Reif für die Insel

>Bilder ganz unten!

…Gran Canaria
Obwohl nicht die grösste Insel der Kanaren, ist vermutlich Gran Canaria die vielfältigste aller Inseln, die vor dem afrikanischen Kontinent aus dem Atlantik ragen und vulkanischen Ursprungs sind.
<emNördlich des Hauptmassivs hangen immer wieder dicke Wolken und bringen viel Feuchtigkeit an das zerklüftete Gebirge, wo auf die unzähligen, aber sehr fruchtbaren Felder alles Mögliche angebaut wird. Dank des fruchtbaren Bodens entstanden auch viele Ansiedlungen, Dörfer und Kleinstädte. Verlässt man die nördliche Seite, so wird es sofort trockener und karger. Die riesigen Kulturen an der Ostseite werden alle weit hinauf bewässert. Die Westseite ist karg und eine wilde Gebirgslandschaft wird durch lange Täler immer wieder unterbrochen, wo dank intensiver Bewässerung ebenfalls viele landwirtschaftliche Produkte angebaut werden.
Ganz im Süden liegen die grossen touristischen Highlights, d.h. die riesigen Ferienresorts und Ferienwohnungen, wo den erholungssuchenden Reisenden alleserdenkliche oder gar unmögliches angeboten wird.
Ganz oben im Gebirge, das über 1900m reicht, findet man unzählige Naturparks mit seinen atemberaubenden Wander- und Verkehrswegen. Mit viel Aufwand werden ganze Wälder wieder aufgeforstet und die vielen kleinen Dörfer runden das friedliche Bild im Innern von Gran Canaria ab.

Nach zwei langen Nächten – das Meer war ziemlich unruhig – legte die Fähre um 4 Uhr morgens in Las Palmas de Gran Canaria an. Etwas unbenommen und noch verschlafen mussten wir ausserhalb dieser noch ruhigen Metropole ein Plätzchen suchen, wo wir uns noch für ein paar Stunden hinlegen konnten. Nach ein paar Versuchen fanden wir an der Nordküste ausserhalb des Hauptortes und direkt am Meer den gewünschten Ort.

Bei Sonnenschein und angenehmer Wärme schlüpften wir wieder aus den Federn und genossen den noch jungen Tag. Die Passanten und Sportler, die an uns vorbei kamen, staunten nicht schlecht über unsere Anwesenheit und begutachteten unser Fahrzeug mit einer gewissen Neugier. Nach dem erblicken des Nummernschildes kamen meist keine Fragen, höchstens ein nach oben gerichteter Daumen und ein lachendes Gesicht.

Nach den Einkäufen mussten wir noch unseren Jeep betanken und waren erstaunt, dass hier der Liter Diesel für etwas mehr als ein Euro angeboten wird. Wow, das lässt gleich meine (Tom) Offroad-Gelüste aufleben; die Kanaren gehören ja zu Spanien und da soll es ja keine Fahrverbote geben. Was wir noch nicht genau wussten; die meisten Gebiete mit den möglichen Wegen liegen in Naturpärken und die Zufahrtswege sind meist mit dicken Eisentoren versperrt.

Doch Gran Canaria bietet auch auf den Teerstrassen viel Nervenkitzel und Blicke in tiefe Abgründe. Die Strassen winden sich durch fast unmögliches Gebiet bergauf und bergab. Der vorweihnächtliche Verkehr auf diesen schmalen Strassen führte auch zu vielen haarsträubenden Situationen, wo verängstigte Fahrer kaum auswichen oder einheimische Rennpiloten frei Fahrt beanspruchten. Oder die Motorradfahrer, die die Strasse als ihre Rennstrecke betrachteten und ein manches „ist der noch bei allen Sinnen“ schoss aus unseren Mündern. Unser vorne linkseitig befestigter Jack hätte wie eine Guittotine funktioniert und ich befürchtete mehrere Kopfberührungen von Motorradfahrern, die tiefliegend um die engen Kurven flitzten.

Trotz der verschiedenen und beängstigten Situationen liessen wir nicht von unserem Vorhaben abbringen und erkundeten Gran Canaria in einem wilden Zick-Zack-Kurs. Für unsere abendlichen Camps waren die tieferliegenden Gebiete eher ungeeignet, da überall irgendwelche Häuser oder Feriensiedlungen standen, Kulturen oder grosszügig eingezäunte Fincas den freien Zugang versperrten. Bei den wunderschönen Badebuchten waren die Verbotsschilder meist in grosser Anzahl aufgestellt und gleich neben einem Verbotsschild zu nächtigen, erachteten wir nicht gerade als noble Geste gegenüber den Einheimischen.

So organisierten wir unsere Durchkreuzung von Gran Canaria immer so, dass wir abends irgendwo in der Höhe waren. Zwar waren die offiziellen Campingplätze der Parks, vermutlich infolge der Corona-Pandemie, alle geschlossen, doch nach dem studieren der Karte fanden wir immer einen wunderbaren Ort, wo wir niemanden zur Last fielen noch ein Verbotsschild missachteten.

So genossen wir viele Nächte in der Höhe – der höchste Ort war 1815m ü.M. und ziemlich frisch – und durften die absolute Stille und sternklare Nachthimmel geniessen. Wir waren auch immer wieder froh, nach dem Durchstreifen der touristischen Hotspots uns abends zurück zu ziehen und die Ruhe zu geniessen. Wer schon einmal im südlichen Gran Canaria unterwegs war, der weiss was dort alles angeboten wird und für die Touristen, resp. die „Kohle“ die liegen bleibt, wird wirklich alles getan.

Für die Silvesternacht wählten wir einen besonderen Ort hoch über dem südlichsten Punkt der Insel und erhofften uns einen freien Blick auf die nächtlichen Feuerwerke der unterhalb liegenden Ferienorte. Wir wurden nicht enttäuscht; um Mitternacht stiegen die Raketen beinahe eine halbe Stunde lang dem Himmel entgegen und wir wussten manchmal nicht, wo wir hingucken sollen. Trotz aller negativen Auswirkungen dieser Feuerwerke, war es wunderbar und begeisterte uns total. Es lebe der Tourismus und lasst die Feuerwerke donnern!

Den zweiten Neujahrstag wollten wir mit einer Wanderung zum Roque Nublo beginnen, doch beim Parkplatz machten wir gleich kehrt. Nebst dem übervollen Parkplatz versperrten die geparkten Autos schon die Zufahrtsstrasse und es herrschte Rushhour im Hochgebirge. Auch bei unserem Alternativprogram drehten wir bald um. Das Gedränge beim Cruz de Tejera war uns zu viel und wir verschoben unsere Vorhaben auf später. Dafür genossen wir, oder ich (Tom), eine spektakuläre Offroadstrecke unterhalb von Artenara und fuhren der abendlichen Sonne hinterher. Ob es schlussendlich an der Sonne, resp. deren Blendung lag oder der Weg einfach zu schmal war; wir hatten Abenteuer pur: Ein Felszacken schlitzte unseren Hinterreifen an zwei Stellen komplett auf und den Radwechsel mussten wir auf diesem schmalen Band hoch über dem Abgrund vornehmen.

Mit nur noch vier ganzen Reifen unterwegs, suchten wir umgehend in Las Palmas nach möglichen Ersatz und zu unserm Erstaunen, fanden wir den gewünschten Reifen in der richtigen Dimension. Zufall oder nicht; jedenfalls waren wir wieder komplett ausgerüstet und für weitere Abenteuer bereit.

Aus Neugier erkundigten wir uns einmal über mögliche Fährverbindungen nach Fuerteventura und buchten gleich die Abendfähre zur nächsten Insel. Das Verpasste von Gran Canaria werden wir bei unserer Rückfahrt besuchen, d.h. beim Wechsel von den nördlichen Inseln nach Teneriffa.

Es lebe die Inselhüpferei!