La Palma

>Bilder ganz unten!

Diese Insel, weit draussen im Atlantik, ist die Grünste aller kanarischen Inseln. Im Norden liegen üppige Wälder, die sich weit hinauf ins Gebirge ziehen, der Süden ist hingegen trocken und die vulkanische Tätigkeit ist bis in die heutigen Tage aktiv. 2021 wurde ein ganzer Landstrich, ein Dorf mit seiner Agglomeration und ausgedehnte Bananenkulturen westlich des „Cumbre Vieja“ unter Lava und Asche begraben.
Früher, d.h. zu Zeiten nach der Entdeckung von Amerika war La Palma ein bedeutender Ort, und die kanarischen Kiefern lieferten obendrein noch das beste Holz für den Schiffbau. Der Handel, besondere Gesetze im Zusammenhang mit der Atlantiküberquerung und der frühere Zuckerrohranbau brachte der Inseln und seinen Bewohnern beachtlichen Reichtum, den man noch heute in Santa Cruz de la Palma und anderen Orten erleben kann.
Heute geht es auf La Palma etwas ruhiger zu und her als zur Zeit der grossen Entdeckungsfahrten. Da es kaum Strände mit Massentourismus gibt, findet man schnell seine Ruhe auf dem weitläufigen Wanderwegnetz oder kann sich auf irgendeiner Forststrasse verirren.

Spätabends, es war schon lange dunkel, legte unsere Fähre in Santa Cruz de la Palma an und kurze Zeit später standen wir fast Mitten in Santa Cruz, die auf uns gleich einen überschaubaren Eindruck hinterliess. Dank dem App von „Park4Night“ wussten wir auch, wo wir uns für die nächsten Stunden hinstellen konnten: Kurze Zeit späternstanden wir zwischen einem Teil der alten Stadtbefestigung und der Meeresbrandung in unmittelbarer Nähe zum Zentrum.

Die Vorfreude auf die neue und für uns letzte kanarische Insel, die wir ansteuerten, war gross. Wir waren gespannt auf unsere weiteren Abenteuer. Doch die erste Ernüchterung erlebten wir bereits am zweiten Tag, als wir über eine Nebenstrasse ins Inselinnere fahren wollten. Der Weg über den nördlichen Ausläufer der „Cumbre Vieja“ war infolge des letztjährigen Vulkanausbruchs immer noch nicht passierbar und wir mussten, wohl oder übel, unsere Fahrt zum Besucherzentrum über die Schnellstrasse wählen. Im Informationszentrum zum Nationalpark wurden wir noch zusätzlich über die verkehrsbedingten Einschränkungen aufgeklärt und was wir auf dieser Insel befahren konnten und durften. Viele Strassen und Waldwege im Zentrum lagen immer noch unter einer dicken Schicht Vulkanasche und durften nicht mit Freizeitfahrzeugen befahren werden. Ups! So kehrten wir wieder zurück an die Ostküste, schlängelten uns anschliessend über fast nicht mehr fahrbare Wege der Südspitze von La Palma entgegen.  An den Flanken des „Cumbre Viejo“ hingen die Wolken zäh und dicht, unten am Meer sorgte der frische Nordwind jedoch für Sonnenschein und liess uns immer „verrücktere“ Wegverbindungen wählen. Und, auch auf dieser Insel geht es oft der Falllinie hinunter dem Meer entgegen und brachte die Bremsen öfters zum Glühen.

1971 zischte und krachte es an der Südspitze und der „Volcán de Teneguía“ war geboren. Er hinterliess eine Steinwüste und bedeckte weite Flächen mit Vulkanasche. Die südliche Landesspitze gefiel uns gleich auf Anhieb und wir liessen uns auch entsprechend Zeit, um möglichst viel zu erleben, zumal die Wetteraussichten im Norden als auch in der Höhe eher schlecht waren und wir am Meer etwas trockenere Verhältnisse erwarten durften.

Nach Besichtigung der Salzmine von „Fuencaliente“ wagten wir die Fahrt der Westküste entlang nordwärts, im Wissen, dass irgendeinmal die Strasse blockiert ist und wir wieder umdrehen müssen. Die früheren Vulkanausbrüche begünstigten den Bananenanbau nicht nur durch einen ausgezeichneten Boden, sondern gaben der Insel auch eine ideale Topografie. Dank dem vorhandenen Wasser entwickelte sich nach dem Zuckerrohranbau die Bananenproduktion zu dem wichtigsten Wirtschaftszweig. So findet man heute an der Westküste eine Monokultur nach der anderen. Ist das Gelände zu steil oder zu hoch, so werden statt Bananen riesige Rebberge bewirtschaftet und der Saft zu leckeren Weinen verarbeitet.

Auf unserem Weg nordwärts entdeckten wir bald einen tiefschwarzen Berg mitten in einer alten Bergflanke. Überall standen Baumaschinen und viele Menschen waren mit Reinigungsarbeiten beschäftigt. Je näher wir uns dem erstarrten Lavafeld näherten, desto grösser wurden auch die Räumungsmaschinen. Unzählige Kleinlaster transportierten Vulkanasche zu einem Depot, von wo aus die ganze Asche mit riesigen Lastwagen abtransportiert wurde. Erst jetzt sahen wir das Ausmass des letztjährigen Vulkanausbruchs und dass hier wohl in den nächsten Jahren nichts mehr möglich sein wird. Nebst den weitläufigen Bananenplantagen verschwand ein ganzes Dorf mit seinen angrenzenden Siedlungen und nur noch wenige Sachen menschlichen Ursprunges sind im schwarz-braunen Gestein ausfindig zu machen. An einem Check-Point war dann unsere Fahrt zu Ende. Ohne entsprechende Papiere kamen wir an der „Guardia Civil“ nicht vorbei. Etwas bedrückt kehrten wir zurück an die Südspitze. Zwar gab es bei diesem Ausbruch keine Todesopfer, doch für viele Betroffenen muss dieses Ereignis tiefe Spuren hinterlassen haben; fast alle Betroffenen haben all ihr Materielles verloren.

Bei der Rückfahrt stiegen wir – wir wissen es immer noch nicht, ob es erlaubt war oder nicht – westseitig über einen Forstweg der „Cumbre Vieja“ entgegen und ermutigte uns, ebenfalls über Forstwege ostseitig dem Berggrat nach Norden zu fahren. Am Folgetag war das Wetter regnerisch und so fuhren fast alleine durch den nebelverhangenen Kiefernwald nordwärts. Die Begegnungen konnten wir an einer Hand abzählen, obwohl es Samstag war und die ortsansässige Bevölkerung das „Outdoorleben“ über alles liebt und schätzt. Wir erwarteten immer wieder Motorradfahrer, die uns auf dem schmalen Weg in irgendeiner Kurve entgegen kämen, doch, nebst einer Mountainbike-Gruppe, war niemand unterwegs.
Nachmittags wussten wir dann auch warum: Plötzlich standen wir mitten im gesperrten Gebiet, wo sich keiner durch die Abschrankungen hindurch wagte. Heimlich schlichen wir uns dort wieder hinaus und setzten unseren Weg fort. 😉

Südlich des Nationalparks „Caldera de Taburiente“ stellten wir uns auf einen Parkplatz und hofften für die kommenden Tage auf etwas sonnigerem Wetter. Leider erfüllte sich dieser Wunsch nur teilweise, und nur eine kurze Wanderung durften wir bei der „Cumbrecita“ erleben. Für weitere Wanderausflüge hängten die Regenwolken zu tief, und ein kräftiger Wind huschte über die Berge. Statt erneut die Wanderschuhe zu schnüren, verbrachten wir die weitere Zeit mit Seesightings hinter der Windschutzscheibe.

Nebst dem Lavafluss, den wir noch kurz nördlich aufsuchten, kletterten wir über unzählige Höhenzüge der Westküste weiter nordwärts. Immer wieder erkundeten wir steile Stichstrassen hinunter zum Meer.

Nachmittags waren wir erneut auf der Suche nach einem möglichen Platz für unser nächtliches Camp. Doch für unsere Bedürfnisse war es einfach zu steil. Überall wo es möglich gewesen wäre, standen Häuser oder waren Bananenplantagen angelegt und somit hätten wir unser Camp auf privaten Boden aufgeschlagen. Doch weit oben in den Wäldern rund um den mächtigen Kessel des „Caldera de Taburiente“ fanden wir immer wieder lauschige Plätzchen, wo wir sehr ruhige Nächte verbrachten. Infolge der Höhe mussten wir, eigentlich für die kanarischen Inseln fast ungewöhnlich, unsere Heizung immer wieder aktivieren um nicht gleich zu erfrieren. Dafür hatten wir viel Ruhe und meistens einen wunderbaren Sternenhimmel, wo eine Sternschnuppe nach der andern verglühte und uns viele Wünsche bescherte.

Durch den kräftigen Sturm, der ein paar Tage davor über die Insel gefegt war und tiefe Temperaturen mit sich gebracht hatte, lag oben am Rande der „Caldera de Taburiente“ Schnee. Die Eisformationen an den Felsstrukturen verlieh der Gebirgslandschaft ein verzauberndes Bild und lud zum Verweilen ein; doch die Kälte trieb uns bald wieder hinunter zu den Bananenplantagen.

Die Nordseite der Insel ist mit einem dichten Urwald bedeckt und nur wenige Orte klammern sich an steile Felsgrate. In wenigen Buchten stehen vereinzelt Bananenkulturen, die meist einen etwas verlotternden Eindruck auf uns machten. Vielleicht ist das Bananengeschäft doch nicht so lukrativ und die jungen Menschen suchen ihr Glück wo anders. Oder ist es doch die Abgeschiedenheit, so dass sich bei unserer „darf nichts kosten“-Mentalität und andauernd fallenden Weltmarktpreisen es sich nicht mehr lohnt, die mühsame Arbeit in den Plantagen auf sich zu nehmen?

Nach einer weiteren Nacht weit oben im tiefen Kiefernwald, wo Nebel und Regen uns durch die Nacht begleitete, wagten wir am folgenden Morgen den erneuten Aufstieg aufs Dach von La Palma, d.h. erneut hinauf zum „Roque de las Muchachos“, wo das weltweit grösste astronomische Forschungszentrum der nördlichen Hemisphäre steht. Unser Weg führte uns durch den dichten Wald; der vergangene Sturm hinterliess überall seine Spuren. Der Nebel liess uns auch immer wieder zweifeln, ob wir hier auf dem richtigen Weg waren und die andere Richtung ins Tal doch nicht besser gewesen wäre. Bei 1800 Meter waren wir dann überzeugt – es war der richtige Entscheid: Ein strahlender blauer Himmel und ein unendlich weites Nebelmeer überraschte uns über alles.

Leider war dieses wunderbare Wetter nur von sehr kurzer Dauer und schon wieder zogen dicke Wolken aus nördlicher Richtung über die Insel. Feuchtigkeit und der frische Wind liess unsere Abenteuerlust etwas erlahmen und wir waren froh, einen guten geschützten Ort am Südzipfel zu kennen, wo wir den Rückreisetermin nach Teneriffa abwarten und ich noch einmal meine Wanderschuhe schnüren konnte.

Bald waren unsere Tage gezählt und es ging der Ostküste entlang zurück nach Santa Cruz de la Palma. Die späte Fährverbindung nach Teneriffa erlaubte uns noch ein Schlendern in den Gassen dieser wunderschönen Stadt, die sich zwischen Meer und den steilen Hängen des dahinter liegenden Gebirges an dem schmalen Küstenstreifen klammert.

Die abendliche Schnellfähre stach bald hinaus aufs Meer und Teneriffa entgegen, wo es noch einen kurzen Zwischenstopp vor der grossen Rückreise aufs Festland geben wird. Also; „Schiff ahoi“ und eine ruhige See!