Mittelamerika; Teil 3

>Bilder ganz unten!

(Einleitender Teil zu Mittelamerika; siehe Teil 1.)

….Guatemala – Belize – südöstlicher Teil Mexiko

Der Grenzübertritt nach Guatemala war rückblickend einfach, doch wenn man am Schalter steht und der Zollbeamte erneut irgendwelche Kopien haben möchte, da fragt man sich bald einmal, wo diese vielen Papierunterlagen wohl hingehen. Chantal hatte wieder einmal vorgesorgt und konnte immer die Wunschkopie aus der Wundertüte ziehen. Nach einem strengen Blick des Beamten in unser Auto öffnete sich der Schlagbaum und wir konnten unsere Fahrt auf der Panamericana endlich fortsetzten.

Nach den unzähligen zurückgelegten Kilometer in Mittelamerika hatte der guatemaltische Verkehr für uns keine grossen Überraschungen bereit. So bewegten wir uns sehr zügig zum ersten Übernachtungsort auf einer Ranch, wo vermutlich nur die besser gestellten Personen hin fahren und das erfrischende Bad im Pool geniessen können. Auch wir genossen die Frische des schon etwas wärmeren Wassers und das kühle Bier an der Bar.

Chantal und ich wählten erneut den Mittelweg der im Roadbook vorgeschlagenen Wege und erlebten an diesem Sonntag einige Überraschungen: Irgend in einer Kleinstadt, südlich von Guatemala Stadt, wurde gleich die Durchgangsstrasse für den sonntäglichen Markt gesperrt und wir wurden von der Polizei durch die engsten Gassen umgeleitet. Wäre unser Jeep etwas grösser, so wären wir buchstäblich bei irgendeiner Hausecke stecken geblieben.

Abends erreichten wir „Antigua Guatemala“, eine sehr schöne Kleinstadt, die von erloschenen als auch von einem sehr aktiven Vulkan umgeben ist. Abends leuchtete der „Vulcán de Fuego“ oft wie eine Kerze in die Nacht und verzauberte den dunklen Himmel mit einem roten Schimmer. (Der „Fuego-Vulkan“ brach am 5. Mai 2023 erneut aus und viele Bewohner in der näheren Umgebung mussten evakuiert werden.) Antigua selbst ist eine Stadt, wo vermutlich die Zeit nach den Spaniern stehen geblieben ist und, abgesehen vom Autoverkehr, sieht es heute noch so aus als wären die spanischen Besatzer eben abgezogen.

Unsere Reise führte uns erneut hinunter in Richtung Karibik. Aus einem Tag machten wir wieder zwei Fahrtage und vermieden die stark befahrene Hauptverbindung zur Karibik. Schon „Guatemala Stadt“ wollten wir quasi links liegen lassen, doch ein Fahr- oder Navigationsfehler führte uns ungewollt ins Verkehrsgetümmel dieser Grossstadt. Irgendwie fanden wir den richtigen Weg hinaus auf die Landstrasse und ruhigeren Verkehrsverhältnissen.

Am Folgetag machten wir eine ganz neue Erfahrung; auf der Nebenstrasse, oder war es mehr nur ein Weg, nach „Río Dulce“, sperrten Kinder mit Seilen die Strasse und wollten von uns irgendeinen Obolus. Wir verstanden die Situation zuerst als Spiel, doch für sie war es ganz klar, dass wir bei ihnen irgendetwas hätten entrichten müssen. Erst später wurde uns klar, dass wir durch ein indigenes Gebiet gefahren sind, und die sonst immer und überall omnipräsente Polizei war hier nirgends zu finden. Wir waren jedenfalls froh, „Río Dulce“ und den schützenden Übernachtungsort im Jachthafen erreicht zu haben.

Oberhalb als auch unterhalb des Jachthafens verbreitet sich der Fluss „Río Dulce“ zu einem grösseren und kleineren See, eh der Fluss sich durch eine Bergkette der Karibik entgegen windet. Für unsere Gruppe stand eine entspannte Bootstour an, wobei eine Bootsbesatzung auf halbem Weg in ein anderes Boot umsteigen musste, da der Aussenbordmotor nicht mehr richtig wollte. Leider reichte es bei dieser Tour nicht ganz hinunter zur karibischen See, da unsere Reiseleitung andere Pläne hatte und wir 30 Minuten vor der frischen Meeresbrise umdrehen mussten.

Unser Weg führte uns wieder in nördliche Richtung und infolge keiner Alternative als zur Hauptverbindung, mussten auch wir diese stark befahrene Strasse im ersten Teil benutzen. Dass ein Verkehrsunfall und der entsprechende chaotische Stau unser Zeitplan komplett durcheinander brachte, versteht sich von selbst. Dafür wählten wir später einen direkteren Weg zu den Maya-Ruinen von „Yaxhá“. Diese Ruinen sind nur stellenweise freigelegt und nur mit viel Fantasie konnten wir Laien unter den Erdhügel irgendetwas erkennen.

Nach so vielen Steinen aus der Vergangenheit, gönnten wir uns einen Ruhetag an der „Laguna de Yaxhá“, während die anderen Gruppenmitglieder noch am gleichen Abend zu den Ruinen von „Tikal“ fuhren, um diese Stätte am nächsten Morgen vor dem grossen Touristenrummel zu besuchen. Mag sein, dass wir etwas verpasst haben, doch wir genossen den Tag am See mit wunderschönem Sonnenuntergang und lauschiger Wärme.

Ab dieser nordöstlichen Ecke von Guatemala gibt es nur den Weg über Belize um nach Mexiko zu gelangen. Erstaunlicherweise war dieser Grenzübertritt einer der leichtesten in ganz Mittelamerika und noch an der Grenze konnten wir die nötigen Versicherungen fürs Auto abschliessen. Schon standen wir im einzig englisch sprechenden Land von Mittelamerika und waren vorerst über deren Sauberkeit überrascht. Wo in anderen Ländern ganze Müllhalden an den Strassenborden oder um die Häuser zu finden waren, ging es in diesem Land sehr geordnet zu und her.

Ein kurzes Bad bei den „Blue Holes“ senkte unsere Körpertemperatur wieder etwas und erfrischt steuerten wir unseren ersten Übernachtungsort in Belize an. Die Campinginfrastruktur dieses Landes ist fast inexistent und so standen wir bei einem Restaurant auf der Wiese. Wer beim Wirt sich verköstigen liess, konnte die anschliessende Nacht gratis verbringen. Das Essen war jedenfalls sehr lecker, der anschliessende Umtrunk bei den Wohnmobilen zog sich weit in die Nacht hinein und kaum hatten wir uns unter der warmen Decke verkrochen, schon ratterten die ersten morgendlichen Lastwagen vorbei.

„Belize City“ soll eine schöne Stadt an der Karibik sein? Uns enttäuschte das ganze Drum-Herum und der Zahn der Zeit nagt sehr an den alten Bausubstanzen dieser Stadt, was uns gleich von einem weiteren Besuch abhielt. Vielleicht war es einmal eine schöne Perle der Südsee, doch hier müsste die lokale Bevölkerung wieder einiges mehr tun als nur durch die Strassen zu flanieren und die Touristen für irgendwelche Ausflüge zu motivieren.

Die ganzen Riffs, die draussen in der Karibik liegen und zum Schnorchel einladen, mussten wir leider auslassen; das Roadbook gab unser Tempo vor und das nächste Abenteuer in Mexiko lag in Griffnähe. So durchstreiften wir die flache Landschaft von „Belize City“ in Windeseile. Vielleicht liegen die Schätze wirklich draussen im Meer. Die Inlandroute bis zur mexikanischen Grenze konnte keine Besonderheit oder Schönheiten für sich zu Nutze machen.

So standen wir bereits kurze Zeit später an der Grenze zu Mexiko und waren überrascht, dass auch hier viel Bürokratie für einen Grenzübertritt betrieben wurde. Auch mussten wir hier an der Grenze für unseren Jeep $800.- hinterlegen, da unser Jeep weder ein normales Auto noch ein Camper ist. Und zu guter Letzt kürzte die Grenzbeamtin unser Aufenthalt von den möglichen 6 Monaten auf 60 Tage. Vielleicht machten wir zum falschen Moment eine unpassende Bemerkung und schon war es passiert! L

Nach der „Beschnüffelung“ durch den Drogenhund stand unserer Weiterfahrt in die südöstlichen Provinzen von Mexiko nichts mehr im Wege. Geografisch liegen diese Provinzen noch in Mittelamerika; die anderen Provinzen westlich von der ungefähren Linie „Coatzacoalcos – Salina Cruz“ befinden sich auf der Nordamerikanischen Kontinentalplatte.

Was bereits in Nicaragua und Guatemala mit den Maya-Ruinen begann, setzte sich auf der „Yucatán“-Halbinsel mit grosser Intensität fort. Überall gab es irgendetwas zu bestaunen und bewundern. Nach den Mayas waren auch die Azteken vor der Ankunft der Spanier sehr präsent und prägten die Vergangenheit extrem stark. Dass die Spanier mit der indigenen Bevölkerung nicht besonders zimperlich umgingen, ist wohl kein Geheimnis und eingeschleppte Krankheiten aus Europa beseitigte fast die ganze Urbevölkerung; der Rest schaffte das Schwert oder die Sklavenarbeit.

Nach den vielen historischen Stätten setzte uns die zunehmende Wärme immer mehr zu. Bis zu 40°C gab es tagsüber und abends fehlte oft die erfrischende Brise. Wir wälzten uns nächtelang in unserem engen Bett hin und her und hofften immer wieder auf ein erfrischendes Lüftchen. So suchten wir vermehrt die erfrischenden „Cenoten“, eigentliche Kalksteineinbrüche in tiefer liegende und unterirdische Wasserflüsse, auf. Wir verzichteten auf verschiedene Führungen durch irgendeine Maya-Stätte und genossen lieber die Unterwelt. Die Erfrischung in diesen Badebecken war immer wieder ein besonderes Erlebnis. Das Highlight erlebten wir bei einer Begehung durch ein längeres Höhlensystem, wo wir schwimmend und wandernd von einer Kammer zur nächsten gelangten.

Bei so viel Wärme wäre ein angenehmes Bad in der Karibik ebenfalls eine Alternative gewesen. Doch schon die Algenablagerungen an den Stränden als auch die Algenteppiche im Meer vermiesten einem den Sprung ins erfrischende Meer. Die Mexikaner meinen, dass diese Algenpest im Amazonasbecken ihren Ursprung hat; die intensive Landwirtschaft mit dem grossen Düngemitteleinsatz sei für den Algenwachstum in der Karibik hauptverantwortlich. Die Meeresströmungen und das warme Meerwasser begünstigen diese Entwicklung und haben bereits viele Teile der westliche Küstenregion der Halbinsel „Yucatán“ mit riesigen Algenanspülungen verunstaltet.

Die Feriendestination der „Amis“ („Cancún“) liessen wir aus und durchquerten ab „Playa del Carmen“ die Halbinsel in westlicher Richtung. Auf der Westseite wartete eine grössere Flamingokolonie auf unseren Besuch. Mit Tuck-Tucks wurden wir vom Campingplatz zum Landesteg gebracht und schon nach der Wegfahrt erklärte uns der Bootsführer, dass es jahresbedingt nur wenige Flamingos hätte. Trotzdem, eine Bootstour ist immer toll und die frische Brise auf der Lagune war nicht zu unterschätzen.

Weiter folgten wir dem Golf von Mexiko durch weite Ebenden im Hinterland und wunderbaren Lichtspielen über dem Golf. Nach „Ciudad del Carmen“ ging es vorerst durch diese weiten Ebenen, die meist von Grossgrundbesitzern mit riesigen Viehherden bewirtschaftet werden, gegen den ersten grösseren Gebirgszug und „Palenque“ entgegen. Im Nationalpark von „Palenque“ befindet sich eine riesige Maya-Stätte, die heute erst zu einem kleinen Bruchteil freigelegt wurde. Bei diesen Freilegungen kamen aber ungeahnte grosse Schätze als auch Grabkammern zum Vorschein. Sehenswert war die Anlage mit Sicherheit, das anschliessende Bad im Pool brachte uns allen die nötige Abkühlung in dieser tropischen Gegend, begleitet vom Gebrüll der Brüllaffen.

Die Weiterfahrt nach „San Cristóbal de las Casas“ wurde kurzerhand von der Reiseleitung aus dem Programm genommen, da auf der Zufahrtsstrasse Wegelagerer für mehrere Überfälle verantwortlich waren und somit das deutsche Amt für Auswärtige Angelegenheiten sofort eine dringende Reisewarnung herausgab. Tja, wenn man mit einer deutschen Organisation unterwegs ist, kann so etwas relativ schnell passieren!

Somit fuhren wir – Chantal und ich – durchs Vorgebirge erneut dem „Golf von Mexiko“ entgegen und nördlich von „Villahermosa“ folgten wir einem „Shore-Weg“ in westlicher Richtung. Da dieser Weg kein offizieller war, mussten wir mehrmals bei den jeweiligen Zollstellen der Indigenen einen Obolus abliefern. Ob sie nur einkassieren und nichts für den Wegunterhalt tun, war immer wieder eine lange Diskussion unter uns. Nach einer Abschleppübung eines anderen „Panamerican“-Paar gab es ein Bad im Meer und eine Nacht mit Meeresrauschen fernab jeglicher Zivilisation, und – viele Blackflies, die Chantal x-hundert Mal stachen.

Auf unserem Weiterweg gab es noch einen kurzen Abstecher durch „La Venta“, wo bis nach 400 n.Ch. die „Olmeken“ ihr religiöses Zentrum hatten und in der ganzen Gegend übergrosse Köpfe aufstellten. Über diese Kultur ist eigentlich sehr wenig bekannt und als Vorkultur der Mayas kommen sie wegen der grossen zeitlichen Lücke kaum in Frage.

Über weite Ebenen ging unsere Fahrt weiter in westlicher Richtung unzähligen Ananaskulturen entlang „Tuxtepec“ entgegen. Wir möchten in die Berge, wo die Temperaturen einiges angenehmer sein sollten. Kaum hatten wir diesen Weg eingeschlagen, schon hatten wir Mittelamerika verlassen und bewegten uns bereits auf dem nordamerikanischen Kontinent.

Ja, es ging vorwärts auf der „Panamericana“!

Chantal & Tom/Mai 2023