Auf zum Hafen

>Bilder ganz unten!

…..die letzten Tage in Chile

Die Flagge von Argentinien wurde im Rückspiegel immer kleiner, während wir vom „Paso Cristo Redentor“ in westlicher Richtung über die Schotterpiste dem weiter unten liegenden Teerband zusteuerten. Ja, unsere Tage waren gezählt im südlichen Teil von Südamerika und der Termin für die Autoabgabe im Hafen von „San Antonio“ wurde uns vor wenigen Stunden über WhatsApp übermittelt.

Die Einreiseformalitäten und das ganze Prozedere am Zoll waren uns bereits vertraut und trotzdem steuerten wir den Grenzposten mit einer gewissen Anspannung entgegen. Wir hatten schnell das Gefühl, die Beamtin würde zum ersten Mal ein europäisches Fahrzeug abfertigen, da sie andauernd uns fragte, ob das Auto wirklich aus Europa kam und bei ihren Kollegen viel nachfragen musste. Nach Erledigung des Papierkrams wollten die Beamten des Grenzdienstes, dass wir unser Auto komplett ausräumen und alle Taschen und Kisten durch irgendeine Röntgenmaschine durchlassen sollen, was vermutlich gleich mehrere Stunden gedauert hätte. Der Drogenhund war schlussendlich unsere Rettung: Nachdem er überall mit seiner Nase herum geschnüffelt hatte und 2 Taschen vom Dach durchleuchtet wurden, gab es Entwarnung. Von der weiteren Kontrolle waren wir schlagartig befreit. Ob es wohl am Ein- und Ausreisestempel von Bolivien lag? Wir wissen es nicht, waren jedoch froh, dass der Hund uns viel Arbeit abnahm und wir nicht den ganzen Jeep ausräumen mussten.

Mit einer gewissen Erleichterung fuhren wir das lange Tal hinunter in Richtung „Los Andes“, wo wir das nötige Material für den Umbau des Fahrzeuginnern in einem Handwerkershop besorgten. Unser Auto muss für den Seetransport wieder entsprechend hergerichtet werden, so dass dieses – soweit es geht – blickfrei sein wird und für neugierige Blicke als leer erscheint.

Nach einer Aussenreinigung des Jeeps, liessen wir uns auf einem Campingplatz nieder, wo wir von chilenischen Campern umgeben waren. Mit den ruhigen Nächten in den Bergen war es nun vorbei; jede einzelne Gruppe versuchte mit ihrer Musikbox die andere Gruppe zu übertönen. Auch die Grills qualmten von früh morgens bis zur späten Stunde vor sich hin und immer lag irgendetwas auf dem Rost. Trotz dieses fast chaotischen Musikwirrwarr und den qualmenden Feuer war die Stimmung absolut friedlich und so nutzten wir die Zeit um die handwerklichen Arbeiten am Jeep vorzunehmen und entsprechend vorzubereiten.

Da unsere Malarbeiten an den Holztafeln, die wir als Abdeckung in unserem Wohnteil benötigen, schneller trocken waren als geplant, machten wir uns auf den Weg in Richtung Pazifik. Vielleicht werden wir noch einen lauschigen Ort finden, wo wir uns ein kurzes Bad im Meer gönnen können. Da wir unseren Jeep für die Schiffsreise bereits fein säuberlich gereinigt hatten, liessen wir die unzähligen Schotterstrassen links liegen und nutzten die gut ausgebaute Strasse nach „Concón“.

Der zunehmende Verkehr am Bade- und Urlaubsort „Concón“ war bald ein Indiz, dass es Wochenende und alles in Richtung Meer unterwegs war. In den Orten entlang des Meeres war entsprechendes Leben und alle, die gerne Wasser haben oder auch nur sonnen wollten, befanden sich auf dieser Küstenstrasse. Keine Chance irgendwo ein lauschiges Plätzchen für die Nacht zu finden. In „Viña del Mar“, vor langer Zeit war es ein armes Fischerdorf, doch heute ein nobler Ferienort der reichen Leute aus dem Inland. Wir mussten unsere Idee eines ruhigen Platzes definitiv aufgeben.

Dafür durchquerten wir noch am gleichen Tag „Valparaiso“ und waren etwas überrascht, wie eine einst blühende Stadt langsam ihrem Untergang entgegen geht. Der Einbruch des Phosphathandels, zwei starke Erdbeben und ein Tsunami waren für die Stadt zu viel. Die umliegenden Siedlungen auf den vielen Hügeln machten auf uns ebenso einen verwahrlosten Eindruck wie das bereits durchkreuzte Zentrum der Stadt. Dafür waren die Strassen so steil, dass selbst unser Jeep durch die engen Strassenschluchten himmelwärts keuchen musste.

In „Laguna Verde“ fanden wir dafür einen wunderbaren Zeltplatz an einem kleinen See, der mit vielen Bäumen gesäumt war. Da die Temperaturen etwas angenehmer waren als jene im Landesinnern, entschlossen wir kurzerhand länger auf diesem Platz zu stehen. So hatten wir die Möglichkeit, unsere Bettwäsche und andere Kleider zu waschen, da wir vermutlich in den nächsten Wochen kaum eine Möglichkeit dafür haben werden. Ich (Tom) nutzte ebenfalls die Gelegenheit, unseren Jeep genau zu überprüfen, verschiedene Gelenke abzuschmieren und die verschiedenen Ölstände zu überprüfen. Bei der vorderen Reifenmontage stellte ich mit Erschrecken fest, dass die Radmuttern nicht mehr den Anforderungen genügten, da die Gewindegänge beschädigt waren und ersetzt werden mussten.

So suchten wir am Folgetag in Valparaiso ein entsprechendes Fachgeschäft, das ½“-Muttern für meine Räder auf Lager hatte und ich diese zu einem vernünftigen Preis kaufen konnte. Nach längerem Suchen und mit Hilfe eines Reifenhändlers stand ich endlich im richtigen Fachgeschäft, wo diese Muttern an Lager waren. Mit komplett ergänzten Radmuttern fuhren wir in Richtung Santiago, wo wir westlich davon wieder zu Gruppe trafen.

Auf dieser westlich von Santiago liegenden „Orangenfinca“ konnten wir alle Arbeiten für die bevorstehende Schiffsreise abschliessen. Sämtliches Material, das irgendwo und –wie im Auto lag, musste entsprechend verstaut und durch die Platte abgedeckt werden, in der Hoffnung, dass dieser blickfreie Innenraum uns vor gewissen Überraschungen verschonen wird. Überzähliges Material, für welches wir beim besten Willen keinen Platz mehr fanden, durften wir bei anderen Campern in die Garage geben.

Für uns, als auch für andere Teilnehmer, war eine weitere Übernachtung im eigenen Camper nicht mehr möglich. So verbrachten wir die letzte Nacht vor der Fahrzeugabgabe in einem Hotel in unmittelbarer Nähe von „San Antonio“ und mussten somit nicht zu Unzeiten aus dem Bett hüpfen um pünktlich im Hafen zu sein. Die Abgabe selbst war für uns eine langwierige Sache, für südamerikanische Verhältnisse hingegen  ging vermutlich alles sehr schnell. Doch beim Warten mussten wir viel Geduld aufbringen und hatten schon die Befürchtung, dass es noch weit in den Abend hinein dauern könnte. Ende Gut alles gut; plötzlich kam viel Dynamik in die Abgabe der Fahrzeuge und noch bei Tageslicht konnten wir kurz vor der Rushhour das Hotel in „Santiago“ erreichen.

Der letzte Tag in Chile, der eigentlich als Puffertag geplant war, stand für eine Besichtigung von „Valparaiso“ zur Verfügung. Chantal konnte ich nicht mehr für diesen Stadtbesuch motivieren und so reisten nur wenige unserer Gruppe noch einmal an den Pazifik und setzte sich intensiv mit dem Kernbereich der einst grossartigen Stadt auseinander, die eigentlich von der UNESCO vor dem Erdbeben als Weltkulturerbe eingestuft wurde. Unser kundiger Reiseführer zeigte uns sehr schöne Ecken und Winkel dieser Stadt, erzählte uns viel Wissenswertes von der Geschichte und den grossen Träumen der Stadt, die vielleicht nicht mehr in Erfüllung gehen werden.

Zurück in „Santiago“ galt es noch die restlichen Sachen für unsere Weiterreise in den Reisetaschen zu verstauen, bevor wir uns unter der Decke verkrochen. Der Flug nach „Quito/Ecuador“ über „Panama“ wird lange und anstrengend sein. Auch werden wir unsere Ziele per Flugzeug und Luxusbus ansteuern und die Nächte in irgendeinem Hotel verbringen, während unser Wohnmobil übers Meer schaukeln kann.

Wir sind gespannt, wie uns dieses andere Leben – ein Leben mit etwas mehr Luxus – gefallen wird.

Chantal & Tom/2023-03-18