Inselhüpfen

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Fuerteventura und Lanzarote

Es ist auch sehr erstaunlich, dass sich hier vor sehr langer Zeit Völker aus Nordafrika niederliessen und dem kargen Boden das Lebensnotwendige abringen konnten. Dank den wenigen Wasserquellen und –läufen konnten sie auf dem sehr fruchtbaren Vulkanboden das nötigste anpflanzen und der Erfolg führte bereits zu Urzeiten zu regelmässigen Überfällen der Inseln.
Nebst der Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen hat der Tourismus ebenfalls einen grossen „Wasserdurst“, das dank Entsalzungsanlagen bereitgestellt wird und die thermischen Kraftwerke für die nötige Power sorgen. Ein Teufelskreis!

Teufelskreis hin oder her; wir setzten abends von Gran Canaria nach Fuerteventura über. Bei der Ankunft war es bereits dunkel und etwas unbeholfen suchten wir ausserhalb des Fährhafens Morro Jable nach einer Bleibe. Nach der grünen Insel Gran Canaria erblickten wir im Scheinwerferlicht nur eine öde und steinige Landschaft.

Die ersten Sonnenstrahlen bestätigten uns bald das nächtlich Gesehene und wir waren, obwohl mehrfach in dem Reiseführer gelesen, von der kargen Landschaft überrascht. Weit und breit nur Steinwüsten, die sich weit hinauf zu den Bergen erstrecken, gespickt von ein paar wenige Häuser und unterhalb von uns das tosende Meer. Wow, wir sind in der Wüste angekommen!

Bald gesellten wir uns unter die vielen Touristen, die mit ihren Mietautos durch den Parque Natural holperten, der sich im südwestlichen Zipfel der Insel befindet. Die einzigartige Landschaft, die sich von den ehemaligen Vulkankratern hinab zur Küste zieht, oder der fast endlosen Sandstrand auf der Nordwestseite war nicht nur für uns ein neues Erlebnis. Überall lagen die sonnenhungrigen Urlauber und genossen die Wärme der Januarsonne.

Weiter nördlich, nachdem wir die Sanddünen von El Jable auf der Westseite durchquert hatten, standen wir am ersten Hotspot der Surfer. Der starke Wellengang und der heftige Wind waren wohl auch für die Cracks etwas zu viel und sehnsüchtig standen sie am Rande der Brandung und warteten darauf, dass die Strandwache endlich die rote Flagge einholen würde.

In einem Zick-Zack-Kurs starten wir unsere Reise in nordöstliche Richtung. Was auf Gran Canaria nicht möglich war, holten wir hier ausgiebig nach und genossen die allmöglichen oder fast unmöglichen Nebenstrassen, forderten unseren Jeep und erreichten so Orte, wo vermutlich nicht so mancher mit seinem Miet-Cinquecento hinkommt.

Die so erlebte weite und fast menschenleere Landschaft begeisterte uns immer mehr und wir konnten kaum genug davon bekommen. Nach den „belastenden“ Küstenstreifen an der Südostküste, wo sehr viele touristische Einrichtungen stehen, gefolgt von unzähligen Bauruinen, war die Reise ins Hinterland immer eine Wohltat für das Herz.

An der Westküste erlebten wir noch mehr von dieser wilden Landschaft und nur wenige Siedlungen lockten Touristen mit ihrem Charme und den weitläufigen Wanderwegen an. Nebst der einmaligen Landschaft und den hübschen Dörfer waren auch das Wetter und die angenehmen Temperaturen uns mehr als nur gütig. Bis die Sonne am Horizont verschwand war es meist sehr warm und wir genossen die letzten Sonnenstrahlen, bevor wir uns ins Innere unseres mobilen Heims verzogen.

Den Hauptort – Puerto de Rosario – umfuhren wir grosszügig auf der Westseite der Insel und bis fast ans nördliche Ende von Fuerteventura waren wir auf einsamen Wegen unterwegs. Dies änderte sich an der Nordküste schlagartig und die Wellen lockten nicht nur die Sonnenanbeter an den Strand, sondern ganze Fahrzeugkolonnen mit festgezurrten Surfbrettern bewegten sich auf dem Küstenweg hin und her, mit der Hoffnung, auf die ultimative Welle zu stossen.

In Corralejo besorgten wir uns umgehend das Fährticket und bestiegen am späten Nachmittag das gebuchte Schiff. Für Lanzarote hatten wir von Freunden gute Tipps für die Übernachtung erhalten und so wagten wir bei herrlichen Wetter die späte Überfahrt.

Das einstige Fischerdorf Playa Blanca ist heute eine riesige Ferienstadt und beinahe der ganze südliche Küstenabschnitt ist mit weissen Hotels, Ferienresorts und Häuser zu betoniert. Etwas unbeholfen guckten wir zuerst von der Reling der Fähre bei der Einfahrt in den Hafen und waren dadurch etwas verspätet unten im Autodeck eingetroffen, was bereits bei der Schiffsmannschaft gewisse Nervosität auslöste.

Dank unseren Informationen konnten wir gezielt aus Playa Blanca und zu unseren Übernachtungsort in östlicher Richtung fahren, der sich im Park „Monumento Natural Los Ajaches“ befand. In diesem Park würden, so unsere Information, einzelne Übernachtungen toleriert, da es – wie überall auf den Kanaren – nirgends Einrichtungen für Camper zur Verfügung stehen.

Dass wir bei der Fahrt hinaus zu unserem Nachtplatz auf der holprigen Piste eine wahrliche Rushhour von entgegen kommenden Fahrzeugen erlebten, erstaunte uns schon nicht mehr. Schliesslich müssen die vielen Urlauber wieder zurück zu ihren Unterkünften. Am nächsten Morgen erneut den gleichen Verkehrsfluss, aber nur in der Gegenrichtung und ein gewisser Konkurrenzdruck für den besten Sonnenplatz am Sandstrand. Und wie schon geschrieben, das Ganze liegt in einem Naturpark!

Morgens, bevor wir vom Strand, d.h. von unserem Übernachtungsort weg fuhren, durchstreifte ich noch kurz den wunderbaren Küstenabschnitt in den morgendlichen Sonnenstrahlen. Leider, und dies ist wahrscheinlich nicht nur ein spanisches oder kanarisches Problem: Für die menschlichen Bedürfnisse gibt es überhaupt nichts! Die kleinen und grossen Geschäfte werden irgendwie und irgendwo hinter einem Steinbrocken oder in freier Wildbahn erledigt. Überall findet man Toilettenpapier oder nicht verrottbare Feuchttücher unter den Steinen, oder in manchen Ecken riecht es stark nach Urin, als stünde man in einer schlecht gewarteten Toilette.

Unsere Fahrt ging fürs erste einmal in Richtung Hauptort Arrecife, wo es eine Jeep-Werkstatt gibt. Die Elektronik des Autos dirigierte uns in die Werkstatt zum Ölwechsel, obwohl wir diesen vor unserer Abreise in der Schweiz erledigt hatten. Tja, Hightech und Reisen auf abwegigen Routen fordern manchmal ihren Tribut. Mit dem eigenen Diagnosegerät konnte ich die Störung nur bedingt zurück stellen und es bedurfte den Computer der Fachwerkstatt. Nachdem sämtliche Kontrolllampen endlich wieder dunkel und der Notfahrmodus aufgehoben waren, spurte unser Jeep wieder nach unseren Wünschen und der Weiterfahrt der Südost- und Ostküste stand nichts mehr im Wege.

Nördlich vom Hauptort liegt noch ein grösserer Ort, der sich komplett dem Tourismus verschrieben hat, anschliessen folgen kleinere überschaubare Orte an der Küste. Dazwischen unbebaute weite Landschaft, wie sie vor tausenden von Jahren entstand und durch spätere Vulkanausbrüche erneut verändert wurden. Abseits der Küste liegen im Hinterland immer wieder kleine Orte, wo auf den fruchtbaren Feldern in meist mühsamer Handarbeit allesmögliche angebaut wird. Aber auch auf diesen Feldern; ohne Wasser, d.h. Bewässerung geht meist nichts und die Äcker würden braun, resp. schwarz bleiben.

Bevor wir ganz im Norden von Lanzarote ankamen, trafen wir noch zwei Reisende, mit denen wir 25 Tage an einem griechischen Strand während des ersten Corona-Lockdown ausharren mussten. Dass wir uns vieles zu erzählen hatten, versteht sich von selbst. Die beiden empfahlen uns auch die Überwinterung auf den Kanaren, deckten uns vor der Weiterfahrt mit unzähligen Tipps und Ratschlägen ein, so dass bei uns kaum Langeweile aufkommen konnte.

Zwischenzeitlich beschäftigte uns das Wetterphänomen Calima immer mehr. Nebst sandiger Luft (die zu Husten und tränenden Augen führte) war der Ostwind auf der ganzen Insel spürbar und wir hatten bei unseren Camps immer dieselben Probleme mit den starken Böen. Nachts mussten wir öfters unseren Jeep neu ausrichten, so dass das Aufstelldach im optimalen Winkel gegen die Windrichtung schaute. Das nervenaufreibende Flattern der Seitenwände der Stoffmarkise raubte uns oft den Schlaf.

Da Lanzarote relativ klein ist, wechselten wir abends oft die Küstenseite, suchten uns bekannte Orte auf, wo wir wussten, dass der Wind etwas erträglicher war und uns die Nacht im Aufstelldach erlaubte, ohne immer das Gefühl zu haben, dass bei der nächsten Windböe alles weg fliegen könnte. Nicht immer klappte es und während zwei Nächten hatten wir kaum irgendeine Erholung.

1730 krachte es das letzte Mal auf Lanzarote und eine sechsjährige Vulkantätigkeit veränderte den Südwesten extrem stark, wo vieles aus der damaligen Zeit verschwand und weite Teile der Insel in Mitleidenschaft zog. Dafür reifen auf dieser neuen Vuklanasche wunderbare Traubensäfte und im Kernbereich des Ausbruches werden die Touristen durch eine aussergewöhnliche Landschaft gefahren. Der Nationalpark von Timanfaya darf man nur in einem Bus der Nationalparkverwaltung besuchen und sogar Wanderungen sind, bis auf einer Route, verboten.

Vielleicht waren wir bei der folgenden Nacht auch etwas zu selbstsicher und stellten unseren Jeep zu nahe an die Parkgrenze. So wurden wir am kommenden Morgen durch einen Ranger vom Platz verwiesen. Zwar lag er vollkommen im Recht, doch auf diese Art erlebten wir einen Platzverweis noch nie; eindeutig und ohne Wenn und Aber!

Zwischenzeitlich standen wir nach unseren Zick-Zack-Kurs durch Lanzarote bereits wieder am südlichen Ende, Die ersten Wolken verdeckten die Sonne und der frische Nordostwind blies uns beinahe dem Hafen entgegen. Schnell war das Fährticket für die Überfahrt nach Fuerteventura gebucht und schon hüpften wir zurück auf die nächste Insel.
Es lebe die Inselhüpferei!