>Bilder ganz unten!
….unser Endspurt zurück in die USA
Nach der eindrücklichen Fahrt hinaus in die Lagune von Guerrero Negro und der erholsamen Nacht in den Sanddünen von Soledad setzten wir unsere Fahrt in nördlicher Richtung fort. Eigentlich wollten wir, so unsere Idee in spätestens einer Woche an der Südgrenze der USA sein. Aber eben; wollten, denn meist kommt es anders als geplant. 😉
Schon beim ersten Versuch, die Strasse Mex1 zu verlassen und weiter über eine Backroad zu fahren, mussten wir nach wenigen Kilometer umkehren und zurück auf die stark befahrene Hauptverbindungsstrasse fahren. Es folgten dann viele langweilige Kilometer, eingeklemmt zwischen Lastwagen und Mexikaner, die unterwegs waren, als wären sie auf einer Formel-1-Strecke.
Dank Chantal’s Künste die digitale Karte richtig zu lesen, fanden wir bald den längst erwarteten Weg zur Küste und weg von der stark befahrenen Strasse. Wir waren wieder in unserer Welt und die Verkehrshektik lag hinter uns. Durch weite einsame Landschaften folgten wir der Küste. Nur wenige kleine Fischerdörfer lagen in den jeweiligen Buchten, wo die Menschen vom Fisch- und Krabbenfang ihr Einkommen erwirtschaften können. Die wenigen Rinder als auch Ziegen erbringen in dieser kargen Landschaft wohl zu wenig oder liegen heutzutage einfach nicht mehr im Trend.
Und dann; während der ersten Nacht entdeckten wir in unserem Jeep eine Maus als Mitbewohnerin. Wie sie in unseren Jeep kam, war und ist immer noch ein Rätsel. Zu unserer Überraschung pendelte die kleine Maus zwischen Motorraum und Innenraum hin und her, als wäre dort irgendwo eine grosse offene Tür. Tagsüber war es relativ ruhig; erst abends bewegte sich der kleine Nager durch unser Auto. Raschelgeräusche begleiteten uns plötzlich durch die stillen Nächte. Hoffentlich knappert sie uns kein Kabel an und bringt unser Auto zum elektrischen Ausfall. Etwas hilflos wollten wir das Tier loswerden, aber nicht nach mexikanischer Manier auf einer Klebeliste einfangen und im Müll entsorgen.
Nach zwei Tagen wussten wir auch, warum das kleine Ding in unserem Auto war: Chantal fand 2 frisch geborene Mäuse in ihren Winterschuhen. Irgendwie klappte die Gefangennahme und wir wollten die 3 Nager – Mutter mit Jungtieren – in der Wildnis aussetzen. Doch bei der Aussetzung war nur noch ein kleines Jungtier im vermeidlich gut verschlossenen Schuh. Wo war die Maus mit ihrem Jungen geblieben? Den Schuh mit dem einzelnen Jungtier stellten wir erneut in den Jeep und sassen ratlos am abendlichen Feuer, umgeben von einer einzigartigen Landschaft aus Bulderblöcken. Am späten Abend wussten wir Bescheid: Die Maus war mit ihrem Jungtier zu schützenden Jeep zurückgekehrt und hatte das zweite zu einem neuen Versteck geholt. Während der ganzen Nacht raschelte es erneut unter unserer Liegefläche.
Am nächsten Morgen fanden wir zuhinterst in einem kleinen Schrank ein Nest mit vier jungen und blinden Mäusen in einem schön zugerichteten Nest und uns war der nächtliche Lärm klar. Die Maus musste Material für ihr neues Nest durch unser Auto transportieren und ihre Kleinen entsprechend versorgen. Dafür klappte unsererseits die erneute Gefangennahme der Maus mit Hilfe der Jungtiere. Mit der Aussetzung der Nager liessen wir uns etwas Zeit und hofften schlussendlich einen idealen Ort für sie zu finden. So konnten wir unsere Mitbewohner in der Wildnis endlich entlassen. Tja, so endete das Mausabenteuer und wir hofften, dass, nebst den angeknabberten Lebensmitteln, die elektrischen Kabel im Auto unversehrt blieben.
Weiter ging es durch die gebirgige Küstenlandschaft und sehr einsame Landstriche zwischen Pazifikküste und der Strasse Mex1. Die wärmeren Tage genossen wir zusehends und waren froh, dass morgens die Sonne die nächtliche Kälte bald zum Verschwinden brachte. Doch mit einsetzender Wärme bewegten sich plötzlich andere Tiere durch die Landschaft und ich – Tom – habe einen unheimlichen Respekt vor Schlangen!
Bei einem Camp in unmittelbarer Nähe zum Meer verschwand bei unserer Ankunft der hintere schwarze Teil einer grösseren Schlage auf nimmer wiedersehen. Nach unseren Faltblättern sollte dies eine ungiftige Schlange sein, doch sicher waren wir nicht. Irgendwie hatte ich (Tom) am nächsten Tag die am Vortag gesehene Schlange verdrängt oder vergessen. So stieg ich etwas unvorsichtig aus dem Jeep für ein paar schöne Fotos von den umliegenden Kakteen zu machen. Ich ging hinten ums Auto herum und traute zuerst meinen Augen nicht: Eine grössere Klapperschlage wechselte vor unserem Auto die Wegseite. Schön, aber absolut gefährlich in einer Gegend, wo der nächste Arzt mehrere Stunden entfernt ist. Ab sofort wurde beim Türöffnen zuerst der Boden inspiziert und erst dann ausgestiegen. Auch bei den abendlichen Camps wurden Boden und die nähere Umgebung vorgängig mit einem Holzstock gründlich abgesucht. So hofften wir, das Risiko weiter zu minimieren und der anschliessende Lärm durch das Holzhacken vertrieb wohl die letzten verbliebenen Kriechtiere.
Wegen Dieselmangel im Tank mussten wir erneut zurück zur Strasse Mex1 zurückkehren, wo es den begehrten Saft beim Strassenhändler zu kaufen gab. Die offizielle Pemex-Tankstelle schloss schon vor langer Zeit. So sassen verschiedene Dorfbewohner an der Strasse und verkauften den Durchreisenden den dringend benötigten Saft zu etwas überhöhten Preisen. Doch die Nachfrage und das Angebot regeln den Preis. 🙁
Bis El Rosario gab es erneut keine andere Möglichkeit, als dem Lebensnerv der Baja zu folgen. Andere Strassen oder Wege, die für unsere Rückfahrt in Richtung USA sinnvoll gewesen wären, gab es keine. Der kurze Abstecher zur Misión San Fernando, wo sich vor langer Zeit einmal ein paar Missionare niederliessen, war eine kleine Abwechslung zum Asphaltband. Von der einst stolzen Kirche sind nur noch wenige Lehmziegel übrig, der Rest der Klosteranlage wurde von der Natur wieder zurück erobert.
Östlich von El Rosario folgten wir erneut einem wunderbaren Gebirgsweg, wo vermutlich nur wenige Touristen hinkommen. Zwar stand beim Tor, dass die Durchfahrt verboten sei, doch ein mexikanischer Bauer liess uns gewähren, und so ging es wieder hoch hinaus in wunderbare Landschaften. Vermutlich untersagen die Anrainer das Durchfahrtsrecht, so dass der Weg nicht durch ATV’s und anderen Geländegeräten in Mitleidenschaft gezogen wird.
Unser Vorwärtskommen war auf diesem Gebirgsweg nicht gerade atemberaubend, und stellenweise ging es im Schritttempo über oder durch unterschiedliche Passagen, von denen jeder Offroader nur träumen kann. Fahrtechnisch ein Traum, sich in einer solchen Landschaft bewegen zu können. Doch die nächste Schlechtwetterfront lag uns im Nacken, so dass wir von der Weiterfahrt in die Ausläufer der Sierra de San Pedro Mártir verzichteten und wieder zurück zur Pazifikküste fuhren. Ein Steckenbleiben in einem solchen Seitental infolge Niederschlag und Hochwasser wäre wohl das Dümmste, was uns in dieser einsamen Gegend passieren könnte.
Auch die Fahrt hinauf zum Picacho del Diablo (3078m) und den Nationalpark Sierra de San Pedro Mártir mussten wir infolge Schneefall verschieben. Dafür gab es eine Schleuderfahrt auf einem Küstenweg, wo wir beide heilfroh waren, dass wir ohne grösseren Rutschpassagen von den morastigen Wegen wieder auf festeren Untergrund kamen. Unsere AT-Reifen sind für Morast wohl zu wenig griffig!
Um die Zeit etwas zu überbrücken, entschlossen wir, vorerst in Richtung Ensenada zu fahren. Südlich dieser Grossstadt gibt es ein Felseinschnitt, wo die Pazifikwellen bis zu 20m in die Höhe schiessen sollen. Ob nun die Welle wirklich so hoch hinauf spritzte, möchten wir im Nachhinein bezweifeln, dafür war der Weg durch die vielen Souvenirstände um ein mehrfaches länger, wo sich Massen von Reisenden der vor Anker liegenden Kreuzfahrtschiffen zur Sehenswürdigkeit schlängelten. Die Händler waren auch, für Mexiko fast unüblich, eher lästig; der Verkaufsdruck ihrerseits muss extrem hoch sein. Selbst vorne bei La Bufadora wollte es kein Ende nehmen und die fliegenden Händler waren uns auf den Fersen.
Die Wetteraussichten versprachen eine Besserung, so dass wir in einem weiten Bogen, östlich von Ensenada, zurück zur Westseite des Nationalpark Sierra de San Pedro Mártir fuhren. Der ganze Zeitaufwand lohnte sich trotz gewisser Bedenken einmal mehr. Durch vier Vegetationszonen fuhren wir von Meereshöhe hinauf in alpines Gelände, wo grosse Kiefern den Strassenrand säumten. Nebst Schnee entdeckten wir auch die höchste Erhebung der Baja California, der 3078m hohe Picacho del Diablo. Den Blick auf die kalifornischen Condore blieb uns jedoch verwehrt. :-/
Nach den vielen Eindrücken in dieser hohen Gebirgswelt wollten wir durch die weiteren Ausläufer der Sierra de San Pedro Mártir unsere Fahrt in nördlicher Richtung fortsetzten. Doch der Weg erwies sich bald als zu anspruchsvoll und als Einzelfahrzeug in einer solch einsamen Gegend kaum zu empfehlen. Etwas enttäuscht (Tom) kehrten wir wieder zurück auf Meereshöhe und der Strasse Mex1, wo es keine Steinblöcke zu überklettern gibt, dafür eine strenge Militärkontrolle. Diese Militärkontrolle war in Chantal’s Unterbewusstsein immer noch tief verankert, wo ihr beinahe die ganzen Vape-Utensilien beschlagnahmt wurden, da E-Zigarette in Mexiko streng verboten ist; angeblich soll es sehr gesundheitsgefährdend sein. So bogen wir wenige Kilometer vor dieser Kontrolle erneut ab und suchten unsere Backroad durchs Gebirge. Auf der Papierkarte als auch auf unserem Tablet war ein Weg eingezeichnet, der eigentlich ohne grösseren Schwierigkeiten zu fahren ist. Doch Karten – elektronischen oder auf Papier – können sich manchmal täuschen.
Auf der Landkarte sah die Distanz kurz aus und wir planten schon an unserer Weiterfahrt zum nächsten Nationalpark. Doch in den engen Tälern werden von Grundeigentümer oft Wege von ihrem Grundstück entfernt und irgendeine Umfahrung gebaut, welche mit einem Motorrad sicher zu fahren ist. Doch unser Jeep ist etwas breiter und so standen wir öfters vor fast unüberwindbaren Wegabschnitten. Bei einem Schräghang war dann für uns das „Aus“; die Auswaschungen waren zu gross und ein Abrutschen hätte fatale Folgen gehabt. So wählten wir den eingezeichneten Weg über das Grundstück, wo der Besitzer wohl keine Durchgangsverkehr mehr erwünscht. Zwar gab es seitens des anwesenden Besitzers keine Reklamation, doch für die Weiterfahrt mussten wir den Zaun auftrennen.
Der gewählte Weg wurde immer schwieriger und steiniger, ein Umdrehen fast nicht mehr möglich und mit faden Bauchgefühl kraxelten wir mit unserem Jeep von einer schwierigen Stelle zur nächsten, die subjektiv fast noch schwieriger war. Irgendwann hatten wir auch den Punkt überschritten, wo es kein Zurück mehr gab. Am späteren Nachmittag standen wir auf dem Übergang und der Weg war einiges besser. Im Scheinwerferlicht fanden wir später unsere Bleibe für die kommende Nacht, wo uns die Coyoten in den Schlaf heulten.
Am Folgetag sah alles wieder etwas einfacher aus und eine erste Rancho deutete auf Zivilisation hin. Doch auch auf dieser Seite des Passe mussten wir durch verschiedene Gebiete fahren, die irgendeinem Grossgrundbesitzer gehören, und übergrosse Schilder machten darauf Aufmerksam, dass nur lokaler Verkehr erlaubt sei. Mit mulmigen Gefühlen öffneten wir jeweils die Tore und fuhren mit schlechtem Gewissen weiter in Richtung Strasse Mex3.
Vor der nächsten Schlechtwetterfront sollte es, gemäss dem Wetterbericht, ein bis zwei Tage noch trocken und sonnig bleiben. Mit diesem Wissen kraxelten wir hinauf zur Sierra de Juárez und zum Nationalpark Constitución de 1857, wo sich an diesem Samstag schon unzählige Mexikaner mit ihren schweren Fahrzeugen zur Laguna Hanson hoch quälten. Weit oben in dieser Sierra liegt diese Lagune, die in einem Kiefernwald liegt und als Erholungsgebiet sehr stark besucht wird. Trotz den windigen Verhältnissen waren die meisten Plätze, wo campieren erlaubt ist, bereits besetzt und ganz typisch für Mexiko; überall schalte Musik aus den Partylautsprechern. Eigentlich wären wir gerne geblieben, doch der zu erwartende Lärm vertrieb uns aus dieser einzigartigen Gegend; Mexikaner lieben es anscheinend etwas lauter. So fanden wir etwas abseits bei Steinblöcken unsere nächtliche Bleibe und freuten uns auf eine der letzten Nächte auf der Baja California. Während noch verschiedene Fahrzeuge auf dem nah gelegenen Weg mit Vollbeleuchtung ihren Weg suchten, liessen wir unser Schweinchen auf dem Grill brutzeln.
Am nächsten Morgen hingen die Wolken bereits sehr tief. Auf dem Weg in unserer Nähe fuhren unterschiedliche Gruppen mit ihren Offroadern im Konvoi vorbei, während wir uns noch vor dem einsetzenden Regen ins nächste Dorf retten konnten. Wir wollten uns nicht unbedingt durch die Konvois schlängeln und der Weguntergrund wurde mit zunehmender Nässe immer rutschiger. Ab La Rumorosa mussten wir die Zahlstrasse hinunter in die Colorado-Ebene wählen, eine andere Möglichkeit gab es nicht.
So verbrachten wir eine weitere windige Nacht in den riesigen Flussdelta des Colorados, eh wir uns auf den Weiterweg in östliche Richtung machten. Unsere Idee war, eine letzte Nacht in Mexiko zu verbringen und erst am kommenden Tag in die USA einreisen. Wir setzten unsere Fahrt südlich des riesigen Grenzzaunes fort und durchquerten die Áltar-Wüste mit weiten Flächen und wunderbaren Felsbergen. Am östlichen Rand befindet sich der Nationalpark del Gran Desierto mit seinen unzähligen Vulkanen, wo wir die letzte Nacht in Mexiko verbringen wollten.
Ja, wir wollten; bei der Hinfahrt zu einem Vulkankrater wurden wir mitten in dieser Steinwüste von paramilitärischen Leuten aufgehalten und angewiesen, das Gebiet wieder zu verlassen. Die Waffen in ihrem Pick-Up waren etwas einschüchternd und auch die vermummten Männer machten einen furchteinflössenden Eindruck. Der Fahrer gab uns freundlich aber unmissverständlich Instruktionen, wo wir hinfahren sollten, um in dieser Landschaft übernachten zu können. Etwas verwirrt und schockiert kehrten wir wieder zurück auf Hauptverbindungsstrasse, die der US-mexikanischen Grenze folgt.
Dieses Erlebnis setzte uns unheimlich zu. Wir waren 2 Monate auf der Baja California und mit der PanAmericana-Reise ebenfalls über einen Monat in Mexiko, doch so etwas macht Angst. Unser Entschluss war bald gefasst: Wir fahren sofort in die USA!
Noch gleichentags überquerten wir in Sonoyta/Lukeville die Grenze und waren überrascht: Nach dem Vorweisen des Passes wurden wir in den USA herzlich willkommen geheissen und gute Weiterfahrt gewünscht. Ganz im Gegenteil zu unserer Rückkehr im Januar in Los Angeles; weder eine Untersuchung des Autos noch andere Formalitäten.
Auf dem Campingplatz des Organ Pipe Cactus Nationalmonument wurden wir noch kurz von der Sonne begrüsst, eh der einsetzende Regen und die Windböen uns ins Innere unseres Minicampers trieben.
Tja, herzlich Willkommen in den USA. 😉
Chantal u. Tom/April 2024