfen aber privat genutzt werden und ist eine Art kommerzielle Nutzung und Schutz zugleich. Wir umfuhren auf diesem Weg den Baxter State Park weit westlich und waren überrascht, dass auch ausserhalb von Schutzgebieten wunderbare Landschaften zu erleben sind. Doch nicht alles wird hier geschützt; wenn die Jagdzeit eröffnet ist, wird es vermutlich für normale Touristen wie wir eher etwas ungemütlich in diesen weitläufigen Wäldern. Nebst den Bären wird auch den Elchen (Moose in Nordamerika) nachgestellt und stehen bei den Jägern ganz oben auf der Wunschliste. Auch wir endeckten diese Tiere öfters und jedes Mal gab es einen Freudenschrei. Leider reichte es nie und nimmer für ein Foto; diese Kerle waren für uns einfach zu schnell m Wald verschwunden. 🙁

In Saint Francis und Fort Kent erreichten wir den fast nördlichsten Punkt von Maine. Erneut eine Überraschung unsererseits; überall hingen nebst den omnipräsenten US-Flaggen auch jene von Quebec. Auch die Ortsnamen erinnern mehr an Quebec als an ein US-amerikanisches Land. Ein netter Herr erklärte uns später, dass dies mit der Geschichte der Gegend zu tun hätte und noch heute sehr viele Familien zweisprachig seien. Selbst die jungen Leute sind heute stolz, die Sprache ihrer Urahnen sprechen zu können.

Doch je weiter südlich wir dem US-Highway 1 folgten, desto amerikanischer wurde es wieder und in dieser ländlichen Gegend wurden bereits an allen Ecken die Werbetrommeln für die kommenden Präsidentschaftswahlen getätigt. Auffallend war auch: Je armseliger die Behausungen desto grösser die Werbebotschaften ihres Traumpräsidenten, der für ein grosses Amerika eintritt. Vermutlich träumen diese Menschen von einem besseren Amerika und vergessen, dass für sie vermutlich am wenigsten abfällt.

So erreichten wir bald Calais/Maine, das seinem französischen Namensgeber fast die Hand reichen könnte. Viele heruntergewirtschaftete Fabriken und Häuser säumten die Strasse von weit ausserhalb des Zentrums. Dafür war der Wechsel zurück nach Kanada einfach und nach einer kurzen Fahrt über die Brücke waren wir bereits dort, wo das rote Ahornblatt auf der Flagge im Winde flatterte.
Vom Zollbeamten folgten  – wie hätte es anders sein können – wenige Fragen und schon hiess es wieder; herzlich Willkommen in Kanada. 🙂

Chantal und Tom/Juni 2024