Auf in den Süden…

>Bilder ganz unten!

….nach San Francisco

Nachdem unser Traum vom Ausflug nach Kanada endgültig vom Tisch war, planten wir umgehend unseren Weg in südlicher Richtung. Das Wetter als auch die Temperaturen in Washington (State) waren eher unbeständig und frisch. Doch für einige Highlights nahmen wir trotzdem die nötige Zeit; schlussendlich ist man nicht alle Tage in diesem nordwestlichen Bundesstaat.

Kaum hatten wir unser Tablet mit den richtigen Daten gefüttert, schon ging es hinaus in die weite Welt und in die Höhen des Mount Rainier. Fast etwas enttäuscht schlängelten wir die nebelverhangenen Bergflanken hoch. An diesem Tag schien keine Aussicht auf einem Gipfelblick. Nach einer kurzen Wanderung zum Mowich-Lake drehten wir wieder um. Bei der Rückfahrt ein kurzer Blick in den Rückspiegel und ich (Tom) konnte es fast nicht glauben: Der schneebedeckte Mount Rainier mit einer wunderbaren Wolkenumrandung zeigte sich. Besser hätte man diesen Berg kaum sehen können. Beim abendlichen Camp durften wir, oder ich (Tom) den nordöstlichen Gipfelhang noch ausgiebig vom White-River aus bewundern.

Am Folgetag hofften wir, oder war es wiederum nur ich (Tom), den Berg von der Südseite aus in seiner vollen Pracht bewundern zu können. Leider wurde mir dieser Wunsch verwehrt und die tiefhängenden Regenwolken liessen ihre Last in einem Dauerregen auf die Erde nieder. Mit vielen anderen Touristen bestaunten wir im Besucherzentrum die schönen Fotos vom Berg, standen ums Modell des Vulkans und träumten von einer schönen Wanderung in dieser – angeblich – hinreisenden Bergwelt.

Unser Weg führte uns wieder in westlicher Richtung dem Pazifik entgegen. Bis Olympia, die Hauptstadt von Washington (State), war es noch recht ungemütlich und der viele Regen brachte auch tiefere Temperaturen. Doch je tiefer und je mehr wir uns dem Meer näherten, desto mehr klarte der Himmel auf. Dank dem feuchten Wetter war das abendliche Feuer auf dem Campingplatz wieder erlaubt und sorgte für angenehme Wärme.

Bei der Durchfahrt von Olympia folgten wir im übersichtlichen Zentrum den wichtigsten Regierungsgebäuden, eh es weiter in westlicher Richtung der untergehenden Sonne hinterher ging. Nach den vergangenen und eher feuchten Camps war es wieder ein Genuss draussen zu sein und bei einem Glas Wein am Feuer zu sitzen.

Chantal behauptete schon immer, dass es am Meer immer schön sei und so setzten wir unsere Reise entlang der legendären Strasse 101 in südlicher Richtung fort. Unrecht hatte sie für diesen Tag nicht; die Sonne und angenehme Temperaturen begleiteten uns entlang der stark zerklüfteten Küste dem Pazifik entlang. Bis zur Mündung des Columbia-Rivers war es eigentlich nur ein kurzer Fahrweg und schon standen wir beim Leuchtturm, wo einst Lewis und Clark vor langer Zeit in die Weiten des Pazifiks schauten.

Im Gegensatz zu der früheren transkontinentalen Expedition war unsere Übernachtung an der Südwestspitze von Washington trotz des einsetzenden Regen sicher angenehmer, als dies zu früheren Zeiten möglich war. Am Folgetag waren unsere Sachen schnell im Jeep verstaut und schon kraxelten wir die Verbindungsbrücke hoch und wechselten die Uferseite des Culumbia-Rivers. An diesem verregneten Samstag steuerten wir gleich in Richtung Portland (Oregon), hoffend, unsere neuen Reifen direkt in der Walmart-Niederlassung bestellen zu können. Eine Vorbestellung per Internet war nicht möglich. Zuerst blockierte der Kartenherausgeber die Bezahlung und anschliessend untersagte der Betrugsspezialist von Walmart die Bestellung; eine europäische Kreditkarte und ohne amerikanische Mobilnummer geht es anscheinend nicht. L

Auch in der Walmart-Niederlassung klappte es nicht mit der Bestellung unserer Wunschreifen. Der Werkstattchef konnte für uns die gewünschten Reifen nicht bestellen und offerierte uns eine Alternative, die wir wiederum nicht unbedingt wollten. Etwas enttäuscht fuhren wir wieder hinaus aus der Agglomeration von Portland und suchten im nächsten Staatswald eine Übernachtungsmöglichkeit. Der Regen klatschte an diesem Abend unaufhörlich auf unsere Zeltplane. Trotz Regen knisterte unser Lagerfeuer vor uns und spendete die nötige Wärme. Vom Campingnachbar wurden uns noch frisch erlegte und fein gebratene Wildvögel serviert. Ein kurzes Gespräch über die Jagd und was alles erlegt werden darf, rundete die Degustation der Flügel und Beinchen ab. Tja, auch ein Zeichen, dass in den nordamerikanischen Wäldern die Jäger bereits auf der Pirsch lagen.

Unseren Reifenkauf verschoben wir an die Südgrenze von Oregon und steuerten erneut die Küste an; dort soll es – gemäss Chantal – bekanntlich immer schön sein. Leider waren auch an der Küste die Wolken eher hartnäckig und immer wieder tropfte es vom Himmel. Trotz des Regens und den Nebelbänken, die vom Pazifik her geblasen wurden, war es landschaftlich sehr abwechslungsreich, und immer wieder mussten kurz anhalten und über die Klippen in die Tiefe schauen.

Nach den Regentagen lachte die Sonne wieder öfters hinter den Wolken hervor und irgendwo in der Mitte der Pazifikküsten erreichten wir die Oregon-Dünen. Teile dieser riesigen Dünenlandschaft sind geschützt, ein anderer Teil ist offen für „grosse Jungs“ mit ihren Sandfahrzeugen. Das Wetter war vielversprechend und mich (Tom) reizten die Sandhügel. Ein Platzwart auf einem Campingplatz stellte uns eine rote Flagge zur Verfügung, eine kurzer Blick auf die Tankuhr und schon standen wir in diesem riesigen Sandkasten. Zuerst etwas zögerlich um nicht gleich im Treibsand stecken zu bleiben. Doch mit dem Essen kommt der Appetit und schon wühlten wir uns in tieferen Gelände zurück zum Eingangstor. Eigentlich ein absoluter Blödsinn, sich mit einem Geländewagen durch den Sand zu wühlen, doch Spass machte es trotzdem.

Weiter folgten wir der Küste in südlicher Richtung Kalifornien entgegen. Mal folgte der Strassenverlauf direkt der Küstenlinie, wenige Kilometer weiter im Hinterland und unzählige Dörfer und Kleinstädte luden zum Verweilen ein. Kurz vor der Grenze zu Kalifornien verliessen wir die Küstenregion und kraxelten wieder das Küstengebirge hoch. Der Reifenkauf stand immer noch auf unserer obersten Prioritätenliste, da in Kalifornien zum Reifenpreis eine happige Mehrwertsteuer hinzukam, während in Oregon keine Umsatzsteuer verlangt wurde. Doch auch auf der anderen Seite des Küstengebirges war es nicht einfach, zu kostengünstigen Reifen zu kommen, die uns zusagten. Erst in Medford klappte es bei einem Reifendiscounter und einem entsprechenden Montagetermin.

Für uns war es auch die Gelegenheit, den Crater Lake Nationalpark zu besuchen, und wir machten uns am Freitagnachmittag auf den Weg hinaus aus der Agglomeration von Medford. Aber wir waren nicht die Einzigen, die Amerikaner lieben es ebenfalls und fahren bei jeder Möglichkeit hinaus in die Natur; selbstverständlich mit dem ganzen Luxus, den sie bereits zu Hause haben.

In den Nationalwäldern war es für uns meist noch einfach irgendein Plätzchen für die Nacht zu finden, doch im Nationalpark war überall dichtes Gedränge. Selbst beim normalen Parkeintritt, auch bei Regen und Schneeschauer, mussten wir uns beim Parkeingang in einer langen Autokolonne gedulden. Oben, beim Kraterrand war an diesem Samstag emsiges Treiben und selbst bei diesen eisigen Temperaturen liefen die Leute noch in kurzen Hosen herum. Die Ausblicke auf den Kratersee waren wetterbedingt schön, aber nicht gerade umwerfend. Trotzdem, die Massen an Touristen knipsten eifrig ihre Fotos als gäbe es kein Morgen mehr. Bei einsetzendem Schneefall verliessen wir die winterlichen Höhen und kehrten in den nächsten Nationalwald zurück. Vielleicht kehrt die Sonne am Sonntag wieder zurück.

Nach einer frostigen Nacht folgte ein Bilderbuchtag und wir kehrten zurück an den Kraterrand. Wir waren an diesem Sonntag nicht die einzigen, die das tadellose Wetter nutzten und endsprechend waren die Autokorsos auf den Parkstrassen. Trotz der Menge an Fahrzeugen war die Fahrt über die östliche Ringstrasse fantastisch, und wunderbare Weitblicke entschädigten die Warterei. Auch der Blick in den Kratersee war diesmal ohne irgendwelche Nebelbänke. Eigentlich verrückt, was sich hier vor 7700 Jahren abgespielt haben musste; nach verschiedenen kleineren Eruptionen war der Mount Mazama mit rund 3700 Meter Höhe in der Erde versunken und ein riesiger Krater blieb übrig – Wahnsinn, was die Natur so alles anstellen kann.

Beeindruckend verliessen wir die vergangene Erdgeschichte und steuerten erneut Medford an, wo unser Jeep endlich seine neuen Reifen erhielt und unser Reisebudget von der hohen Steuer in Kalifornien entlastete. Auf direktem Weg fuhren wir nun in Richtung Kalifornien. Unsere Route führte uns erneut durch weite Berglandschaften dem Pazifik entgegen. Dass selbst eine wichtige US-Strasse für mehrere Stunden gesperrt werden kann, überraschte uns und Geduld war angesagt. Die vielen Waldbrände der letzten Jahre haben ihre Spuren hinterlassen und die Strassensicherheit durch die engen Schluchten und Täler werden mit riesigem Aufwand wieder sicherer gemacht. Wo die Wälder fehlen, sind Steinschlag und Erdrutsche fast so sicher wie das Amen in der Kirche.

Wir folgten erneut der US-101 der Küste entlang, wo noch grosse Waldgebiete vor dem Holzschlag geschützt wurden. Doch was heisst hier grosse Gebiete; von den ursprünglichen Küstenwäldern und den mächtigen Redwoods-Beständen sind heute noch etwa 10% erhalten. Der Rest wurde nach der Erschliessung von Kalifornien grosszügig gerodet. Der Holzbedarf war seit jeher enorm und selbst die umweltfreundliche Eisenbahn verschlag Unmengen Holz fürs Verlegen des Schienenstranges.

Wir genossen die Fahrt durch die verschiedenen geschützten Wälder und waren von den riesigen Redwoods und andern grossen Bäumen fasziniert. Viele dieser Baumriesen können auf mehrere Jahrhundert zurück blicken und mit einer Höhe von bis zu 100 Meter müssten sie wohl einen tollen Überblick über unser Dasein und Tun haben.

Nach Eureka verliessen wir die US-101 und erkundeten bei unserer Weiterfahrt Nebenstrassen, die direkt der Pazifikküste folgten. Wenige Farmen säumten den Küstenabschnitt, vieles war dem Zerfall preisgegeben und wenige Kilometer später folgten Ferienhaussiedlung für gut Verdienende. Wer es sich leisten kann, kauft irgendein tolles Grundstück, zäumt es ein und stellt überall Verbotstafeln auf; der amerikanische Traum. Verrückt; diese Welt!

Nach den vielen Kilometer Küstenstrasse, inzwischen folgten wir der Strasse „1“, bogen wir in Manchester wieder in östlicher Richtung ab. Irgendwo hinter diesen Bergen soll sich das Napa-Valley mit seinen weiten Rebbergen verbergen. Nachdem wir einige Gebirgszüge überquert hatten, standen wir am Clear-Lake, wo nicht nur Reben, sondern auch verschiedene Fruchtplantagen gepflegt wurden. Die eigentlichen grossen Weinbaugebiete beginnen erst kurz vor Napa, wo wirklich alles für den Weinbau getan wird. Selbst um Santa Rosa wachsen die edlen Trauben, die zu feinen Säften verarbeitet werden und viele Kellereien luden zur entsprechenden Degustation ein.

Wir wiederstanden den dauernden Verlockungen und kraxelten wieder über die Berge in westlicher Richtung dem Pazifik entgegen. Wieder auf der Strasse „1“ ging es in südlicher Richtung weiter. Tiefhängende Wolken und viel Feuchtigkeit vom Himmel begleiteten uns auf dem Weiterweg. Doch nach dem Regen schein oft wieder die Sonne und bei besten Bedingungen erklommen wir den Mount Tamalpais, oder auch nur Mount Tam, den nördlichen Hausberg von San Francisco, wo früher mit den ersten Mountainbikes heisse Rennen gefahren wurden. Statt mit dem Velo in die Tiefe zu stürzen, genossen wir den ersten Eindruck von dieser riesigen Metropole rund um San Francisco.

Bis zur Golden Gate Bridge war es nur noch ein „Katzensprung“, wo sich die Touristen aus aller Welt treffen und diesen einmaligen Anblick geniessen. Und wirklich, dieses Bauwerk hat einen gewissen Flair und Mystik, die eine sagenhafte Ausstrahlung hat. Aber auch die Fahrt über diese Brücke hat irgendetwas Wunderbares in sich; als würde man in eine andere Welt aufbrechen.

Aber auch die Fahrt in San Francisco hinein hat etwas mystisches, das von vielen Songs gelobt wird. Doch in den Strassenschluchten und dem dichten Verkehr war der Hintergrundsound bald verstummt. Bis zu unserem Motel quälten wir uns quer durch die Stadt und das tägliche Verkehrschaos, das vermutlich in dieser Grossstadt zum Normalverkehr zählt. Fast überhängend führen die Strassen hoch an den nächsten Vierwegstopp und auf der anderen Seite entsprechend steil wieder hinunter. Wir waren froh, endlich vor dem gebuchten Motel zu stehen, wo wir unseren Jeep für die nächsten Tage in der Garage parkieren konnten.

Wir waren schon in vielen amerikanischen Grossstädten und liefen uns die Beine in den Bauch. Doch in San Francisco war vieles irgendwie anders. Ob es die antike Strassenbahnen oder die „Cablecars“ waren, die übersteilen Strassen oder die touristischen Piers; wir wissen es nicht genau! Dafür war es erschreckend, wie viele Leute in dieser Stadt auf der Strasse leben und viele Strassenzüge im Schmutz versinken. Teilweise war es sehr schmutzig und verwahrlost!

Wir waren jedenfalls froh, nach ein paar Tagen diese Stadt mit einer grossen Vergangenheit verlassen zu können und steuerten hinaus in östlicher Richtung dem Yosemite Nationalpark entgegen. Das Wetter soll in den nächsten Tagen viel Sonne mit sich bringen und wir freuten uns beim Überqueren der Bay-Bridge auf die bevorstehenden Tage im einem der schönsten Naturgebiete dieser Erde – so steht es jedenfalls im Reiseführer geschrieben.

Chantal und Tom/Oktober 2023